Jakobus 1,6

Andachten

Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer da zweifelt, der ist gleich wie die Meereswoge, die vom Winde getrieben und geweht wird. Solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde. Ein Zweifler ist unbeständig in allen seinen Wegen.
Wer da zweifelt, der ist gleichwie die Meereswoge, die vom Winde getrieben und geweht wird. Von außen her treibt sie der Wind, sodann auch von innen und von unten her woget und wallet sie: so das zweifelnde Herz in seiner Zerstreuung zwischen dem Gebet, in seinen unruhigen Gedanken, die dann das einfältige: Gib mir! nicht zur Kraft des Bittens kommen lassen. Ein zweifelnder Beter hält vor Gott nicht still mit Herz und Hand, Gott kann ihm darum seine Gabe nicht hineinlegen: das ist der erste Grund. Und ein zweiter kommt allerdings hinzu: der große Gott will auch denen, die ihn so verunehren mit Zweifel vor seinem Angesicht, nicht geben. Solcher Mensch denke darum nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen. werde! Denn die Ehre wenigstens will der überreiche Geber von uns haben, dass wir seiner Liebe trauen, wenn wir sie begehren. Vom Glauben gilt im vollsten Sinne sein Wort: Wer mich ehrt, den will ich auch ehren! wie vom Unglauben das andere daneben: Wer aber mich verachtet, der soll wieder verachtet werden! (1. Sam. 2, 30). Endlich fügt Jakobus noch ein drittes hinzu: sogar wenn Gott, den Zweifel vergebend, im Überschwung der Güte seltsam Menschen etwas gibt - es wird ihm doch so gut als nicht gegeben sein, er wird das Empfangene nicht halten und bewahren. Denn ein Zweifler, eigentlich ein wankelmütiger, geteilter, doppelherziger Mann ist unbeständig in allen seinen Wegen. Da gilt Sirachs derbe Rede: Des Narren Herz ist wie ein Topf, der da rinnet, und kann keine Lehre, keine von Gott gegebene Weisheit halten (Sir. 21, 15). Was mit und aus Zweifel erlangt ist, geht auch im Zweifel wieder verloren; aber aus Glauben in Glauben geht's mit dem rechten Empfangen und Behalten in Beständigkeit. Wird uns nun etwa dadurch aller Trost der freundlichen Verheißung wieder genommen? Das sei ferne! Wir sollen darum nicht bange werden und alles Bitten aufgeben, weil noch Zweifel uns anficht. Jakobus redet offenbar nur vom herrschenden, in der Seele des Beters vorgehenden Glauben oder Zweifeln: wenn unser Glaube, der da bittet, nur nicht zweifelt, dann mag immerhin das schwache Herz sonst noch angefochten sein. Der treue Vater verlangt ja von seinen Kindern die Vollkommenheit nicht schon, ehe sie gerade auf dem Wege des Bittens dazu durchgedrungen sind. Er erhört nicht bloß den starken Glauben, sondern jeder wirkliche Glaube gilt auch, was er ist, als Glaube vor ihm. Darum fange du nur dreist an und fahre noch dreister fort, dich in den Glauben hinein zu beten, mit deinem bisschen Glauben wider den Zweifel, dem du ja damit widersprichst, dass er auch dir nicht gelten soll, anzugehen. Das ist die Kunst des gläubigen Bittens, die wollen wir lernen in beständiger Übung, so wollen wir bitten von Gott um alles, was uns mangelt, vornehmlich um Weisheit, und wieder sonderlich um die Weisheit für die Anfechtung, so wird uns gegeben werden je mehr und mehr, was eitel Freude schafft. (Rudolf Stier)

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