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1. Mose 45,5

1. Mose 45,5

Andachten

Bekümmert euch nicht, dass ich darum zürne, dass ihr mich hierher verkauft habt; denn um eures Lebens willen hat mich Gott vor euch hergesandt.

Joseph ist's, der hier mit seinen Brüdern redet, da sie ihn endlich erkannten. Oft wird Joseph als ein Vorbild Christi genommen; und die dabei leitenden Gedanken reihen sich allerdings gut gerade an unsern Spruch an: Joseph ist von seinen eigenen Brüdern verkauft - der HErr Jesus von Seinem Volke, das Ihm als ein Volk von Brüdern galt, in die Hände der Heiden überantwortet worden. Der HErr Jesus ist nicht nur ins Elend, sondern auch ans Kreuz ausgeliefert worden und hätte Ursache gehabt, nicht nur denen, die Ihn überantworteten und töteten, zu zürnen, sondern dem ganzen Menschenstamm, der so entartete Leute in sich schloss. Aber Er zürnt nicht - wie Joseph nicht zürnt - weil Er um unsres Lebens willen vor uns in die himmlische Herrlichkeit hin gesandt worden ist; wie Joseph nach Ägypten in eine irdische Herrschaft, um des Lebens der Seinigen willen, die ihm nachkommen sollten.

Alles hat, wie bei Joseph so beim Heiland, Gott geschehen lassen, damit ihrer viele leben möchten, in dem einen Fall in dieser Welt, im andern Fall in jener Welt.

Wie sich darum ein Joseph freut, dass es so gegangen ist - so herb es ihm war-, so freut's den HErrn Jesus, nun Gelegenheit zu haben, uns zum Leben zu führen. Die Brüder Josephs aber brauchten sich nicht mehr darüber zu bekümmern, dass sie so übel an ihrem Bruder getan hatten; und wir brauchen uns auch nicht mehr darüber zu bekümmern, dass von unsrem Geschlecht der HErr der Herrlichkeit so verworfen worden ist. - So passt alles gar schön und lieblich zu einem Vergleich.

Im Übrigen aber hat die ganze Sache auch wieder eine Bedeutung für unsre Denk- und Handlungsweise: Zürnen wir nicht zu sehr, wenn andere übel mit uns fahren! Wer weiß, ob nicht gerade das, was andere uns übles tun, eben den andern - merke: nicht uns, sondern den andern! - zugutekommen soll? Oder wollen wir den Beleidigern das nicht gönnen? Wenn wir zürnen und erbittert sind, so hat es freilich keine guten Folgen für die Beleidiger. Oder ist dir's vielleicht gerade recht so? Aber das sollten wir von Joseph - noch mehr vom Heiland - lernen: dass wir die Beleidiger und Misshandler nicht mit Zorn und Erbitterung ansehen, welche Rache fordert, sondern mit Mitleiden und Fürbitte, mit der wir ihnen wohlwollen. Dann haben wir einmal die edle Freude, dass eben denen, die uns übles getan haben, ihr übel tun zuletzt zum Guten, zum Heil, zur Lebensrettung hat dienen müssen.

Das sind freilich keine Gedanken nach der Welt Art, keine Gedanken, die der natürliche Mensch so leicht hat, der nur gleich lieber totschlagen als lebendig machen möchte. Das sind göttliche Gedanken! Wir sind aber keine rechten Christen, wenn wir von diesen Gedanken nicht etwas lernen, so dass wir uns viel gefallen lassen können - hoffend und wünschend, jeder Schlag, den uns ein andrer gibt, möchte dem, der ihn gibt, ein Gutes einbringen!

Überlegen wir's und verstehen wir's! Aber ach, wie armselige Leute sind wir! (Christoph Blumhardt)

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