Die wir der Sünde abgestorben sind, wie sollten wir ferner in ihr leben?
Durch ein Opfer sind die Kinder Gottes das geworden, was sie sind; Opfer sollen nun auch sie darbringen. Christus hat sich selbst geopfert für Seinen Leib, welcher ist die Gemeinde. Durch dieses Opfer sind wir erlöst und geheiligt. Das Opfer des Leibes Jesu Christi ist die einzige Bürgschaft unserer Seligkeit. Wer das erkennt und erfasst, der kann es verstehen, dass der Gottesdienst der bluterkauften Schar nur dann ein vernünftiger ist, wenn die Leiber der Erlösten ein lebendiges Opfer sind. Die Verbindung mit dem für uns gekreuzigten Herrn gestattet es nicht, dass unser Leib ferner noch ein Leib der Sünde sei. Der hat auf den kostbaren Christennamen kein Anrecht, der nur mit Gebräuchen und Formen und nur mit dem Munde Gott dienen will, dabei in seinen Sünden verharrt. Zur Erlösung auch unseres Leibes und der ganzen Körperwelt gab der allein Heilige Seinen reinen, unbefleckten Leib zum Opfer dar. Sind wir nun der Sünde gestorben in Ihm, wie sollten wir noch in der Sünde leben wollen? Erst dann hast du das Opfer auf Golgatha im Glauben erfasst, wenn du dich durch dieses Opfer losgemacht hast von der Sünde. Du darfst und kannst deinen Leib künftighin nicht mehr beschweren durch Essen und Trinken, durch Schwelgerei und Üppigkeit. Auch darfst und kannst du ihn nicht mehr durch Wollust, Unzucht und Fleischeslust verderben. Du wirst ebenso nicht mehr wollen, dass dein Leib durch Zungensünden entweiht wird; durch Eitelkeit, Kleiderpracht, durch Gedanken und Gebärden wirst du deinen Nächsten nicht mehr zur Sünde reizen wollen, denn du gehörst nun Gott an mit Leib, Seele und Geist. (Markus Hauser)
Wie sollen wir in der Sünde wollen leben, der wir abgestorben sind? Nun juble, Herz! Kannst du dir Herrlicheres denken oder Größeres begehren? Abgestorben sein für deine Sünde, tot, also unerreichbar und unberührbar sein für deinen gottlosen und boshaften Willen und unbeweglich für die an dir zerrende Zuckung deiner falschen Begehrung, welch ein Geschenk ist das, welche Erweisung der göttlichen Gnade, so groß, dass du nie genugsam danken kannst! Schon das war ein großes Geschenk, als das Gesetz Gottes zu dir kam und dich von deiner Sünde schied, so dass du sagen durftest: was ich nicht will, das tue ich, und vollbringe, was ich hasse. Aber das war nach ein schwerer Stand, ein Elend, die Lage des ermüdeten Wanderers, der nach einem fernen Ziel strebt. Nun aber tot sein für das Böse, das ist Erlösung, das ist Freiheit und Neuheit des Lebens an Stelle deiner Erstorbenheit. Gibt es das? Wenn ich mich selbst studiere, kann ich das nicht finden. Meine Sünde ist nicht tot, weder die alte, die einst geschah, deren Folgen nachwirken, noch die kommende, die mich heut und morgen in Gedanken, Worten und Werken schuldig macht. Allein davon, dass meine Sünde gestorben sei, sagt das Wort des Paulus nichts. Er kann mir nicht sagen: deine Sünde ist tot, weil er den Zusammenhang zwischen der Sünde und der Natur nicht verhüllt. Was er uns dadurch sagt, dass er uns „Fleisch“ nennt, kann ich nicht von mir wegschütteln. Das bin ich und mit dem Fleisch ist jene Begehrlichkeit in mir vorhanden, die das Gesetz verdammt, weil sie nur nah dem greift, was mir selber schmeckt und nützt und nicht nach Gottes Willen fragt. Du, sagt mir Paulus, bist der Sünde gestorben. Denn Christus ist gestorben und sein Kreuz ist das Ende nicht nur der Strafe, nicht nur der Hölle, nicht nur des Zorns, sondern des Sündigens. Du kannst nicht von der Strafe frei werden, wenn du nicht vom Sündigen loskommst. Soll ich sagen, das sei eine Verheißung? O nimm es auch als Verheißung in deine Seele hinein. Eine Verheißung zu haben und erst noch eine solche, die dir den Tod für deine Sünde verspricht, ist eine große Sache. Aber ganz habe ich das Wort des Paulus noch nicht gefasst, wenn ich es nur in die Zukunft lege, etwa erst in jene Stunde, da mir der Tod den Leib zerbricht und das Leben an einem neuen Ort den neuen Anfang bekommt. Denn Paulus beschreibt mir Christus und sein Werk nicht nur als zukünftig. Er ist auch gegenwärtig und er ist dies in der Kraft seines Kreuzes mit seiner Heilandsmacht, durch die er für unsere Sünde gestorben ist. Indem der mich zu sich nimmt und mir das gibt, was er wirkt, tritt sein Tod mit seiner Segensmacht in mein Leben hinein und die selige Frucht dieses meines Anteils an seinem Tod ist, dass ich für die Sünde tot geworden bin. Nun habe ich mich an Christus angeschlossen und bin von ihm gehalten und bewegt, und weil das etwas ganz anderes ist als meine Natur und etwas ganz anderes als mein natürliches Begehren, darum steht nun zwischen mir und meiner Sünde eine starke, sichere Scheidewand.
Was ich bin, darf nicht bleiben; es muss sterben und es wurde in den Tod gegeben, als Du, Herr Christus, Dein Kreuz getragen hast. Von Dir her kommt der neue Anfang meines Lebens auf Grund der gerichteten Sünde, auf Grund der vergebenen Schuld, auf Grund der ins Grab gelegten Natur. Neu ist dieser Anfang, durch Dich bewirkt, in Deiner Gemeinschaft mit mir begründet, im Glauben empfangen. Amen. (Adolf Schlatter)