Gott, höre mein Gebet, und verbirg Dich nicht vor meinem Flehen.
In diesen Worten lehrt uns dieser Psalm, dass die Glieder der heiligen Kirche und alle Verfolgte keinen leiblichen äußerlichen Trost und Schutz haben; sie müssen ihren Schutz bei Gott suchen durchs Gebet, und in gnädiger Erhörung des Gebets. Es ist aber die Erhörung des Gebets nicht so eine schlechte Erhörung des Schalls und Getönes, wie wir etwa eine rufende Stimme hören; nein! sondern die Erhörung unsers Gebets bringt mit sich Hilfe, Rat und Trost. Und wenn es gleich nicht allewege leibliche, sichtbare Hilfe ist, so ist es doch innerlicher Trost, Gottes Gnade und die Seligkeit. Ja, wenn ein Mensch auch gleich das zeitliche Leben lassen muss, so ist er doch bei Gott in Gnaden, und seine Seele ist selig, das ist dann die rechte Erhörung des Gebets. Darum spricht unser Psalm zu Gott: Verbirg Dich nicht vor meinem Flehen. In großen Nöten scheint es also, als wenn Gott Sich vor uns verberge, wie der Prophet spricht: Du hast Dich mit einer Wolke verborgen, dass mein Gebet nicht hindurch kann. Das ist ein Gleichnis, genommen von einem Ungewitter, wenn der Himmel mit schwarzen Wolken bedeckt ist. Das ist eine Beschreibung der Anfechtung. Aber Gott kann Sich vor unserm Gebet nicht verbergen, das Gebet findet Ihn doch, und dringet hin durch die Wolken. Gottes Vater-Herz lässt nicht zu, dass Er uns sollte hören schreien und flehen, und sollte Sich nicht zu uns wenden, wie ein Vater, wenn er sein Kind hört schreien. (Johann Arnd)