„ -.. welcher nicht wiederschalt, da er gescholten ward, nicht drohte, da er litt, er stellte es aber dem anheim, der da recht richtet.“
Ach, wie ganz anders würde es in der Christenheit im Ganzen und in den einzelnen Gemeinden aussehen, wenn Jesu Vorbild zur Richtschnur gemacht würde, wenn jeder, der da gescholten würde, nicht wieder schelten würde, jeder, der da litte, nicht drohte, sondern es dem anheimstellte, der da recht richtet.
Meine lieben Mitchristen, dies verlangt der Vater buchstäblich von uns. Wir wollen die Worte von Petrus immer und immer wieder lesen, bis unsere Seelen von dem Gedanken erfüllt sind: „Wenn ihr um Wohltat willen leidet und erduldet, das ist Gnade (oder „angenehm“) vor Gott.“(Andrew Murray)
Er stellte es aber dem heim, der da recht richtet.
Mit welch' vollkommenem Vertrauen befiehlt Sich Jesus der Führung Seines himmlischen Vaters! Es war Seine Freude, Ihn Mein Vater! zu nennen. Jener Name besaß für Ihn einen seligen Wohlklang, und verlieh Ihm die Kraft, der schwersten Stunde entgegenzutreten, den bittersten Kelch zu leeren. Als Er am Kreuze hing, erhob sich der schmähende Spott, Er hat Gott vertraut, der erlöse Ihn nun!. Sein festes Zutrauen wurde aber nicht einen Augenblick erschüttert, selbst als die äußeren Zeichen der Gegenwart Gottes Ihm entzogen waren; die gewisse Überzeugung der bleibenden Liebe Gottes hielt Ihn dennoch aufrecht; Mein Gott, mein Gott!
Wie manche Verlegenheit würden wir uns ersparen, wenn wir uns also unbedingt dem anheimstellten, wie Er es tat; wenn wir in dunklen und trüben Tagen, wo unser Pfad von Dornen umringt scheint, allezeit den vertrauenden Glaubensblick zu Ihm erheben könnten, mit der Bitte: Herr, ich leide Not, lindere es mir.
Wie selig ist die Gewissheit, dass Alles was uns widerfährt, von Ihm bestimmt ist; dass kein Zufall Seine Pläne vereiteln kann; dass der Weg, auf welchem Er uns führt, nicht allein ein rechter Weg, sondern trotz allen seinen Dornen und Stacheln, seinen Tränen und Schmerzen, der richtige Weg ist!
Die Folge eines solchen Sich Verlassens auf den Herrn, ist ein tiefer, bleibender Frieden; irgend eine Störung wird nur die Oberfläche desselben berühren, weiter kann sie nicht eindringen. Die Oberfläche des Meeres allein wird vom Sturm bewegt; in der Tiefe herrscht die vollkommenste Windstille. Also du erhältst stets Frieden nach gewisser Zusage, dem der sich verlässt auf dich!
Der Herr ist mein Hirte, mir wird Nichts mangeln. Ich will gleich zufrieden sein, ob Er nimmt oder gibt. Ich kann jener Liebe nicht durch einen Schatten des Zweifels Unrecht tun! Er Selbst hat mir das Pfand Seiner unveränderlichen Treue gegeben, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen! Oft gibt es irdische Leiden, die schwer zu tragen sind, die lieblose Anklage, wo sie am Wenigsten verdient oder erwartet war, die Entfremdung vertrauter Freunde, das Misslingen lang gehegter Hoffnungen, das Scheitern geliebter Pläne, die Zerstörung geplanter Segenswirkungen, der Kürbis, vom Wurm zerfressen und verdorrend. Befehl deine Sache und deine Wege dem Herrn! Wir ahnen nicht die Liebe, die sich hinter dem rauen Sturmwind verbirgt; welche Notwendigkeiten die Flügel des Unwetters verhüllen! Alles ist gut, weil Alles von Ihm kommt. Ereignisse sind Gottes, sagt jemand; lasst Ihn, der Alles leitet, am Steuerruder sitzen!
Christ! blicke zurück auf deinen Lebensweg. Wie wunderbar bist du geführt worden, deine Befürchtungen vereitelt, deine Hoffnungen erfüllt. Glaubst du in der nebelumhüllten Zukunft ein dich erwartendes Unheil zu erkennen? Erschwere nicht, die Leiden des heutigen Tages, indem du die des morgenden vorempfindest. Überlasse Ihm die Zukunft, Der verheißen hat, wenn ihr Alle eure Sorge werft auf Ihn, für euch zu sorgen. Keine Prüfung wird größer sein, als du zu tragen vermagst. Aus der dunkelsten Wolke wird Seine Stimme ertönen: Seid stille und erkennt, dass Ich Gott bin!
