Psalm 25,12
Andachten
Wer ist der, der den Herrn fürchtet? Er wird ihn unterweisen den besten Weg.
Der Herr stellt uns mitunter auf einen besonders auffallenden Scheideweg, und da zeigt er uns nicht mündlich oder durch Propheten oder in seinem Wort den Weg, den wir gerade in diesem Falle wählen sollen. Wir müssen ihn suchen. Und er will ihn uns zeigen allgemach, Schritt für Schritt aus dem Gewirr sich lichtend, hinterher nur klar erkennbar; wenn wir mit Ernst danach fragen. Beten gilt es da, aus der Tiefe des Herzens mit dem heiligen Ernst der Sehnsucht: „Herr, lass mich nicht zuschanden werden, denn ich will durchaus nur deine Wege gehen.“ Beten im Glauben, dass der Herr treu ist und uns seinen Weg zu seiner Zeit zeigen wird und muss; beten in kindlicher Ergebenheit, die es ihm überlässt, wie und wann er uns ihn zeigt; mit demütiger Geduld, die auch warten kann, wenn er verzieht mit seinem Wink und Fingerzeig. Beten gilt es! - Und dann gilt's in der Stille nachsinnen vor dem Herrn, was man für Schritte tun soll, und in welcher Richtung. Aber nur vergiss die Schnur nicht, die dir die Richtung angibt, die einzig rechte, in der der noch verborgene Weg gehen soll. Die Schnur seines heiligen Willens, den er uns klar in seinem Wort geoffenbart hat: „Nur wider keins deiner heiligen Gebote, nur so, wie es für deine Sache, dein Reich, für mich und andere am dienlichsten ist!“ Ja, ja, trachte am ersten nach dem Reich Gottes, so werden euch die andern nötigen Winke und Siege gewiss zufallen. Es ist nicht genug zu beachten, welches Licht der Klarheit auch den Albernen gegeben wird durch das einfältige Auffinden der Spur des Gotteswillens in seinem Wort. Dadurch werden seinen Kindern viele Wege, die zuerst auch noch offen vor ihnen lagen und die Wahl erschwerten, ohne weiteres verschlossen und ihr Sinnen mehr in eine Richtung zusammengedrängt.
Und nun in dieser Richtung weiter, du bist auf seiner Spur. Aber lass dich durch die Freude darüber, dass du anfängst, Spur zu sehen ja nicht betören, zu meinen: im übrigen finde ich auch schon allein weiter. Je näher die hellere Entwicklung seiner Wege, desto dringender fahre fort, die Barmherzigkeit deines Gottes anzurufen, dass er dir begegne und dich keinen Schritt ohne ihn tun lasse. Und dabei fahre fort, ihn zu fragen, was er in seinem Wort dir sagt, und wenn dein Herz durch die Umstände von ihm zu einer Entscheidung gedrängt wird, und wenn das Wort und dein demütiges Nachdenken vor dem Herrn nicht sagt, ob rechts oder links, und wenn du das Eine gewiss weißt: ich will trog aller regen Wünsche und Hoffnungen und Befürchtungen, ich will doch Herr, du weißt's, deine Wege, nur deine Wege gehen, und du weißt es im Glauben, der Herr will dir so gern seinen Weg zeigen, und der Herr und sein Geist geben dir Freudigkeit, ihn um ein Zeichen zu fragen, so tue es getrost und in Gottes Namen, wie so viele Gotteskinder im alten und neuen Bunde es getan. Wenn er dir die Frage gegeben hat, so gibt er dir auch die Antwort.
Wehe aber denen, die den Herrn fragen, wie man einen Toten fragt, mit totem, eigenwilligem Herzen. Solches ist nichts anders, denn Aberglaube, und heißt den Namen des Herrn missbrauchen als durch Zaubereisünde; der Herr aber wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht. Hat dir aber der Herr ein Zeichen gegeben, so sollst du ja dran halten felsenfest, aber ja nicht als ein Zeichen dafür, wie nun der ganze Weg enden wird sondern doch nur als ein Zeichen, wodurch dich der Herr wieder ein paar Schritte weiter geführt und dir gezeigt hat, was du nun tun sollst; und nun schweig wieder still und bete an und harre, bis du erkennst, was der Herr weiter in der Sache tut. Und da gehe nur den Weg des Gehorsams und der göttlichen Ordnung; versuch den Weg, auf den der Herr dich gewiesen, frag an und sieh, was die Menschen, denen der Herr in der Sache eine Entscheidung gegeben hat, entscheiden, sie können's doch auch nur nach seinem heiligen Willen. Ebnen sich aber die Pfade, ist nichts mehr im Wege, so erkenne mit Freuden, dass der Herr dich geleitet hat, und freu dich seiner Wege; nun darfst und wirst du sehen, in schönen nicht nur, sondern auch in trüben Tagen: Seine Wege sind eitel Güte und Wahrheit denen, die seinen Bund und Zeugnis halten. Sie enden sich in Lieb und Segen.
Aber du darfst dich's auch nicht irren lassen, wenn der Herr dich für heute auf ein Ziel weist, das dann, wenn du näher kommst, noch nicht das Ziel ist, sondern nur eine Biegung des Weges, wo du einen neuen Wegweiser brauchst, aber auch findest, so du nicht müde wirst, ihn zu begehren. Und kommt's dabei zu großen Freuden, so ist das noch nicht das Ende, der Wehestand kommt nach, ob aber dann der Weg noch so drückt, so sind's nur seine Wege, so geht man sie getröstet, still hoffend, und wartet darauf: Sie müssen doch noch einmal in Lieb und Segen sich enden, wenn hier nicht, so im Hochzeitssaal des Lammes, da werden wir hintennach die Wege des Herrn verstehen, und nichts mehr darüber zu fragen haben, und es werden ihm in vollem Chor alle seine Auserwählten singen: Die Wege des Herrn sind eitel Güte und Wahrheit! Er hat alles wohl gemacht! Amen. (Theobald Wunderling)