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Sacharia 8,19

Sacharia 8,19

Andachten

“Liebet Wahrheit und Frieden!“.

Die Worte: Wahrheit und Frieden sind merkwürdige Zusammenstellung. Beide wollen sich für gewöhnlich nicht mit einander vertragen. Wo Wahrheit, sei's wirkliche oder vermeintliche, bekannt wird, wird nur gar zu oft der Friede gestört, weil viele die Wahrheit, oder das Feststehen Anderer zu dem, was sie für wahr halten, nicht ertragen oder nicht verstehen. Insbesondere ist es ganz gewöhnlich, dass gegenseitiges Reden über verschiedene Ansichten und Meinungen zu Streit und Händeln führt, sogar zu förmlichen Zerwürfnissen und Rissen. Da wird man mindestens sich fragen müssen, ob man nicht irgendwo gefehlt habe. Denn das prophetische Wort sagt klar, wir sollen Beides, Wahrheit und Frieden, lieben. Damit will auch nicht gesagt sein, dass wir die Wahrheit mehr lieben sollen als den Frieden, sondern wir sollen Beides, Wahrheit und Frieden, lieben. Damit will auch nicht gesagt sein, dass wir die Wahrheit mehr lieben sollen als den Frieden, sondern wir sollen Beides gleich sehr lieben. Gibt's also Unfrieden, so hat ein gewissenhafter Christ sich zu fragen, ob er's nicht bei seinem Eifern für die Wahrheit an der Liebe zum Frieden habe fehlen lassen, und ob er recht daran getan habe, der Wahrheit den Vorzug zu geben vor dem Frieden, also diesen jener zu opfern.

Vor allem werden wir unterscheiden müssen, mit wem wir es zu tun haben. Haben wir's mit der gottlosen Welt, mit den der Wahrheit feindseligen Leuten zu tun, so müssen wir da oft der Wahrheit das Wort reden, ob's den Frieden störe oder nicht. Denn da gehts nach dem Wort des HErrn, der da sagt (Matth. 10, 34-36): „Ihr sollt nicht wähnen, dass ich kommen sei, Frieden zu senden auf Erden. Ich bin nicht kommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert. Denn Ich bin kommen, den Menschen zu erregen wider seinen Vater, und die Tochter wider ihre Mutter, und die Schnur wider ihre Schwieger; und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.“ Hienach lässt sich der Friede nicht immer erhalten, weil denn doch die Wahrheit bekannt werden muss; und um des Friedens willen die Wahrheit verleugnen oder abschwächen, kann sogar, wie wir wissen, seelengefährlich werden. Allein bis auf einen gewissen Grad werden wir, eingedenk unsres prophetischen Worts, selbst mit den Gottlosen Frieden zu halten trachten müssen. Ganz besonders aber hat man auf Erhaltung des Friedens es abzusehen, wenn man es mit minder geförderten Christen zu tun hat, die nicht wider die Wahrheit, aber doch nicht Kenner genug sind, um alles gleich recht zu fassen, darum auch leicht Widerspruch erheben. Andere kennen die Wahrheit, können sogar zu den Gläubigen gerechnet werden, sind aber in dem einen oder andern Punkte unfest oder abweichend, oder gehören sie überhaupt besonderen Richtungen an, in welchen eigentümliche Ansichten über streitige Punkte herrschend sind, die nicht von Jedermann als wahr anerkannt werden. Da kann man oft versucht sein, der Wahrheit zu lieb eifern zu wollen. Der letzteren soll nun freilich nichts vergeben werden; aber Seelen gegenüber, die immerhin den Heiland lieben mögen, so lange forteifern und fortstreiten, bis der Friede fällt, das ists, was nicht sein soll, wenn neben der Wahrheit auch der Friede zu lieben ist. Wohl muss man bedenken, dass der Friede oft mehr Wert hat, als das Recht bekommen. Denn wo der Friede bleibt, können sich leichter auch die Überzeugungen ausgleichen, wie die Herzen einig sind. Sobald Unfrieden entsteht, der leicht Hass im Gefolge hat, wird der Riss immer ärger, das volle Erkennen der Wahrheit gegenseitig immer unmöglicher, der Gegensatz immer schroffer und unversöhnlicher. Wenn man daher auch Recht hat, - der Andere aber glaubt dasselbe, - so hat man doch sich zu fragen, ob nicht stille sein besser ist, um den Bruder zu schonen und den Frieden zu erhalten. Wollen sie beide durch die Gnade Gottes in Christo selig werden, so sollte man jeden Krieg mit hierin Gleichgesinnten fürchten wie die Hölle; und welche schöne Früchte kann nicht die Milde, die Schonung, die Geduld, auch mit Irrenden und Fehlenden, tragen, sofern's mit diesen nur auf diesem Wege jeden Tag besser werden kann.

