Psalm 103,17
Andachten
„Die Gnade des HErrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über die, so Ihn fürchten, und Seine Gerechtigkeit auf Kindeskind bei denen, die Seinen Bund halten und gedenken an Seine Gebote, dass sie darnach tun.“
Es ist doch eine tief fühlende Seele in David gewesen, wenn er sich den Einfluss derer, die den HErrn fürchten, und dessen, was ihnen von dem HErrn geschenkt ist, in der Art, wie der Spruch es besagt, vorstellen kann. Es ist ihm, wenn Jemand die Gnade des HErrn ergriffen hat und von ihr erfasst ist, und so, dass er Seinen Bund hält und Seiner Gebote gedenkt, unmöglich, sich's anders zu denken, als dass diese Gnade fortleuchte und allen künftigen Geschlechtern fühlbar werde. Denn mit aller Bestimmtheit sagt er: „Die Gnade des HErrn währet von Ewigkeit zu Ewigkeit auf Kindeskind.“ Er sagt's aber im Einklang mit der ganzen heiligen Schrift.
Mit solchem Wort drückt David erstlich die Größe der Gnade des HErrn aus, die nicht an dem aufhören werde, wofür das Herz der Eltern am Meisten schlägt. Gehen doch den Eltern die Kinder über sich selbst; und für deren Wohl können sie Alles aufopfern. Was aber von Gott kommt, kann David sich nie als aufhörend denken, so wenig Gott selbst aufhört. So kann auch, denkt er, die Gnade, in der die Eltern stehen, nicht so beschränkt sein, dass das ihnen vom HErrn Gewordene mit ihnen lebe und sterbe, dass also nichts davon ihren hindern, die mit ihnen doch ein Fleisch und Gebein sind, übrig bleibe; es sollte also die Gnade nicht nur den von der Erde Scheidenden von Ewigkeit zu Ewigkeit verbleiben, sondern auch ein ewiges Gemeingut derer verbleiben, die sie als ihre Stellvertreter auf Erden zurücklassen. David hat einen viel zu hohen Begriff von der Gottesgnade, als dass sie sollte nur der Person als solcher gelten, und nicht mehr, so weit es nur immer tunlich ist, denen, die als von ihnen geboren ihnen angehören. Nach oben und unten denkt er sich die Gnade unvergänglich.
Hiermit ist uns auch zweitens der wunderbare Zusammenhang zwischen Eltern und Kindern nahegelegt. Dieser ist so groß, dass auf Erden die Kinder vor Gott an die Stelle der abgegangenen Eltern treten. Was Gott die Eltern geliebt hat, wird ganz übergetragen auf die Kinder, um so vollständiger und unmittelbarer, als dieselben in gleicher Weise willig zum Guten sind, mindestens so weit, als die Gesinnung der Kinder es zulässt. Aber auch dann, wenn die Kinder nicht ganz einschlagen, währt die helfende, führende und rettende Gnade des HErrn fort; und auch die abfälligen Kinder stehen unter einer besonderen Gnadenleitung des HErrn, weswegen die Gnade, wenn sie durch Untreue der Kinder erloschen zu sein scheint, in nachfolgenden Geschlechtern doch wieder leicht in ihrer vollen Gültigkeit eintreten kann. Wir müssen uns nämlich die Gnade des HErrn auch als auf das Wesen des Menschen einwirkend denken; und wo dies der Fall ist, erbt sich eine bessere Art fort, die immer wieder durchschlägt, und für alle Zukunft die Nachkommen empfänglicher macht, als Andere, die etwa unter ihren Ahnen nie Gnadenkinder gehabt haben.
Lobe den HErrn, meine Seele,“ möchten wir nach dem Anfang des Psalms, aus welchem unsre Stelle genommen ist, mit David ausrufen, „und Alles, was in mir ist, Seinen heiligen Namen. Lobe den HErrn, meine Seele, und vergiss nicht, was Er dir Gutes getan hat,“ - „und tut,“ möchten wir hinzusetzen „an dir und den Deinen in alle Ewigkeit!“ (Christoph Blumhardt)