Mein Vater! Mit diesem Worte kannst du die Schulter jedem Joche darbieten; wie vor Alters dem Volke Israel wird Er dir die Wogen, die dir jetzt so drohend erscheinen, zu einer Mauer zur Rechten und zur Linken machen! Sei stille dem Herrn und warte auf Ihn. Gedenke an Ihn in allen deinen Wegen, so wird Er dich recht führen! (John Ross MacDuff)
Welcher nicht wiederschalt, da Er gescholten ward.
Welch einen Hang hat das natürliche Herz zum Nachtragen und zur Wiedervergeltung! Wie widerstrebt es dem natürlichen Gefühle, einschneidenden Schmähungen und unverdientem Unrecht mit dem göttlichen Lehrsatz zu begegnen, Überwinde das Böse mit Gutem! In den letzten Stunden der Erniedrigung, als der Heiland stumm und ohne Widerspruch wie ein Lamm vor seinen Scherern stand, offenbarte dieser Charakterzug sich am wunderbarsten in ihm. Doch auch in den gewöhnlicheren und weniger bedeutenden Ereignissen Seines Lebens tritt derselbe auf das Hellste zu unserer Nachahmung hervor.
Als Er in Galiläa mit Nathanael zusammentraf, fand Er diesen an dem Vorurteil festhaltend, Was kann von Nazareth Gutes kommen? Unbeachtet lässt der Heiland die harte Bemerkung vorübergehen; die ungerechte Voraussetzung übersehend, weist Er vielmehr auf seinen besten Charakterzug hin: Siehe, ein rechter Israeliter, in welchem kein Falsch ist! Er erscheint nach Seiner Auferstehung Seinen Jüngern. Sie waren tief beschämt und mögen wohl bange gewesen sein, dem Blicke beleidigter Güte zu begegnen; Er aber spricht: Friede sei mit euch! Petrus war vor Allen derjenige, welcher die größte Ursache hatte, entfremdete Blicke und scheltende Worte zu befürchten; doch ihm wird eine besondere Botschaft zugesandt, um seine Befürchtungen zu stillen und ihm zu versichern, dass das Herz, welches er so tief verwundet, keine Entfremdung kenne. - Geht hin und sagt es Seinen Jüngern und Petro! Selbst als Judas sich seinem Herrn zuerst als Verräter kundtat, glauben wir, dass Jesus ihn nicht in bitterer Ironie oder als Verweis, sondern in mitleidiger Zärtlichkeit anredete, „Mein Freund, warum bist du gekommen?“
Tränen und Gebete waren Seine einzige Rache über die Stadt und den Schauplatz Seiner Tötung. „Anheben zu Jerusalem,“ das war die letzte Ermahnung eines Geistes, der nicht von dieser Welt war, ein vielbedeutendes Zeugnis, dass das Herz, aus welchem dieses Wort kam, keine Wiedervergeltung kannte.
Mehr denn einer Seiner Jünger scheint diesen Sinn Jesu in sich aufgenommen zu haben. Dem Tode Stephanus, sagt Augustin, verdanken wir den Apostel Paulus; - und steinigten Stephanum - er kniete aber nieder und schrie laut: Herr behalte ihnen diese Sünde nicht! Sehen wir auf ein anderes Beispiel: der große Apostel der Heiden sah sich zu Seinem Schmerze genötigt, Petro vor der ganzen Gemeine einen Verweis zu erteilen und er zeichnet diesen Verweis in einer seiner Episteln auf; wodurch derselbe jedem Zeitalter als ein demütigendes und bleibendes Zeugnis der schwankenden Unbeständigkeit seines Mitarbeiters überliefert werden sollte. Petrus muss ohne Zweifel das Schmerzhafte dieser Strafe tief empfunden haben. Nimmt er es übel auf? Lange nachher zeichnet auch er in einer seiner eigenen Episteln eine Bemerkung über seinen Verweiser auf, doch es ist dieser liebe Bruder Paulus!
Leser! wenn du versucht bist das harte Wort oder die schneidende, übereilte Antwort auszusprechen, so halte dieselbe mit der Frage zurück: Hätte mein Heiland diese Antwort erteilt? Sind deine Mitmenschen unfreundlich, unbedachtsam, undankbar, so befehle die Sache dem Herrn. Sprich nur im Ge bete von den Fehlern Anderer, hege mehr Schmerz um die Sünde der Tadelsüchtigen und Lieblosen als um das dir erwiesene Unrecht! Kein solches Wort sollte sich in der Sprache des Christen befinden! Nachtragen! Wenn ich also gegen meinen Bruder gesinnt wäre, wie könnte ich ihm im Himmel begegnen? Ihr aber habt Christum nicht also gelernt. (John Ross MacDuff)