Jakobus 5,12

Andachten

Es sei aber euer Wort: Ja, das Ja ist, und Nein, das Nein ist, auf dass ihr nicht in Heuchelei fallt.
Wollt ihr etwas bejahen, meint Jakobus, so lass es bei einem ja genug sein; wollt ihr etwas verneinen, so sei es mit einem einfachen nein! Das kann er freilich nicht so meinen, als ob jedes Wort, welches über die einfache Bejahung oder Verneinung hinausgeht, eine Sünde wäre. Gäbe es in der Welt nicht Misstrauen, Unglauben, Lüge, so reichte freilich die einfachste und schlichteste Rede allezeit aus; wie denn der Herr aus dem Grunde sagt: Was darüber ist, das ist vom Übel. Aber um des Übels, des Argen, in der Welt willen ist es oft unvermeidlich, die Wahrheit mit vielen und starken Worten zu bezeugen, wie es Gott selbst tut, um uns von dem Ernst seines Willens zu überführen, wie der Herr Jesus oftmals seine Rede beginnt: Wahrlich, ich sage euch, wie von Petrus gesagt wird: Auch mit vielen andern Worten bezeugte er usw. (Apostelg. 2, 40). Wo es die Ehre Gottes oder der Dienst der Liebe fordert, darf der Christ die Worte nicht sparen. Was wären das für Eltern oder Lehrer, die es sich verdrießen ließen, wo es nötig ist, dasselbe immer wieder mit den ernstlichsten Versicherungen und Ermahnungen zu wiederholen! Freilich, wie oft versehen Eltern es auch darin, dass sie es nicht einfach bei dem ja oder nein ihrer Rede lassen, und ihre Kinder gewöhnen, das gesprochene ja auch wirklich als ja, das nein als nein zu nehmen! Es soll die Rede eben nicht bloß schlicht und einfach, sondern auch treu und zuverlässig sein. Nicht, dass du eigensinnig an deinem Worte festhältst, auch wenn du inzwischen einsiehst, dass du unrecht geredet hast. Ist dein erstes ja oder nein übereilt, so sündigst du, wenn du ein zweites hinzufügst. Aber prüfe dein Wort, damit du es nicht unbesehen aussprichst, und dabei bleiben kannst, wenn du es gesprochen hast! Das ist das rechte Ja, welches Ja, und das rechte Nein, welches Nein ist, bei welchem wir weder in Heuchelei fallen, noch ins Gericht, vor welchem wir einst Rechenschaft geben müssen von einem jeglichen unnützen Worte, das wir geredet haben. Wahrheit gibt kurzen Bescheid; aber die Lüge macht viel Redens. Und wiederum: Wer viel schwatzt, lügt viel. Spr. 10, 19: Wo viel Worte sind, da geht es ohne Sünde nicht ab. Darum wäge nicht bloß deine Ware, sondern auch deine Worte! Lass deine Rede nicht gewisser sein, als deine Überzeugung, und wessen du nicht gewiss bist, das gib nicht für gewiss aus, auch wenn du darüber in Schaden kämest! In Summa: Rein ab mit der Lüge, in welcher Gestalt sie auch in dein Herz und über deine Lippen schleichen will, und ob die Welt darüber zu Grunde ginge! Was sich ohne Lüge nicht halten lässt, verdient nicht gehalten zu werden. So meinte es das Wort jenes frommen Kirchenlehrers: „Wenn die ganze Welt an einem Faden hinge, und dieser Faden wäre eine Lüge, ich aber hätte eine Schere, mit der ich ihn durchschneiden könnte, so wollte ich mich keinen Augenblick bedenken, es zu tun.“ Was daraus folgt, wenn du die Lüge sprichst, das hast du im Gericht zu verantworten; was aber daraus folgt, wenn du die Wahrheit redest und bei der Wahrheit verharrest und lässt dein Ja Ja und dein Nein Nein bleiben, dafür übernimmt ein Höherer als du die Verantwortung hier und einst im Gericht. Er bringt die Lügner um; aber den Aufrichtigen lässt er es gelingen, und wohl dem Menschen, in dessen Geist kein Falsch ist! (Friedrich Peter Ludwig Luger.)

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