Jesaja 51,12
Andachten
„Ich, Ich bin euer Tröster.“
Wie beruhigend ist es für die müde Seele, dass der große Gott vom Himmel ihr verspricht, sie in allen Leiden und Schmerzen selbst zu trösten. Er ist den Traurigen nahe, und wenn alle menschliche Tröster sich als leidige bewähren, weil sie nicht einmal in die geheimen Tiefen unsers Summers eindringen, viel weniger wahren Trost spenden können, dann kennt Er, der allein Weise, der Allgegenwärtige und Allwissende, jeden verborgenen Druck, jede besonders schmerzhafte Stelle. Und Er will die Gebeugten stützen und aufrichten, Er hat „köstliche Gedanken“ in Seinem Herzen für die Zeiten der Not, die Er den Leidenden und Traurigen allein sagt. „Ich, Ich“ dieselbe Hand, welche die Wunde geschlagen hat, will sie auch verbinden; dieselbe Hand, welche Macht hat zu zerbrechen, hat auch Macht zu heilen.
Hat Krankheit dich darnieder geworfen, und hält dich Wochen und Monate lang gefesselt - „in der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, Ich habe die Welt überwunden - fürchte dich nicht, glaube nur!“ Sind deine irdischen Aussichten und Pläne zerstört, deine Anstrengungen umsonst gewesen, fallen deine Güter der Vernichtung zum Raube? Er kann dich reichlich entschädigen, Er weiß ja, was wir bedürfen und lässt uns solches alles zufallen - und gibt noch dazu „von den Gütern, die weder Motten noch Rost fressen.“ Hast du einen schweren Verlust erlitten, ist es in deinem Hause, in deinem Herzen, leer und einsam geworden? - „Ich, Ich bin euer Tröster, Ich will euch nicht Waisen lassen. Ich komme zu euch.“ Seufzt du unter der Not der Sünde, und dem bitteren Gefühl der Entfremdung von Ihm, dessen Güte besser ist denn Leben? Hast du die Vergänglichkeit alles irdischen Glück erfahren, und wendest nun dein müdes, sehnsüchtiges Auge dem lebendigen Gott zu, fragend, ob sogar auch für dich noch Vergebung und Frieden zu finden ist? Ich, ja Ich, tilge eure Übertretung. Ich will euch heilen von eurem Ungehorsam. „Deine Sünden sind dir vergeben, gehe hin in Frieden.“ Ich ja Ich.
Wir können an Seiner Macht und an einer Bereitwilligkeit, uns zu trösten, nicht zweifeln, denn Er heißt ja „ein Gott alles Trostes,“ „der Tröster Aller, „die niedergeschlagen sind.“ Wie groß und wie verschieden auch die Zahl der Traurigen auf Erden sein mag, Er hat zulänglichen, jedem einzelnen Fall angemessenen Trost, den rechten Trost für alle. Für jeden traurigen Gedanken hat er einen tröstenden. „Deine Tröstungen ergötzten meine Seele,“ sagt der Psalmist.
Gottes Botschaft an die Kirche alten Testaments, nachdem die Propheten ihr eine Last über die andre hatten weissagen müssen, war: „Tröstet, tröstet Mein Volk!“ als wollte Er ihnen damit zeigen, wie gern Er von den schweren Prophezeiungen der drohenden Gerichte zu der Verheißung Seiner Gnade und Barmherzigkeit überginge.
„Denn er nicht von Herzen die Menschen plagt und betrübt“ - das ist Seinem Herzen und Gedanken fern. Und der Gedanke an diesen Gott alles Trostes ist um so köstlicher, weil dieser Gott der Immanuel ist, der „Gott mit uns“, unser Bruder auf dem Thron des Himmels. Er selbst, vormals der König der Schmerzen, ist durch die zarteste Empfänglichkeit Seiner menschlichen Natur befähigt, in jeden Schmerz, der unser Herz zerreißt, einzugehen. „Ich, Ich“ der Gottmensch, der mit den Trauernden zu Bethanien weinte, der selbst mit dem Versucher kämpfte, der die weinende Sünderin zu Seinen Füßen tröstete, der übermenschliche Leiden erduldete, der ein Leben voller Schmerzen führte, und den Tod der Schmach und Schande starb - Ich, Ich derselbe Jesus, Er ist es, der uns tröstet.
Ei, so lass', o Christenherz,
Alle deine Schmerzen,
Wirf sie fröhlich hinterwärts,
Lass des Trostes Kerzen
Dich entzünden mehr und mehr;
Gib dem großen Namen
Deines Gottes Preis und Ehr
Er wird helfen, Amen! (John Ross MacDuff)
Ich, ich bin euer Tröster. Wer bist du denn, dass du dich vor Menschen fürchtest, die doch sterben? Und vor Menschenkindern, die als Heu verzehret werden? Und vergisst des Herrn, der dich gemacht hat, der den Himmel ausbreitet und die Erde gründet? Du aber fürchtest dich täglich den ganzen Tag vor dem Grimm des Wüterichs, wenn er vornimmt zu verderben. Wo blieb der Grimm des Wüterichs?
Lasst den Text selber als den Abschnitt für den heutigen Tag genommen werden. Es ist nicht nötig, ihn weitläufig auszulegen. Zitternder, lies ihn, glaube ihn, nähre dich davon und mache ihn vor dem Herrn geltend. Der, den du fürchtest, ist doch nur ein Mensch; während Der, der verheißt, dein Tröster zu sein, der Gott, der dich geschaffen hat, ist. Unendlicher Trost ist mehr als zureichend für eine sehr beschränkte Gefahr.
„Wo blieb der Grimm des Wüterichs?“ Er ist in des Herrn Händen. Es ist nur der Grimm eines sterbenden Geschöpfes; ein Grimm, der enden wird, sobald der Odem aus der Nase gewichen. Warum sollten wir denn Furcht haben vor einem, der so gebrechlich ist, wie wir selber? Lasst uns nicht Gott Unehre antun, indem wir aus dem winzigen Menschen einen Gott machen. Wir können einen Menschen zum Götzen machen, indem wir übermäßige Furcht vor ihm haben, ebenso wohl wie dadurch, dass wir unmäßige Liebe für ihn hegen. Lasst uns Menschen als Menschen behandeln, und Gott als Gott; und dann werden wir ruhig weiter auf dem Pfade der Pflicht gehen, den Herrn fürchten und sonst niemand fürchten. (Charles Haddon Spurgeon)