1. Mose 28,12
Andachten
Und Jakob träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel und die Engel Gottes stiegen dran auf und nieder. V. 13: Und der Herr stand oben darauf und sprach: Ich bin der Herr, Abrahams, deines Vaters Gott, und Isaaks Gott; das Land, darauf du liegst, will ich dir und deinem Samen geben. V. 14: Und dein Same soll werden wie der Staub auf Erden, und du sollst ausgebreitet werden gegen Abend, Morgen, Mittag und Mitternacht, und durch dich und deinen Samen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. V. 15: Und siehe, Ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehest, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich. nicht lassen, bis ich tue alles, was ich geredet habe.
Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte und Treue! das sehen wir hier vor Augen dreifaltig bestätigt. Die Engel-Leiter und der öffne Himmel, ist das nicht Gnade und Barmherzigkeit über einem flüchtigen Erdenpilger? Der Segen Abrahams, erneuert über einem Nachkommen, der um eigener Sünde willen aus seinem Vaterhause hat fliehen müssen, ist das nicht göttliche Geduld? und endlich die Geleitschaft des Herrn auf dem Wege in die Fremde und wieder zurück in die Heimat, ist das nicht Güte und Treue? Und das Alles ohne irgendwelches Verdienst und Würdigkeit auf Seiten des Empfängers, ja, trotz seiner offenbaren Unwürdigkeit, im Traum über ihn ausgeschüttet. So gibt's der Herr den Seinen schlafend, ein voll, gedrückt, gerüttelt und geschüttelt Maß!, Du mein Herr und Gott! und das hast Du getan lange, bevor die Zeit erfüllt war, als eine Weissagung zukünftiger Güter und viel größerer Herrlichkeit. Die Engel-Leiter, die Jakob im Traume sah, ward ja wieder hinaufgezogen; nun aber steht sie als eine feste Brücke zwischen Himmel und Erde, da Dein eingeborener Sohn in die Welt gekommen, und wiederum aus der Welt zu Dir gegangen! Die Verheißung Abrahams, daran Jakob glauben sollte, ist ja nun großenteils erfüllt, und wir leben in der Erfüllung, denn der Tag Christi liegt hinter uns, und wir wandeln in seinem Lichte! Und Deine treue Geleitschaft, Du ewig Getreuer, ist ja unser Teil, nicht etwa zur Rückkehr in ein irdisches Vaterhaus, sondern zur ewigen Heimkehr in den Himmel! - Herrgott, so lass doch unser kaltes Herz warm werden, dass wir's mit tausend Zungen rühmen: Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte und Treue! (Nikolaus Fries)
Wie heilig ist diese Stätte!
Orte, die uns an große Männer erinnern, sind immer interessant. Was muss nun erst ein solcher Ort für uns sein, welchen der Herr der Herrlichkeit zum Schauplatz seiner teuersten Freundschaftsbeweise erkoren! Wie heilig uns auch immer das Andenken an andere Orte, die er in den Tagen seines Erdenwandels besuchte, sein mag: Bethlehem mit seiner Krippe, seinem Wunderstern und anbetendem Cherubim, der Ort seiner Jugenderlebnisse Nazareth, der See Tiberias, dessen Ufer so oft wiederhallten von seinen Fußtritten, dessen stille oder sturmbewegte Wellen ihn trugen - die heiligen Höhen, wo er die Seligpreisungen sprach - die Berge, da er betete - der Garten Gethsemane, wo er litt - der Hügel Golgatha, wo er starb - am liebsten weilen doch die Gedanken heiliger Liebe in Bethanien.
Die Stunden jener heiligen Gemeinschaft zu Bethanien sind längst dahin. Längst ruht jene traute Familie im Grabe. Und Bethaniens Heiland ist längst zur himmlischen Herrlichkeit eingegangen. Doch heilig bleibt uns diese Stätte seines Gnadenwirkens. Noch hören wir dort seine liebliche Stimme. Wie mancher müde Pilger hat sich dort seit 1800 Jahren Trost und Erquickung geholt für seine Reise zum wahrhaftigen Bethanien, das droben ist.
Himmel und Erde scheinen sich hier zu berühren. So tief das Erdenleid und Todesweh, das hier einkehrte, wie herrlich wird es doch überstrahlt durch die Hoffnung der Unsterblichkeit, die alle Tränen verklärt. Welch ein Kleinod umschließt doch das 11. Kapitel des Johannes! Leuchtet's nicht mit seinem lichten Trost wie ein heller Stern in unser Erdendunkel? Wie mancher müde Fuß, wie manches tränende Auge ist schon nach Bethanien geeilt, daselbst zu weinen (Joh. 11,31).
Was war doch Bethanien für den Mann der Schmerzen! Ein liebliches Heim, wo er ausruhte von des Tages Mühen, eine grüne Oase auf dem Wüstenpfade, den sein Fuß durchwandern musste. Hier finden wir ihn als den trauten Hausfreund, hier tritt er uns so recht menschlich nahe. Wir dürfen einen Blick in sein Herz tun, sehen, wie er liebte, mitfühlte, weinte und sich freute.
Auch mit den letzten Ereignissen seines Erdenlebens ist Bethanien eng verknüpft. Von dort aus trat er seinen letzten Gang nach Jerusalem an. Angesichts Bethaniens fuhr er gen Himmel. Wie oft hat sich unser Heiland dort in die Stille des trauten Freundeskreises zurückgezogen. Da gelüstet es uns wohl, recht viel zu hören von jener seligen Gemeinschaft, und seiner Rede zuzuhören, aber wir dürfen den Schleier nicht mehr lüften, als Gottes Wort gestattet.
Dem Reisenden in Palästina wird heute noch am Ostabhange des Ölbergs ein Dorf von ärmlichen Hütten gezeigt, welche von wenig mehr als 20 Familien bewohnt werden. Dieser Rest eines Dorfes heißt El Azirezeh - die arabische Übersetzung des Namens Lazarus. Dies ist der geheiligte Ort unseres Evangeliums. Johannes allein erzählt die Begebenheiten, welche in Judäa in Verbindung mit des Herrn öffentlicher Wirksamkeit stattgefunden, während die anderen Evangelisten hauptsächlich die Wirksamkeit des Herrn in Galiläa zeichnen. Dem Lieblingsjünger des Herrn war es beschieden, es beschieden, uns besonders in Bethaniens Freundeskreis einzuführen und uns namentlich die Auferweckung des Lazarus zu berichten. (John Ross MacDuff)