Zusatz. Dass man auch mit Gottentfremdeten Frieden zu halten trachten müsse, liegt auch in dem Wort des HErrn: „Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben,“ ferner in dem andern Wort: „Hütet euch vor den Menschen,“ besonders in dem Wort JEsu (Matth. 7, 6): „Ihr sollt das Heiligtum nicht den Hunden geben, und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, auf dass sie dieselbigen nicht zertreten mit ihren Füßen, und sich wenden und euch zerreißen.“ Es muss also auch mit Hunden und Säuen möglichst Friede gehalten werden. Dies kann schon damit geschehen, dass man nicht zu vorlaut ist, nicht ohne Not sich mit ihnen einlässt, überhaupt unter Bekennen mehr nur das versteht, dass man nur nicht verleugne, sei's mit Reden oder Schweigen, als dass man nur gleich ungescheut, frei und anmaßend mit der Wahrheit hervortrete. Unter Umständen kann Schweigen ein besseres und fruchtbareres Bekenntnis sein, als Reden, zumal wenn Jedermann weiß, wie man im Bekenntnis steht. Wie viel Hader und Unfrieden könnte man verhüten, wie vielen Schaden von der guten Sache der Wahrheit abwenden, wenn man es verstünde, zur Zeit auch der Welt gegenüber aus Liebe zum Frieden stille zu sein! Noch misslicher aber ist es, wenn man Punkte, an welchen ganz und gar nicht die Hauptsache hängt, und welche der Welt, weil sie sie nicht fasst, ärgerlich sind, stets in den Vordergrund stellt, oder wenn man gar die Proklamation eigener und unberechtigter Gedanken und Lehrsätze für ein Bekenntnis der Wahrheit hält und so wichtig nimmt, dass man ihretwegen nichts um den Frieden sich zu bekümmern brauche, oder wenn man es am Ton und an der Art des Bekenntnisses der Wahrheit fehlen lässt. Wir sehen's, wie es auch der Welt gegenüber eine Bedeutung hat, wenn der Prophet sagt: „Liebet Wahrheit und Frieden;“ denn wie für die Wahrheit, so sind wir auch für den Frieden verantwortlich.

Wenn ich hierbei etwas von mir reden darf, so muss ich gestehen, dass eben die Geduld und Friedensliebe, deren ich mich befleiße, mir selbst sehr zu gut kommt nach dem inwendigen Menschen, sofern nur bei ihr mir manches Nötige aufgedeckt wird. Es ist mir schon oft begegnet, dass ich mit Überzeugungen darum anstieß, weil ich ihnen eine gewisse Schärfe gegeben hatte; die Friedensliebe aber lehrte mich allmählig diese Schärfe finden und wegnehmen, lehrte mich auch gewisse Sächelchen; wie sie oft auch am Wahren nicht ganz richtig sein können, fallen lassen. Beinahe in jedem Gespräch wird mir, weil ich des Friedens mich befleiße, etwas aufgeschlossen, wodurch meine Überzeugungen eine Biegsamkeit bekommen, mit welcher ich, ohne mir etwas zu vergeben, bei vielerlei Leuten durchkommen kann, und mit diesen, auch wenn sie mich nicht annehmen, wenigstens nicht mich zerwerfe. Wo Letzteres ist, denke ich mir immer in meiner Art einen Fehler. Was aber die Erhaltung des Friedens durchs Ganze hindurch für Segen hat, davon könnte ich noch viel sagen. Wollen wir's also vom Propheten Sacharia uns sagen lassen: „Liebet Wahrheit und Frieden!“ (Christoph Blumhardt)

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