Matthäus 10,16
Andachten
Siehe, Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe, darum seid klug wie die Schlange, und ohne Falsch wie die Tauben.
O ihr, die ihr durch die Macht der Gnade euren natürlichen Sinn geändert habt, aus Gott geboren worden seid, und den Heiligen Geist empfangen habt, ihr seid wie die Schafe; ihr könnt Niemand vorsätzlich beleidigen, begehret Jedermann nützlich zu sein, und habt ein Wohlwollen gegen die ganze Welt in euch. Aber die andern Menschen, unter denen ihr lebt, sind nicht so geartet wie ihr. Sie sind nach verschiedenen Graden Wölfe. Weil sie nicht wiedergeboren sind, so können sie beleidigen, hassen, töten. Zwar wendet die Welt jetzt großen Fleiß und Witz an, Schafskleider für die Wölfe zu machen, oder die Menschen, die inwendig des Teufels Bild haben, artig, freundlich und in gewissen Fällen guttätig zu machen. Trauet aber solchen verstellten Menschen nicht; denn sie sind inwendig doch reißende Wölfe, ob sie schon äußerlich Schafskleider an sich haben. Hütet euch vor den Menschen, doch ohne Kleinmütigkeit, und ohne Verleugnung des Namens Jesu. Seid nur klug wie die Schlangen, dass ihr bedenket, wann ihr reden oder schweigen, wenn ihr etwas vertrauen oder verbergen sollet, und wie viel ihr von den Menschen begehren oder erwarten dürfet. Seid aller menschlichen Ordnung untertan, damit die Wölfe kein Recht finden, euch als unbotmäßige Leute zu zerreißen. Wachet und haltet eure Kleider, damit ihr nicht bloß wandelt, und man nicht eure Schande sehe. Lasst euch den Geist Gottes regieren und treiben, der euch lehren wird, wann ihr streng oder sanft handeln, wann ihr untätig bleiben oder dem Bösen steuern sollet. Seid aber auch ohne Falsch wie die Tauben. Begehret nicht die Arglist der Welt mit Arglist, ihre Ungerechtigkeit mit Ungerechtigkeit, ihren fleischlichen Zorn mit fleischlichem Zorn, oder ihren Stolz mit eurem Stolz zu überwältigen. Weltmenschen mag solches unter der Zulassung Gottes gelingen, aber euch, die ihr Schafe sein sollet, und Christum nicht also gelernt habt, wird es nicht gelingen. Seid also ohne Falsch wie die Tauben, seht mit einem einfältigen Auge auf Gottes Wort und Wohlgefallen, und auf euren Vorgänger Christum. glaubt das Evangelium, das ihr bekennt, von Herzen. Redet auch im gemeinen Umgang die Wahrheit von Herzen. Bleibet und wandelt in der Liebe. Sucht was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, trachtet nach dem, das droben ist, und nicht nach dem, das auf Erden ist; und habt das Leiden lieb, weil es eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit schafft.
Wie geht’s aber den Schafen unter den Wölfen, wenn sie sich nach dieser Regel Christi richten? Der HErr, der sie sendet, sagte: kaufet man nicht zween Sperlinge um einen Pfennig? Noch fället derselben keiner auf die Erde ohne euren Vater. Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupte alle gezählt; darum fürchtet euch nicht, ihr seid besser als viele Sperlinge. Er sagte auch: wer Mich bekennt vor den Menschen, den will Ich auch bekennen vor Meinem himmlischen Vater; und setzte hinzu: wer bis ans Ende beharre, werde selig. So werden also diejenigen nicht zu Schanden, HErr Jesu, die Dein harren, und Dein Wort halten: aber zu Schanden müssen sie werden die losen Verächter. (Magnus Friedrich Roos)
Gelobt sei Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der Vater der Barmherzigkeit, und Gott alles Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, dass wir auch trösten können, die da sind in allerlei Trübsal, mit dem Trost, damit wir getröstet werden von Gott. 2. Kor. 1, 3. 4.
