2. Korinther 6,10

Andachten

“als die Traurigen, aber allezeit fröhlich.“
Wenn alles gut und glatt geht, sprechen auch viele Anfänger im Christentum solche große Worte dem Apostel ziemlich gedankenlos nach. Sobald etwas in ihrem leiblichen Befinden oder sonst im irdischen Ergehen drückt, werden sie kleinlaut, und wenn noch eine wirkliche Anfechtung oder eine längere Leidenszeit über sie kommt, dann klagen sie nach derselben Melodie wie die Weltmenschen. Es gehört schon mehr Erfahrung und mehr Glauben dazu, jeder der beiden Seiten dieses Wortes ihren inneren vollen Ton abzugewinnen. Traurige, die einen ständigen Grund haben; denn der Schmerz über eigene und fremde Sünde ist keine Augenblicksstimmung, sondern der dunkle Hintergrund, der uns nicht mehr verlässt, solange wir auf Erden bleiben. Man braucht nur diese Saite anzurühren, so klirrt sie leise mit in alles sonstige Erleben hinein. Daneben allezeit der Freudengrund der Erlösung - die starke Hoffnung auf das völlige zukünftige Heil - der Ton schlummert auch in der einen Saite unseres inneren Lebens und braucht nur gestreift zu werden, so klingt er hell hinein und schafft einen Wechsel der Stimmung. Regen bei Sonnenschein. Und der Sonnenschein wird zuletzt siegen.

Du, Herr Jesus, bist unserer Seele Sonnenschein! Es ist dir ein Kleines, unser trauerndes Herz froh zu machen. Wie du willst, so soll's sein; wir sind dein, zum Dienst bereit in Tränen oder Jauchzen. Dein Name sei gepriesen! Amen. (Samuel Keller)


“als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts innehaben, und doch alles haben.“
„Gold und Silber habe ich nicht, was ich aber habe, gebe ich dir“ - mit solchen Worten leitete Petrus die Heilung des Lahmen ein. „Was ich aber habe“ - ja, darauf kommt's an, dass man das hat; nämlich die Kraft Christi. Ob's zum Heilen körperlicher Leiden sein soll (was auch vorkommt), oder zur Überwindung von Sünde, Stählung des Willens, Stiftung des Friedens in den Häusern oder Rettung verlorener Söhne und Töchter - die Kraft Christi, die Gabe seines Lebens ist es, wodurch sich unser Reichtum von jedem andern unterscheidet. Anzusehen ist den unscheinbaren Jüngern Jesu davon nichts Die Welt spottet über ihre Armseligkeit; sie aber gehen als die Glücklich-Besitzenden lächelnd mitten durch die Masse der Spötter; wissen sie es doch: „Wir sind reicher als ihr alle! Was kein Wissen und kein Gold von dieser Welt ersetzen kann, ist unser Eigentum.“ Bei plötzlichen Unglücksfällen und an Sterbebetten kommt's an den Tag, was dieser Reichtum bedeutet. Dann können diese Armen doch noch viele reich machen. Ein Reicher von dieser Welt kann keinen andern Menschen wirklich reich machen, ohne dadurch selbst ärmer zu werden. Bei uns verdoppelt sich die Habe durch jede ausgestreute Gabe. Wer Jesus hat, der hat alles.

Darum sollst du, Herr Jesus, uns immer besser in deine Hände bekommen. Denn dann haben wir mehr von dir und dadurch können wir immer mehr von dir weggeben. Nimm uns und gib dich uns! Amen. (Samuel Keller)

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