Der HErr wird mich erlösen von allem Übel, und wird mir aushelfen zu Seinem himmlischen Reich, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Paulus schrieb dieses mit einer innerlichen Zufriedenheit seines Herzens, da er seinen nahen Tod vor sich sah, wie er denn 2 Tim. 4,6. schrieb: ich werde jetzt durch einen blutigen Tod geopfert, und die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden. In der Aussicht auf dieses Abscheiden sagte er also: der HErr wird mich erlösen von allem Übel, oder von allem bösen Handel. Böse Händel oder leidige Begebenheiten hatten den Paulus vorher immer verfolgt, und auch in diesem seinem letzten Brief klagte er Kap. 4,16.: in meiner ersten Verantwortung stand Niemand bei mir, sondern sie verließen mich Alle. V. 14.: Alexander der Schmied hat mir viel Böses bewiesen. V. 10.: Demas hat mich verlassen, und diese Welt lieb gewonnen; und Kap. 2,16.17.: das ungeistliche lose Geschwätz der Verführer frisst um sich wie ein Krebs. Alle diese Begebenheiten waren leidig und kränkend: nun, sagte aber Paulus, wird mich der HErr von diesem Allem erlösen, nun werde ich bald nichts Kränkendes mehr sehen und hören; nun haben auch die Arbeiten, die Schläge, die mühsamen Reisen, die Fährlichkeiten und alle die Schwachheiten ein Ende, die ich 2 Kor. 11. genannt habe; nun werde ich bald keine Ketten mehr tragen, bald keinen gottlosen Wächter und keinen ungerechten Richter mehr vor mir sehen, aber auch keine Sünde mehr in mir fühlen. Der HErr wird mich erlösen von allem Übel. Er wird mir aber zugleich aushelfen zu Seinem himmlischen Reich. Wo kein Übel ist, wo Friede und Freude herrschen, wo es heilig und herrlich zugeht, dahin wird Er mir aushelfen, und mir meinen Platz da anweisen. Ihm sei Ehre in Ewigkeit, weil Er den Seinigen eine solche Erlösung und eine solche Aufnahme in Sein himmlisches Reich bereitet hat. Hat sich nun der sterbende Paulus mit diesen Worten, wie auch mit denen, die Kap. 4,7.8. stehen, selber gleichsam patentiert, so sollen wir uns befleißen, in unserem Glauben auch so weit fortzurücken, dass wir ihm seine Worte ohne Heuchelei nachsprechen können, weil doch in denselben kein apostolisches Vorrecht, sondern ein Bekenntnis der Hoffnung, welche alle Kinder Gottes haben sollen, enthalten ist. Zur Zeit unserer Kindheit und Jugend war die Zeit für uns eine gute Zeit, weil uns von den leidigen Händeln, die darin vorgingen, wenig berührte: je älter wir aber werden, desto mehr erkennen und fühlen wir, dass die Zeit böse sei, und die leidigen Begebenheiten, die in dem Lehr-, Wehr- und Nährstand vorkommen, berühren unsere Seelen immer mehr. Ist es nun einem Christen zu verargen, wenn er mit einer Zufriedenheit, ja mit einer Sehnsucht sagt: der HErr wird mich erlösen von allem Übel usw.? Dieses Bekenntnis seiner Hoffnung steht ihm wohl an; doch muss eine harrende Geduld dabei sein. Paulus hatte viele Jahre vor seinem Ende ein Verlangen, bei dem HErrn daheim zu sein, 2 Kor. 5,8., dachte bei seiner Reise nach Jerusalem an die Vollendung seines Laufs, Ap. Gesch. 20,24., und hatte hernach in seiner ersten Gefangenschaft Lust, abzuscheiden, Phil. 1,23. Endlich aber kam das rechte Nun oder die rechte Zeit dazu, 2 Tim. 4,6. Diese Zeit hatte er geduldig erwartet: sie kam ihm aber auch alsdann nicht zu bald. (Magnus Friedrich Roos)
“Zu seinem himmlischen Reich.“
Jene Stadt des großen Königs ist eine Stätte tätigen Gottesdienstes. Erlöste Geister dienen Ihm Tag und Nacht in Seinem Tempel. Sie tun unaufhörlich Alles, was ihrem König wohlgefällt. Sie „ruhen“ immer, denn sie haben keine Sorgen und Unruhe mehr; aber sie „ruhen“ nimmer, denn untätig und müßig sind sie nie. Das Jerusalem mit den goldenen Gassen ist die Stätte der Gemeinschaft mit allen Kindern Gottes. Wir werden sitzen mit Abraham, Isaak und mit Jakob in ewiger Freundschaft und Liebe. Wir werden herrliche Dinge reden mit der edlen Schar der Auserwählten, und herrschen mit Dem, der sie mit Seiner Liebe und mit Seinem mächtigen Arm bewahrt und zu Sich heimgenommen hat. Wir werden mit unsern Liedern nicht vereinsamt sein, sondern mit großem Schalle werden wir unsern König lobpreisen.
Der Himmel ist eine Stätte des vollendeten Triumphs. Wo du immer einen Sieg über deine Lüste und Begierden errungen hast, lieber Christ, wo du immer nach hartem Streit eine Versuchung tot zu deinen Füßen niedergestreckt hast, hast du in demselben Augenblick einen Vorschmack gewonnen von der Freude, die deiner wartet, wenn der Herr in einer Kürze den Satan unter deine Füße treten wird, und du wirst in allem dem weit überwinden, um Des willen, der uns geliebt hat.
Das Paradies ist eine Stätte des sichersten Schutzes. Wenn du dich der völligsten Zuversicht des Glaubens erfreust, so besitzt du ein Pfand jener herrlichen Sicherheit, die du wirst zu genießen haben, wenn du einmal ein vollendeter Bürger des himmlischen Jerusalem bist. De meine liebliche Heimat, Jerusalem, du herrlicher Friedenshafen meiner Seele! Dank sei jetzt schon Dem, dessen liebe mich die Sehnsucht nach dir lehrt; aber mein Dank soll sich zum Jubel steigern, wenn ich dereinst dich besitze.
Jerusalem, du hochgebaute Stadt,
Wollt Gott ich wär' in dir!
Mein sehnend Herz so groß Verlangen hat
Und reißt sich los von hier.
Weit über Tal und Hügel,
Weit über Flur und Feld,
Schwingt es die Glaubensflügel
Und eilt aus dieser Welt.“ (Charles Haddon Spurgeon)