Es ist dreierlei Trost, daran sich die Menschen zu halten pflegen: der zeitliche und leibliche Welttrost, der von Menschen als Menschen, aus der Natur und den vergänglichen Dingen genommen und mitgeteilt wird; der geistliche und göttliche Trost, welchen Gott durch sein Wort, Gnade und Geist in die betrübten Herzen flößt; der himmlische und ewige Trost, welchen wir nach diesem mühseligen und betrübten Leben von unserm Gott unmittelbar und ewig zu erwarten haben. Der erste Trost ist, wie sein Ursprung, irdisch, ungewiss und vergänglich; er ist wie ein Regenbach, der zur Herbst- und Frühlingszeit Wassers genug hat, in der großen Sommerhitze aber vergeht und austrocknet; er ist wie das Meerwasser, das den Durst nicht stillt, sondern vermehrt. Er ist von dem geistlichen und göttlichen Trost so weit unterschieden, als der Schatten und die Malerei von dem Wesen und als der Schein von der Kraft. Der ewige Trost aber wird Gott selbst sein mit aller seiner Liebe, Güte, Kraft, Licht, Heil und Seligkeit. Wir haben aber davon eine Probe und einen Vorschmack in dem geistlichen Trost, der durchs Wort in diesem Leben unserm betrübten Herzen eingeflößt wird, und hieraus kann man schon abnehmen, was der göttliche Trost sei, nämlich eine Kraft und Gnade, welche den betrübten Seelen vom Himmel gegeben wird zur Stärke, Erquickung und Geduld. Es ist eine Süßigkeit, die von Gott und aus Gott kommt, dadurch die Bitterkeit der Trübsal überwunden wird. Es ist ein Labsal, von Jesu bereitet, dadurch das matte und geängstete Herz erquickt und gestärkt wird. Wenn wir mitten in der Trübsal die Güte Gottes schmecken, unter der Kreuzlast seine Kraft empfinden, wenn sein Wort und Verheißung in unserm Herzen durch den heiligen Geist lebendig und tätig wird, oder wenn die im Worte wohnende Kraft sich in unserer Seele ausbreitet, wenn wir mitten in der Züchtigung und unter der Hand unseres Gottes die Versicherung seiner Gnade und ewigen Liebe, seiner Treue und unausbleiblichen Hilfe erhalten, und also im Glauben, in der Liebe und Hoffnung wider alle Anläufe des Satans und der Welt bestehen, ja, wenn wir zuweilen wenig oder nichts von diesem allen empfinden oder spüren, und dennoch durch eine verborgene Kraft und Erquickung im Glauben und in der Hoffnung erhalten werden das nennt man Gottes Trost. (Christian Scriver)
Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.
Seid ohne Falsch wie die Tauben, das heißt: lauter, von aller Unredlichkeit, Zweizüngigkeit, Bosheit, Eifersucht und Feindseligkeit frei. Ohne diese Taubeneinfalt wäre die Schlangenklugheit etwas verwerfliches, würde ausarten in Falschheit, Verstellung, Lüge und Heuchelei. Bei Menschen, in denen die Schlangenklugheit allein oder doch vorwiegend herrscht, ist's uns nicht wohl; so sehr wir auch ihren Verstand bewundern. mögen, so ist doch die kalte Zurückhaltung, die nie ihre wahre Gesinnung ausspricht, die herzlose Verständigkeit, die überall berechnend abwägt, was ihr am meisten Vorteil bringt, die äußerliche Artigkeit, hinter der doch so viel Misstrauen oder Abneigung sich verbirgt, das ist uns etwas Abstoßendes. Solche Schlangenklugheit widerstreitet der Liebe gegen die Menschen wie der gegen den Herrn; sie bringt es nie zu einem freien, freudigen Bekenntnis der Wahrheit, da sie sich immer hütet, ja nirgends anzustoßen und so überall abmisst, was den Menschen gefällt. Da wird oft die Wahrheit verleugnet, das Gewissen verlegt, aus lauter Rücksicht auf Menschen, besonders auf höhere, von denen man Vorteile zu erwarten hat, denen man dann zu gefallen redet. Ein solcher Mensch, der nirgends anstoßen, nach allen Seiten es recht machen möchte, macht sich selbst unglücklich mit seinen vielen Vor-, Rück-, Um- und Nachsichten. Und am Ende wird ihn der schreckliche Urteilsspruch treffen: Wer mich verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater. Wie viel besser ist da die Taubeneinfalt dran! Sie folgt vor allem dem Rufe der Pflicht und dem Zuge der Liebe, sie legt der Sprache des Herzens nicht allzu ängstliche Fesseln an, freut sich ihres Glaubens und bekennt ihn offen, auch wo es ihr Spott oder Verkennung zuzieht; die Liebe zu dem Gott und Heiland, dem wir alles verdanken, geht ihr über alle Ehre der Menschen; und was diese Liebe zu dem Herrn und was die wahre Menschenliebe von ihr fordert, und was so ihre Überzeugung ist auch in Sachen des natürlichen Lebens, das spricht sie offen aus und geht ihren Weg gerade durch, ohne in feiger Menschenfurcht oder selbstsüchtiger Berechnung so ängstlich abzuwägen, ob es nach oben oder unten, nach rechts oder links gefalle oder missfalle. Dass dabei die nötige Zartheit und Rücksicht beobachtet, dass nicht zu plump und derb dreingefahren werde, dafür hat die Schlangenklugheit zu sorgen; beide müssen immer so sich ausgleichen, dass die Wahrheit nicht verleugnet, die Liebe nicht verlegt werde. Dass es da sehr schwere Aufgaben gibt, weiß jeder, der sich überhaupt bemüht, einen christlichen Wandel zu führen. Aber wir haben die tröstliche Verheißung, dass der Herr durch seinen heiligen Geist es die Seinen lehren will. (Sixtus Carl von Kapff)