Er weidet mich auf einer grünen Aue, und führt mich zum frischen Wasser.
Diese grüne Aue und dieses frische Wasser ist das Evangelium und der heilige Geist. Denn gleichwie den Schäflein immer frisches und neues grünes Gras wächst, daran alle Morgen neue und frische Tau-Tröpflein hangen: Also ist Gottes Gnade alle Morgen neu, und grünt immerdar; und der liebliche Tau des heiligen Geistes ist immer bei dem Worte der Gnade. Gleichwie alle Morgen das Himmelbrot mit Tau fiel, also empfinden wir täglich im Glauben des heiligen Geistes Trost und Kraft; Gott weidet uns ja täglich mit Seiner Liebe, Gnade, Treue und Barmherzigkeit; Er erquickt uns ja täglich mit dem Troste der Vergebung der Sünden, das ist uns alle Tage so neu, frisch, grün und kräftig, als den Schäflein das grüne Gras. Und gleichwie die Schafe ohne dieses verschmachten müssten, also müsste unsere Seele verschmachten und verdorren, wenn uns Gottes Gnade, Liebe und Barmherzigkeit in Christo JEsu nicht täglich erhielte.

Ein Mahl voll Himmelssüßigkeiten, ein Mahl von Fett, von Mark und Wein hast Du bereitet, dass von weiten es sehn, die mir nicht günstig sein. Du salbest mich mit Öl der Freuden; da weiß ich denn von keinem Leiden, bin voller Trost und Freudigkeit, den Durst des Geistes wohl zu stillen, muss mich Dein voller Becher füllen, der Becher Deiner Lieblichkeit. (Johann Arnd)

Er weidet mich auf einer grünen Aue, und führt mich zum frischen Wasser.
Eine jede Verheißung der Schrift, eine jede Lebenslage, ja, jede Trübsal ist eine grüne Aue für die Schafe des Herrn. Die Gnadenzuflüsse kommen uns in der Nachfolge Jesu von gar manchen Orten. Auch die bitteren Kräuter sind den Schafen heilsam; der gute Hirte kann sie nicht aus der Aue ausreißen; Trübsal bringt ja Geduld, Geduld aber bringt Erfahrung, Erfahrung hinwiederum Hoffnung, und Hoffnung lässt nicht zu Schanden werden, wenn der Heilige Geist ausgegossen worden ist in das Herz, und die Gottesliebe in ihm. Die Aue des Herrn ist ein gar weit gedehntes Feld. Man kommt in der Nachfolge Christi in viele Verhältnisse und mit vielen Menschen zusammen; man denkt oft nicht daran, was ein kleiner Umstand, oder ein geringfügiges Zusammentreffen für Folgen haben kann. Der Herr kann Alles brauchen, um es seiner Sache dienlich zu machen und seinen Schafen zum Segen gereichen zu lassen. Auch frische Wasser hat der Herr für die Seinen; nicht solche, die im Mittag vertrocknen, sondern Lebensbäche, Erquickungen, die nur dem Schein nach versiegen, aber nicht der Wirklichkeit nach. Wer von dem Wasser trinkt, sagt Christus, das ich ihm gebe, den wird ewig nicht dürsten; und das Wasser, das ich ihm gebe, das wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden, das in das ewige Leben quille. Zwar auch ein Jeremias musste seufzen: Du bist mir wie ein Born, der nicht mehr quellen will; aber die Verheißungen stehen da, und die können nicht gebrochen werden. Und wie lauten sie? Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle. Wenn gleich das Meer wütete und wallte, dass von seinem Ungestüm die Berge einfielen, dennoch soll die Stadt Gottes lustig bleiben mit ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind. Die Welt meint, für Jesum leben heißt so viel, als verhungern und verdursten; und doch hat Niemand ein sichereres Brot als ein treuer Knecht des Herrn. Wir sollen zwar nicht aus Christo einen Brotkönig machen, aber es ist doch tagtäglich dankenswert, auch wenn Leib und Seele verschmachten, sagen zu können: Er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser. (Friedrich Lobstein)