Jesaja 44,3
Andachten
Ich will Wasser gießen auf die Durstigen und Ströme auf die Dürren; Ich will meinen Geist auf deinen Samen gießen und Meinen Segen auf deine Nachkommen, dass sie wachsen sollen wie Gras, wie die Weiden an den Wasserbächen.
„Wen da dürstet, der komme; ich will ihm Wasser des Lebens geben!“ So ruft der Herr. „Aber ich darf nicht? ich dürste noch nicht genug“, sprichst du, „mein Verlangen ist viel öfter auf das Irdische gerichtet, als auf Gnade; und wenn es darauf geht, auch nur, um die Angst los zu werden, nicht aus so recht lauteren Dürsten nach der Gerechtigkeit Gottes“. - Nun, du hast recht, das ist traurig, dass es so ist, und es ist klar, dass du die Gnadenströme reichlicher empfangen würdest, wenn dein Dürsten tiefer wäre; aber, liebes Herz, du dürstest doch! und der Heiland hat nicht gesagt, wie groß der Durst sein muss, nur: wer da dürstet -! Also, willst du dir selbst engere Grenzen ziehen, als er? willst du warten, bis du nach deiner Meinung genug dürstest- und wann wird das sein? willst du vorher nichts von den Gnadenströmen haben, die du doch auch für deinen, jetzt noch so kleinen Durst bedarfst; und wer macht das dürre Herz durstig, als eben der, der da spricht: Ich will auf die Dürren Ströme gießen? O komm doch, komm, ohne grübelndes Untersuchen, des doch einmal ganz widerspruchsvollen, unerforschten Herzenszustandes; komm, wie du bist, komm dürr und durstig, mehr oder weniger, zu dem, der da sagt: Ich will Wasser auf die Durstigen gießen! Nimm die Gnade, die dir geboten; sie wird dich erquicken, sie wird dir erst recht zeigen, wie köstlich seine Gabe ist, - sie wird dir erst den Durst erwecken. Halleluja, dem gnadenreichen Gott, dessen ewiger, unüberwindlicher, starker, brennender Wille es ist, Ströme der Gnade zu gießen auf alle Durstigen!
Und sollten sich dieser Verheißung nicht auch vor allem die Seinigen freuen, in denen der Gottesgeist aus dem dürren ein dürstendes, aus dem dürstenden ein erquicktes, fruchtbares Land gemacht hat, in denen schon die Saat des neuen Lebens aufgeschossen ist und der Reife entgegenwächst? Ach, auch ein Feld, das prächtig steht, leidet unter allgemeiner Dürre; hat es lange nicht geregnet, so wird das Wachstum, wenn es auch noch nicht gleich stockt, doch so matt und siech: es geht nicht recht voran, es hängen die Halme, man sieht es ihm so an Regen, Regen tut not!
O wie so dürr sieht es oft in den Herzen aus, an die der Gärtner schon so viele Gnadenströme gewandt hat! Freilich wir haben uns zu schämen, und es ist so ein Zustand so bedenklich; woran liegt es aber, wenn die Seinen dürr sind? Es fehlt an Regen. Nun, gibt ihnen der Herr keinen Regen? Es ist wohl möglich, dass der Herr ein Herz aus Gründen oft knapp hält in einer gegen sonst scheinbaren Dürre; aber Herzensnahrung, Kraft zum Widerstand der Sünde, versagt er nie, wenn mans begehrt! Das ist's: das Herz ist dürr und doch nicht durstig. Man kann's kaum glauben; aber das ist unsere Schmach, dass wir oft so dürr und hohl - und doch nicht in heißem Verlangen vor dem Herrn stehen, bis er selbst vielleicht Wasser der Trübsal über das dürre Herz kommen lässt und es durstig macht!
O, dass der Herr uns des Herzens Dürre immer recht aufdeckte und aus den dürren Herzen durstige machte? o, dass der Durst nicht nachließe, denn er hat die Verheißung: Auf die Durstigen will er Wasser gießen! O, da lebt das Land der Toten, wenn der Geist des Herrn wieder in den Herzen Jesum verklärt und unser Heil uns recht gewiss macht; da ist's, als ob über das Herz ein Frühlingsregen gekommen wäre: da grünen und blühen die Triebe des neuen Lebens wie das Gras, ja wie die Weiden an den Wasserbächen!
Er will die Ströme auf uns gießen. Kommt, dürstende Seelen! Wann will er's? Jetzt! die Ströme fließen! Nur untergehalten das arme Herz mit dem Seufzen: Herr, komm mit deinem Leben, mit deiner Freude und Kraft, ich leide Mangel; erquicke dein Erbe, das durstig ist, mit einem gnädigen Regen! (Theobald Wunderling.)
