Hiob 33,29
Andachten
Siehe, das alles tut Gott zwei oder drei Mal mit einem jeglichen, dass er seine Seele herumhole aus dem Verderben, und erleuchte ihn mit dem Licht der Lebendigen.
Was tut Gott zwei- oder dreimal mit einem Jeglichen? Es ist hier die Rede von den außergewöhnlichen Weckstimmen Gottes. Der Herr steht oft vor der Türe und klopft an; es fehlen Keinem die Mahnungen von oben, und alle Stimmen des Heiligen Geistes sagen dasselbe: Bekehre dich; Eins ist Not. Das Wort Gottes, die Predigt, die Umstände, die guten und bösen Tage sind Herolde Gottes, und wer Ohren hat zu hören, der hört täglich Worte, die Gott selber zu ihm spricht. Doch von diesen gewöhnlichen Stimmen Gottes ist hier nicht die Rede, sondern von andern. Gott richtet Jedem sein Leben so ein, dass ihm die Gnade zwei- oder dreimal näher und entscheidender, als je, ans Herz kommt. Es muss dann auch dem Blindesten klar werden: Gott ruft dich; es muss zu einem Durchbruch mit dir kommen. Sei es eine äußere Lage, oder eine gewaltige innere, das Kennzeichen solcher Entscheidungsstunden ist die Klarheit des göttlichen Rufs. Zwei- oder dreimal kommt uns Gott so entgegen, aber dann fällt der Riegel zu. Wer das erste Mal gehört hat, dessen Seele wird gleich das erste Mal herumgeholt vom Verderben und mit einem neuen Licht erleuchtet, das auch eine neue Lebensmitteilung ist. Wer Gott zum zweiten Mal wieder kommen lässt, für den wird der zweite Ruf schon ein schmerzhafterer, als der erste, und auch das Folgeleisten diesem Ruf ist schon ein selteneres, als das erste Gehörgeben. Es kann sein, dass Gott es bei diesem zweiten Ruf bewenden lässt, wie er auch aufgenommen wird. Ruft Gott jedoch noch ein drittes Mal, so ist dies entschieden das letzte Mal, und dann tritt für den Widerspenstigen das Gericht der Verstockung ein. Wir arme Menschen können nicht wissen, wem Gott so gerufen hat und bei wem es das erste, zweite oder dritte Mal war. Man sieht oft Seelen, die früher angeregt gewesen waren und später wieder einschliefen; wird ihnen Gott noch einmal rufen, oder ist ihre Uhr schon abgelaufen? Die Hauptsache ist, dass wir selber den Heiligen Geist nicht abweisen, wenn er mit der ihm eigenen Klarheit uns in den entscheidenden Lebensstunden Gottes Willen vorhält. Je treuer man hört, je leichter macht sich die Zukunft; aber man irre sich nicht, Gott lässt sich nicht spotten; ist sein Rufen schon etwas so Ernstes, so ist sein Schweigen etwas viel Furchtbareres. (Friedrich Lobstein)