Christus hat getötet die Feindschaft durch Sich selbst, und ist gekommen, hat verkündigt im Evangelio den Frieden.
Es ist ein teurer kostbarer Friede, der durch das Blut des Sohnes Gottes erkauft worden ist, aber auch ein wichtiger Friede, dessen selige und erfreuliche Folgen für Millionen von Menschen sich in unausdenkliche Ewigkeiten hinaus erstrecken! Das gerechte Missfallen des heiligen Gottes an Seinen abtrünnigen Geschöpfen, und die bittere Feindschaft der sündhaften Menschen gegen ihren heiligen Schöpfer und HErrn, - beides hat der unvergleichliche Mittler durch Sein blutiges Versühnopfer am Kreuz getilgt, und eben damit nicht nur zwischen Juden und Heiden, sondern zwischen Gott und Menschen Frieden gemacht. Er hat aber auch selbst, in eigener höchster Person, diesen Frieden verkündigt oder feierlich publiziert, nachdem Er von den Toten auferstanden war, und sodann durch Seine Apostel, nach Seiner Himmelfahrt, noch weiter ausgebreitet. Denn das ist der eigentliche Inhalt des Evangelii, das Er aller Kreatur zu predigen befohlen hat, dass durch Seinen Namen Vergebung der Sünden empfangen sollten Alle, die an Ihn glauben.
Nicht im Gesetz, insofern es uns Pflichten vorschreibt, und bei Strafe des Todes und der Verdammnis von uns fordert, - sondern im Evangelio, das von der vollgültigen Versühnungskraft des Todes Jesu handelt, ist der Friede verkündigt, der das Herz des Sünders, der sein Elend fühlt, beruhigen kann. Wen also seine Sündenschulden kränken; wer sich darüber bekümmert, dass er dem Allmächtigen auf tausend Fragen, warum er dies und jenes getan oder unterlassen habe, nicht Eine ohne Beschämung und Errötung beantworten könne; wer es der Stimme seines – durch das Gesetz aufgebrachten Gewissens zugesteht, dass er nicht Gnade und Wohlwollen Gottes, sondern Zorn und Strafe verdient habe; wer die stolze Einbildung, als könnte er durch eigene Tugendübungen die Anklagen, welche das Gesetz wider ihn aufzubringen weiß, ausgleichen, gutwillig fahren lässt, und seinen Mund, als ein überzeugter Übeltäter, vor Gott in den Staub legt: - nun der soll wissen, dass ohne sein Zutun alle seine Sündenschulden getilgt und abgetan sind, und dass er nicht erst durch sein Wohlverhalten, nicht durch seine Bekehrung und daraus erfolgende Besserung, nicht durch seinen Fleiß in der Gottseligkeit den Grund zu seine Begnadigung legen dürfe. Nein! er ist schon gelegt. Die durch meine Übertretungen und Abweichungen geschmälerten Rechte der Gottheit dürfen nicht erst durch mich selbst und durch meine Wirksamkeit im Guten befriedigt werden: sie sind schon zum Voraus befriedigt, und es ist ihnen durch das blutige Opfer des Leibes Christi eine vollkommene Genüge geschehen. Nur soll ich das in Demut erkennen und meinen unvergleichlichen Bürgen die Ehre lassen, die Ihm gebührt; mit beschämter Dankbarkeit soll ich die unverdiente Begnadigung suchen und annehmen, die mir durch Ihn so sauer erworben und erstritten worden ist. Wenn ich mich dazu bringen lasse, so wird auf der einen Seite Ruhe des Gewissens, und Friede mit Gott, das ist Versicherung Seiner Gnade, in meinem Herzen entstehen; auf der andern Seite aber wird sich, eben darum, weil ich die freie Erbarmung Gottes in Christo Jesu gegen mich zu schätzen weiß, ein ernsthafter Krieg und Streit gegen Alles, was meinem höchsten Wohltäter zuwider ist, in mir erheben, der sich nicht eher endigen kann, als bis ich in der Siegeskraft meines Erlösers durch die stufenweise fortgehende Ertötung des Fleisches, das sich dem Geist widersetzen will, zur vollkommenen Freiheit werde durchgebrochen sein. (Magnus Friedrich Roos)