Offenbarung 3,17

Andachten

Du sprichst: „Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts!“ und weißt nicht, dass du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß
(Off. 3, 17).

Viele Gemüter bilden sich ein, sie wären etwas, da sie doch nichts sind. Sie sind wirklich noch arm, nackt, blind und bloß und meinen, sie seien reich und haben gar satt. Und es kann wirklich die erste empfangene Gnade des Heiligen Geistes so schwach werden, dass alles wieder verwelkt, was vorher grün gewesen. Wenn dann nun solche Seelen noch zum öftern eine Unruhe in ihren Gewissen verspüren, welche ihnen heimlich sagt, dass es noch nicht recht mit ihnen stehe, dass sie noch nicht bis auf das Blut wider die Sünde gekämpft haben, und ihnen daher obliege, den Bußkampf von neuem anzuheben, so berufen sie sich durch Betrug des Feindes auf dasjenige, was sie schon einmal wirklich erfahren zu haben meinen. Da und da, sprechen sie, bist du noch einmal deiner Sünden wegen so traurig und bekümmert gewesen, hast dieselben so nachdrücklich gefühlt, so herzlich beweint. Zu der und der Zeit hast du diese und jene Gnadenerquickungen, diese und jene Glaubenskraft empfunden, diese und jene Versicherung von der Vergebung der Sünden erhalten. Auf solche Weise suchen sie ihr unruhiges und sie anklagendes Gewissen wieder zu besänftigen und einzuschläfern. Aber ihr betrügt euch, ihr macht euch nur einen falschen und vergeblichen Trost. Alles dies sind nichtige Feigenblätter, mit welchen der nackt dastehende Mensch seine Blöße zu bedecken sucht. Gesetzt auch, dass wir die Gnade wirklich erfahren und empfangen hätten - was ich vor einem Jahr genossen habe, kann mich heute nicht mehr sättigen. Wir müssen die Kraft aus der Höhe täglich an uns wahrnehmen und vermittels derselben auf dem Wege der Buße und Bekehrung nie stillestehen, sondern immer mehr und mehr fortgehen, in dem Worte der Gerechtigkeit täglich erfahrener und in dem Herrn völliger werden, weil uns sonst das vorige nichts helfen kann.

Wer glaubet, der ist groß und reich;
Er hat Gott und das Himmelreich.
Wer glaubet, der ist klein und arm:
Er schreiet nur: Herr, dich erbarm! (Gerhard Tersteegen)

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