Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtlichen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet, sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen: Abba lieber Vater! Derselbige Geist gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.
Wie gibt denn der heilige Geist Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind? Es kommen ja Stunden der Schwachheit und des Kleinglaubens, dass es uns in dem Bewusstsein unserer Sündhaftigkeit und unserer immer noch wiederkehrenden Sündenworte, Sündenwerke und Sündenlüste schwer fällt, uns als Kinder Gottes anzusehen eben wegen der immer anklebenden Sünde; denn so sollte es doch billig nicht sein bei einem Kinde Gottes, spricht unser zagendes Herz! Da sollte uns freilich schon das trösten, wenn wir in den irdischen Verhältnissen wahrnehmen, dass ein Vater darum nicht aufhört, sein Kind als sein Kind anzusehen, weil es hier und da noch irrt und fehlt und den Vater betrübt. Der Vater sieht, dass das aus Schwachheit geschieht und nicht aus Bosheit und mutwilligem Ungehorsam, und spricht: es ist doch mein Kind, wenn auch ein irrendes und fehlendes Kind. Das Kind ist ja nicht des Vaters Kind durch sein Wohlverhalten, sondern durch seine Geburt. Also gibt nun auch der heilige Geist Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind durch unsere Wiedergeburt in der heiligen Taufe, durch die Predigt des göttlichen Worts, in welcher wir allezeit des Vaters Stimme vernehmen, durch die Absolution in der Beichte, wodurch uns der Vater unsere Sünden vergibt, durch den Genuss des heiligen Abendmahls, wodurch uns der Vater mit dem Fleisch und Blut seines Sohnes speiset und tränket und uns bezeugt, dass wir Gottes Kinder sind, indem er uns zu seinem väterlichen Tische zulässt. Und weiter bezeugt der heilige Geist unserm Geiste und spricht: du kämpfest ja gegen die Sünde, du hassest ja die Sünde, du hast ja bitteren Schmerz im Herzen, wenn dich die Sünde übereilt hat, du freuest dich ja, die Sünde zu überwinden und zu tun, was Gott dir sagt in seinem Worte, ja du leidest ja willig und gern um deines Gottes und Heilandes willen, und vor allen Dingen, du betest ja zu deinem Gott in deiner Freude und in deinem Leid, in deiner Schwachheit und in deiner Sünde, du jubelst und dankest deinem Gott über die Vergebung der Sünde, du kannst und magst ohne deinen Gott nicht aufstehen und nicht zu Bette gehen. Woher kommt denn dies alles? Weil die Liebe Gottes ausgegossen ist in dein Herz durch den heiligen Geist, weil du ein Kind Gottes bist, freilich ein irrendes, ein fehlendes, ein schwaches Kind, aber immer doch ein Kind Gottes, das da rufet: Abba, lieber Vater! So gehe nur getrost weiter, ein Vater verlässt sein Kind nicht, und ein Kind kann seinen Vater nicht missen. Hier ist unser Wissen Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk, das Stückwerk aber wird aufhören, wenn das Vollkommene erscheinen wird, da wirst du ihn erkennen, gleichwie du von ihm erkannt bist: Er dein Vater, du sein Kind. (Ludwig Harms)