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1. Könige 18,15
Andachten
Bengel, Johann Albrecht - Die rechte Stellung zu Gott
1. Kön. 18,15 setzen die Septuaginta das „Heute“ zu „stehen“: Vor dem ich heute stehe. So ist mein geistlicher Zustand: ich vergesse das Vergangene, und denke nicht, ob ich was zu einem Vorrat auf künftig habe, sondern nehme eben, und tue heute, was mir Not ist. Wie ein Bettler, der jeden Tages von dem Stücklein Brots lebt, das er selbigen Tages erbettelt. Ich mache eine gerade Linie zwischen dem Herzen Gottes und meinem Herzen; ist nichts im Wege, das diese gerade Linie interpelliert, so schwimme ich; ist aber etwas von einem Hindernis da, so ist's entweder für jetzt überwindlich, oder nicht. Ist es überwindlich, so muss ich meine Kräfte dranstrecken, und nicht nachlassen, bis es aus dem Weg geräumt ist. Ist's aber nicht überwindlich, so darf ich mir auch keine weitere Sorge derhalben machen, es ist eine Versuchung und Läuterung, die mir nichts schaden, sondern vielmehr zum Besten dienen wird.
Der große Geist zeiget uns Pilgrimen nicht alles; sondern nur das, was uns auf dem Wege fördert. Das Übrige taugt noch nicht für uns. Es wird auf die Heimkunft gespart. Eine jede Führung Gottes führet ihr eigenes Licht mit sich, dass man sie für das erkennen kann, was sie ist.
Je öfter ein Wachs zwischen unsern Fingern bald in diese, bald in eine andere Form gedrückt wird, je weicher wird es. So bekommen wir bald diese, bald jene Impression von demjenigen, in dessen Hand wir sind, wie der Tau in des Töpfers Hand. Da weiset er nun seine Macht und als der Schöpfer wird er auch seine Treue beweisen.
Nun du weißt deine Zeit,
Mir ziemt nur, stets bereit
Und fertig da zu stehen,
Und so zum Herrn zu gehen,
Dass alle Stund‘ und Tage,
Mein Herz mich zu dir trage.
Welch eine köstliche Sache ist's, so ein gerades kindliches Vertrauen zu Gott, und doch dabei eine heilige Furcht vor ihm haben: nicht zu frech oder zu vertraulich, aber auch nicht zu scheu und unkeck gegen ihn zu sein. Wer auf sich selbst acht gibt, der wird bald merken, ob bei ihm das Zünglein an der Wage auf solche Weise eben recht stehet.
Die ganze Sache im Christentum kommt eben auf eine Übereinstimmung des Willens mit dem Willen Gottes an, und übrigens muss eine heilige Stille in der Seele sein. (Johann Albrecht Bengel)