Psalm 36,8
Andachten
Wie teuer ist Deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten Deiner Flügel trauen.
Ein Mensch ist in dem großen Weltraum ein schwaches kleines Geschöpf, und alle Menschenkinder machen zusammen ein immer geschäftiges Heer aus, das aber leicht vertilgt werden könnte. Wenn die Sonne und die Erde näher zusammenrückten, so würde das menschliche Geschlecht plötzlich verschmachten und verbrennen. Wenn alle Wolken ihr Wasser auf einmal fallen ließen, und das Wasser des Abgrunds über sich stiege, so würden alle Menschen ersaufen, und so könnte das menschliche Geschlecht durch andere Unordnungen, die bei den großen Weltkörpern, oder bei den Elementen entstehen könnten, schnell vertilgt werden. Aber auch unter den Menschen gibt es so viele böse, grimmige, stolze, geizige und grausame, dass, wenn diese nach der Argheit ihrer Herzen, und durch den Antrieb des Teufels, der ein Mörder von Anfang ist, zusammenträten, alle frommen Leute durch sie vertilgt werden könnten. Auf diesen Fall hat David Ps. 36. eigentlich gesehen, indem er von Gottlosen redete, bei denen keine Gottesfurcht sei. Er sagt von denselben V. 3.4.5.: sie schmücken sich untereinander selbst, dass sie ihre böse Sache fördern und Andere verunglimpfen. Alle ihre Lehre ist schädlich und erlogen; sie lassen ich auch nicht weisen, dass sie Gutes täten, sondern sie trachten auf ihrem Lager nach Schaden, und stehen fest auf dem bösen Wege, und scheuen kein Arges. Da er nun diese Leute, von deren Stolz man untertreten, und von deren Hand man gestürzt werden könnte (V. 12.), betrachtet hatte, so wandte er seine Augen auf Gott und sagte: wie teuer ist Deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten Deiner Flügel trauen, oder zuversichtlich wohnen! Er bewunderte also die Güte Gottes, welche die Menschen unter den Menschen schütze. Er schrieb es dem Schatten der Flügel Gottes, das ist der mächtigen und treuen Bewahrung Gottes zu, dass Menschen ohne Furcht wandeln und schlafen können. Gott bedeckt die Menschen mit Seiner Allmacht, wie ein Vogel seine Jungen mit seinen Flügeln, und deswegen leben die Menschen unter Menschen und unter bösen Geistern in einer vergnüglichen Sicherheit. Man verlässt sich gemeiniglich auf den Schutz der Obrigkeit: allein diese Obrigkeit hat selber den Schatten der Flügel Gottes oder den göttlichen Schutz gegen ihre eigenen Untertanen nötig; denn wenn Gott Seine Hand nicht über jene hielte, so würde sie von diesen, wenn sie sich in einem Aufruhr vereinigten, leichtlich verschlungen.
Ich will mich also auch heute erinnern, dass ich mein Leben dem Schutz Gottes allein zu danken habe. In Ansehung der Nachtruhe kann ich mit David Ps. 4,9. sagen: ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn allein Du, HErr, hilfst mir, dass ich sicher wohne, und in Ansehung meines Lebens und Wandels bei der Tageszeit: ich gehe oder liege, so bist Du um mich, und siehst alle meine Wege, Du schaffest es, was ich vor oder hernach tue, und hältst Deine Hand über mir, Ps. 139,3.5. Ist es nun einmal dem großen Gott gefällig, meinem Gehen und Liegen, meinem Wandeln und Arbeiten auf der Erde ein Ende zu machen, und mich in die himmlischen Gewahrsame aufzunehmen; so soll ich wohl zufrieden sein und Ihm dafür danken. Ich werde aber ohne Zweifel im Himmel auf meinen Lebensweg mit hellen Augen zurücksehen, und besser als jetzt erkennen, durch was für Gefahren mich der treue Gott durchgebracht, und unter was für Nachstellungen Er mich behütet habe, und werde Ihm dafür Lob und Dank sagen. (Magnus Friedrich Roos)
Wie teuer ist Deine Güte, Gott! dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel trauen?
Allhier preist David Gottes Güte und Gnade, und nennt sie teuer, köstlich und wert, und vergleicht sie einem edlen, teuren, köstlichen Schatze. Es werden die Schätze dieser Welt für köstlich, teuer und wert gehalten: Aber es ist alles vergänglich, und kann am Tage des Zorns weder Silber noch Gold erretten; Gottes Gnade aber währt von Ewigkeit zu Ewigkeit, bei denen, so Ihn fürchten. Das ist aber der rechte köstliche Schatz, der ewig währt, der uns ewig erhält, der uns ewige Ruhe und Friede bringt, welches kein irdischer Schatz tun kann. In Gottes Gnade haben wir ewige Ruhe und Sicherheit, Friede und Freude, darum können wir darinnen, als unter Gottes Gnaden-Flügeln, trauen, ruhen und ewigen Frieden haben.
Hier nimmt der Psalm ein Gleichnis von einer Gluckhenne, die ihre Küchlein mit ihren Flügeln deckt, oder von einem Adler, der seine Jungen auf seinen Flügeln trägt. Also freundlich und holdselig nimmt uns Gottes Güte und Gnade auf, und bedeckt uns vor des Teufels und der Welt Wüten und Toben, und obgleich die Welt den Gläubigen Leib, Gut und Ehre nehmen kann durch Gottes Verhängnis, so kann sie ihnen doch Gottes Gnade nicht nehmen, denn dieselbe ist ein geistliches, himmlisches und ewiges Gut. (Johann Arnd)