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Matthäus 18,21

Matthäus 18,21

Andachten

Du hast, o Herr, dem Menschen das Verlangen nach Glückseligkeit eingepflanzt, und uns unter einander verbunden, damit ein jedes dieses Ziel desto eher erreiche. Aber ach, wir sündige, schwache Geschöpfe hindern und stören einander oft mehr, als dass wir uns hülfen und förderten. Auch ich trage diese Schuld. Ich liebe den Nächsten nicht so innig und aufrichtig wie ich sollte, ich kenne die Größe wahrer Nächstenliebe kaum. Ich bin der barmherzige Samariter nicht, den mir das Evangelium zum Vorbilde aufstellt, und sträube mich oft gar sehr, die hundert Groschen zu erlassen und zu vergeben. Nur bisweilen ahnet mein Herz, wie viel Herrliches auf Deiner Erde gewirkt, wie viel Seligkeit genossen werden könnte, wenn aller Hader und Streit, alle Feindschaft und Missgunst überwunden würde und uns Alle reines, lebendiges Wohlwollen beseelte! O Vater, Du Gott der Liebe, treibe doch alle feindseligen Gedanken aus mir aus; besiege mit dem allmächtigen Hauch Deiner Barmherzigkeit die unheimliche Kälte, die in den Klüften meiner Brust verborgen ist! – ich bin oft mit mir selber unzufrieden. Mein Gewissen sagt mir: Du bist doch gar nichts, denn du hast die Liebe nicht. Wenn ich mit Andern rede, ach, ich habe oft schon beleidigende Ausdrücke gebraucht; ich war finster, ungesellig, kalt und gleichgültig, oder wenn ich wärmer wurde und zärtlicher redete, so tönte mir selber mein Wort wie mattes Erz, wie eine klingende Schelle. Wenn ich auch manchmal einem armen Bruder Teilnahme bezeuge, rate und helfe, ach, so fehlt doch meinem Thun die rechte Weihe, die heilige Liebe, das Band der Vollkommenheit. Und wenn ich auch Einzelne aufrichtig liebe, so ist meine Liebe schwach, und umfasst nicht meine Mitchristen und Mitmenschen alle. O Liebe, die am Kreuze starb, lehre Du mich lieben! O Liebe, die dem Feind vergab, lehre mich verzeihen! Lehre mich beständig lieben, auch wenn ich nicht geliebt werde! Es ist so süß, geliebt zu werden; darum will ich lieben. Liebe mich, ewige Liebe, damit alle Kälte aus dem Herzen weiche. Offenbare Dich mir immer mehr in Deiner Herrlichkeit und Majestät, damit die träge Selbstgenügsamkeit und die weichliche Eigenliebe dem heiligen Eifer des Wohlwollens Platz mache und uneigennützigem Brudersinn. Amen. (Friedrich Arndt)


Da trat Petrus zu Jesus und sprach: „Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist es genug siebenmal?“

Petrus rechnete auch im Kreis der Brüder auf hartnäckige Bosheit, die dem Vergeben unbeugsam widersteht. Er kannte die harte Festigkeit unseres boshaften Willens, der auch die brüderliche Gemeinschaft zerreißt. Vielleicht dürfen wir aber auch daran denken, dass Petrus nicht nur die, die mit ihm Jesus begleiteten, sondern jeden Juden seinen Bruder hieß. Er sah aber deutlich, dass er von diesen Brüdern bittere Feindschaft zu erwarten hatte, weil er ein Jünger Jesu war. Die Erfahrung hat den Jüngern rasch das Auge dafür geöffnet, dass die jüdischen Brüder ihnen den Anschluss an Jesus mit unversöhnlichem Hass vergalten, der sie immer wieder zu schändlichen Werken und boshaftem Handeln trieb, und Jesus selbst hat sie von Anfang an mit starken Worten über ihre Lage aufgeklärt und sie für ihren Kampf gerüstet. Wenn aber der Hass kein Ende nimmt und die Bosheit sich beständig wieder erneuert, kann dann das Vergeben endlos sein? Muss es nicht eine Grenze geben, die uns von dieser Pflicht befreit? Siebenmal war Petrus bereit, Unrecht freundlich zu dulden, siebenmal willig, sich verhöhnen zu lassen und still den Schaden zu tragen, mit dem der Feind ihn plagt. Ist es nun nicht deutlich, dass der Widersacher die Versöhnung nicht will und die Gemeinschaft mit ihm unmöglich ist? Und doch empfand Petrus, dass dieser Gedanke, mochte er ihm noch so richtig scheinen, gegen den Willen Jesu stritt, weshalb er mit der Frage vor ihn trat, und was er ahnte, wurde ihm durch das bestätigt, was ihm Jesus zur Antwort gab. Jede Zählung des Vergebens tat Jesus weg und nahm von ihm jede Schranke fort. Es hat kein Maß und kein Ende, sondern ist immer vorhanden und unerschöpflich. Wir bleiben mit unserem rechnenden Vergeben immer noch an die anderen gekettet und ihr Hassen behält Gewalt über uns. Erst die ganze Liebe macht uns von allem Hader frei, die, die die Vergeltung nicht nur aufschiebt, sondern unterlässt, die, die sich nicht auf das Wohltun anderer stützt, sondern selber gütig ist und sich die Gemeinschaft nicht von den anderen geben lässt, sondern sie selbst herstellt. Mit diesem Vergeben ist Petrus unverwundbar gemacht, auch wenn er den Hass seiner Brüder nicht überwinden kann. Er steht nun über dem wilden Getümmel der Verleumdung und Befehdung als ein freier Mann. Dies ist er, weil ihm Jesus die Liebe gab.
Dein Vergeben, gnädiger Gott, ist ganze Liebe. Du wägst nicht unser Fallen, zählst nicht unsere falschen Worte und bewahrst nicht unsere gottlosen Gedanken. Sie sind eine unendliche Reihe ohne Zahl. Du aber vergibst und bleibst, der Du bist, in der Herrlichkeit Deiner Güte. Nun schaffe, Herr, Dein Bild in mir und gib mir an Deiner Liebe teil, die vergeben kann. Amen. (Adolf Schlatter)

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nt/40/matthaeus_18_21.txt · Zuletzt geändert: von aj
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