Ich will Wasser gießen auf die Durstigen.
Wenn eine gläubige Seele in einen Zustand tiefer Traurigkeit versunken ist, sucht sie sich manchmal daraus emporzuraffen dadurch, dass sie sich mit düstern und ängstlichen Einbildungen quält. Das ist nicht der Weg, wie man sich aus dem Staub erhebt, sondern wie man darin versunken bleibt. Ebenso gut mag sich der Adler emporschwingen, wenn man ihm die Flügel bindet, als unser Glaube wachsen, wenn wir ihm die Fesseln des Zweifels aufzwingen; nicht das Gesetz, sondern die Gnade macht die heilsbegierige Seele frei; nicht die Bande der Gebote, sondern allein die Freiheit des Evangeliums vermag den schwachen Gläubigen aufzurichten. Sklavische Furcht bringt den abtrünnigen Flüchtling nicht zu Gott zurück, aber die lieblichen Einladungen der Liebe locken ihn zu Jesu hin und laden ihn ein zur Ruhe an seiner Brust. Dürstest du heute nach dem lebendigen Gott, und fühlst du dich unglücklich, dass du Den nicht finden kannst, der deines Herzens Freude und Wonne ist? Hast du die Freude eines gottseligen Glaubens verloren und flehest du: „Tröste mich wieder mit Deiner Hilfe und der freudige Geist enthalte mich?“ Bist du dir bewusst, dass du verödet bist wie das dürre Land; dass du Gott die Frucht nicht bringst, die Er mit Recht von dir erwartet; dass du weder in der Gemeinde noch in der Welt das leistest, was dein Herz wünscht? Dann siehe hier gerade die Verheißung, die du nötig hast: „Ich will Wasser gießen auf die Durstigen.“ Du wirst die Gnade empfangen, nach welcher du dich so innig sehnst, und sie wird dir in vollstem Maß zuteil werden, soweit nur immer dein Verlangen reicht. Das Wasser erquickt den Durstigen: du sollst erquickt werden: deine Wünsche sollen erfüllt werden. Das Wasser erfrischt das schlummernde Pflanzenleben: dein Leben soll erfrischt werden durch neue Gnade. Das Wasser schwellt die Knospen und reift die Früchte; auch du sollst den befruchtenden Segen an dir erfahren; du wirst grünen und fruchtbar werden in den Wegen Gottes. Wo sich irgendeine köstliche Eigenschaft in der göttlichen Gnade zeigt, sollst du sie reichlich genießen. Alle Reichtümer der göttlichen Gnade sollst du vollauf empfangen; du sollst gleichsam darein getaucht und davon völlig durchdrungen werden, und gleichwie manchmal die Fluren überflutet werden von den schwellenden Bächen, so dass die Gefilde und Teiche verwandelt sind, so soll auch dir geschehen: das dürre Land soll zur Wasserquelle werden. (Charles Haddon Spurgeon)
Ich will meinen Geist auf deinen Samen gießen und meinen Segen auf deine Nachkommen.
Unsre Kinder haben nicht den Geist Gottes von Natur, wie wir deutlich wahrnehmen. Wir sehen vieles in ihnen, was uns für ihre Zukunft fürchten lässt, und dies treibt uns zu angstvollem Gebet. Gerät ein Sohn auf verkehrte Wege, so rufen wir mit Abraham: „Ach, dass Israel leben sollte vor Dir!“ Wir sähen lieber, dass unsre Töchter Hannas (Hanna war eine Beterin, Anm. d. Redaktion.) wären als Kaiserinnen. Dieser Spruch sollte uns sehr ermutigen. Er folgt auf die Worte: „Fürchte dich nicht, mein Knecht Jakob,“ und er mag wohl unsre Furcht bannen.
Der Herr will Seinen Geist geben, will Ihn reichlich geben, will Ihn ausgießen; will Ihn kräftig geben, so dass es ein wirklicher und ewiger Segen sein soll. Unter diesem göttlichen Ausgießen sollen unsre Kinder vortreten und: „Dieser wird sagen: Ich bin des Herrn, und jener wird genannt werden mit dem Namen Jakob.“
Dies ist eine von den Verheißungen, betreffs welcher „der Herr sich fragen lassen will.“ Sollten wir nicht zu festgesetzten Zeiten und in bestimmter Weise für unsre Kinder beten? Wir können ihnen keine neuen Herzen geben, aber der Heilige Geist kann es; und Ihn können wir leicht darum anflehen. Der große Vater hat Wohlgefallen an den Gebeten von Vätern und Müttern. Haben wir irgendwelche Lieben außerhalb der Arche? Lasst uns nicht ruhen, bis sie durch des Herrn eigne Hand mit uns darin eingeschlossen sind. (Charles Haddon Spurgeon)