Römer 5,3

Andachten

Wir rühmen uns auch der Trübsale.
Wenn wir sind gerecht geworden durch den Glauben, und Frieden mit Gott haben durch unseren Herrn Jesum Christ, so heißt es: „Wo bleibt nun der Ruhm? Er ist gar aus.“ Statt des Selbstruhms, der gar aus ist, rühmen wir uns Gottes, der Gnade, die uns widerfahren ist. Und der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll. In keiner Hinsicht aber zeigt sich's deutlicher, wie gar anders es nun mit uns geworden, und wie herzlich wir mit Gott versöhnt sind, als in Hinsicht der zeitlichen Trübsale. Diese Trübsale nicht bloß von der Hand Gottes ohne Unwillen und Widerwillen hinnehmen und mit Ergebung ertragen, sondern sie auch von Herzen gut heißen, ja sich ihrer rühmen, wie der Apostel Röm. 5,3. schreibt: „„wir rühmen uns auch der Trübsale!“ - das ist das sichere Zeichen eines durch den Glauben wahrhaft gerechtfertigten Herzens. Ist aber das Herz erst tüchtig und willig geworden, sich der Trübsale zu rühmen, so sieht man auch ein, warum die Trübsale es wert sind, dass man sich ihrer rühmt. Wieviel mehr würden wir an der Welt und ihrer Lust hängen, und wie viel weniger Herz und Sinn nach Oben richten; wenn die Übel dieses Lebens nicht ein Gegengewicht gegen die Welt und ihre Lust machten, wenn die Anfechtung uns nicht auf das Wort Gottes merken, und die Züchtigung uns beten lehrte! Wie schläfrig würden wir werden, wenn nicht bald dieser, bald jener Schlag uns zum Wecker würde! Wie leicht würden wir uns über unseren Zustand täuschen und meinen, es sähe gut bei uns aus; wenn Gott nicht ab und zu durch Trübsale mancherlei Art uns heim suchte, das heißt, Haussuchung bei uns hielte, nachsähe und nachfragte: „Wo ist nun euer Glaube und Vertrauen, eure Geduld und Ergebung, eure Willigkeit und Folgsamkeit?“ Wie könnte unser Glaube viel köstlicher erfunden werden als das vergängliche Gold, das durchs Feuer bewährt wird, wenn uns keine Hitze der Anfechtung widerführe, und wir nie in den Ofen des Elends müßten? Wie könnte unsere Liebe rein werden von den Schlacken der Selbstsucht und des Eigennutzes, und mächtig, feurige Kohlen auf des Feindes Haupt zu sammeln, wenn uns niemand unbillig feind wäre, niemand fluchte, beleidigte und verfolgte? Wie könnte unsere Hoffnung sich beweisen und bewähren, als Hoffnung auf den lebendigen Gott, deren Anker in das inwendige Heiligthum geht, wenn ihr niemals der Grund im Sichtbaren und Zeitlichen entzogen würde? Ja, die Trübsale sind's wohl wert, dass wir uns ihrer rühmen; dieweil wir wissen, dass Trübsal Geduld bringt, Geduld aber bringt Erfahrung, Erfahrung aber bringt Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zu Schanden werden. Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maße wichtige Herrlichkeit uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare; denn was sichtbar ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig. (Carl Johann Philipp Spitta)


Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, weil wir wissen, dass Trübsal Geduld bringt. Geduld aber bringt Bewährung. Bewährung aber bringt Hoffnung.
Paulus hat das Rühmen hinausgesperrt und seine verächtliche Hässlichkeit gründlich erkannt. Gerade deshalb war niemand des Rühmens so voll wie Paulus. Es gibt nichts, was ihn nicht stärkt. Überall empfängt er die Mehrung des Glaubens, die Erhebung der Seele zum Lob Gottes, vertiefte Anbetung, erhöhte Freude. Das bereitet ihm sogar der Druck, den der Widerstand der Menschen auf ihn legt. Wie peinlich war er! Er verengt seine Arbeit und umringt ihn mit einer Mauer, die ihn zu den Menschen kommen lässt. Trübsale, das sind bei ihm Synagogen, vor deren wildem Geschrei er weichen muss, Städte, die ihm ihre Tore verschließen, Beamte, die ihn misshandeln, ganz Israel, das sich mit einmütigem Hass gegen ihn empört. Wir würden schon dann staunen, wenn er nichts weiter täte, als dass er die Klage unterdrückte und die ihm auferlegte Last in stiller Ergebung trüge nach der Weise des Psalmisten, der zu seiner Seele sagte: „Was bist du so unruhig in mir, harre des Herrn.“ Paulus bleibt aber nie auf halbem Weg stehen, sondern ist immer entschieden und gewinnt an dem, was ihm widerfährt, nicht nur die Ergebung, sondern den Ruhm. Den natürlichen Bestand des Lebens bewahrt er dabei unversehrt und bereitet sich den Ruhm nicht durch seine Künstelei. Nicht deshalb rühmt er sich der Bedrängnis, weil sie ihn nicht drückt; vielmehr deshalb, weil sie Bedrängnis ist und ihn beständig mit peinlichen Schmerzen belädt, wird sie sein Ruhm. Er erprobt an der Wucht des gegen ihn geführten Stoßes die Festigkeit dessen, was Gott in ihm geschaffen hat. Verschließt sich ihm die Welt, so sieht er, dass er von ihr frei geworden ist. Widerstehen ihm die Menschen, so erfährt er, dass er im Christus lebt und mit seiner Kraft seine Arbeit tut. Er dachte aber nicht nur daran, dass ihm selbst und mit ihm allen denen, die mit ihm leiden, die Standhaftigkeit und Bewährung zuteil wird; denn er vergisst nicht, dass die Bedrängnis seine Arbeit hemmt und seinen Dienst verhindert. Dennoch wird sie ihm zum Grund des Ruhms, weil aus ihr die Hoffnung entsteht. Für sich hofft er, dass er als im Leiden bewährt des Reiches teilhaft werde und den Kranz der Gerechtigkeit empfange, jedoch nicht nur für sich, so dass er nur auf seine eigene Vollendung hoffte, sondern er denkt an Gottes große Ziele. Indem ihm aus der Tiefe der Schmerzen das große Hoffen mit verstärkter Kraft aufsteht, leuchtet über allen Hemmungen seiner Arbeit die Gewissheit: der Herr vollendet sein Werk.
Mir wird bange, wenn ich betrachte, was die Welt mir zeigt. In ihr ist viel Schreckliches zu sehen, viel Zerstörung, viel quälender Jammer, viel Teufelei. Was soll mir dieser Jammer geben? Die Hoffnung, Herr, heiliger Gott, die sich Deiner Verheißung freut. Du bist der Herr über allem Tumult des Menschen und vollbringst Deinen Willen. Das ist unser Ruhm. Amen. (Adolf Schlatter)


Dieweil wir wissen, dass Trübsal Geduld wirket.
Dies ist eine Verheißung dem Wesen nach, wenn nicht der Form nach. Wir haben Geduld nötig, und hier sehen wir den Weg, sie zu erlangen. Nur durch Erdulden lernen wir erdulden, eben wie die Menschen schwimmen durch Schwimmen lernen. Ihr könntet diese Kunst nicht auf dem trockenen Lande lernen und ebenso wenig Geduld lernen ohne Leiden. Ist es nicht der Mühe wert, Trübsal zu haben, um jenen schönen Gleichmut der Seele zu gewinnen, der sich ruhig in den Willen Gottes ergibt?

Dennoch spricht unser Text eine sonderbare Tatsache aus, die nicht der Natur gemäß, sondern übernatürlich ist. Die Trübsal wirkt an und für sich Ungeduld, Unglauben und Empörung. Nur durch die heilige Alchimie der Gnade wirkt sie Geduld in uns. Wir dreschen nicht den Weizen, um den Staub zu löschen, und doch tut der Flegel der Trübsal dies auf Gottes Tenne. Wir werfen nicht einen Menschen umher, um ihm Ruhe zu geben, doch der Herr verfährt so mit seinen Kindern. Wahrlich, dies ist nicht die Art der Menschen, gereicht aber sehr zur Ehre unsres allein weisen Gottes.

O, dass ich Gnade hätte, mir meine Prüfungen zum Segen werden zu lassen! Warum sollte ich wünschen, ihre gnadenvolle Wirkung aufzuhalten? Herr, ich bitte Dich, mein Leiden hinwegzunehmen, aber ich bitte Dich zehnmal mehr, meine Ungeduld hinwegzunehmen. Teurer Herr Jesus, grabe mit Deinem Kreuz das Bild Deiner Geduld auf mein Herz ein. (Charles Haddon Spurgeon)


Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, dieweil wir wissen, dass Trübsal Geduld bringt.
Wir rühmen uns auf Hoffnung der Herrlichkeit Gottes, sagte Paulus in Vers 2. Dass man das nur durch Gnade tun kann, haben wir schon gesehen. Man könnte nun sagen, dass es nicht zu verwundern sei, wenn man sich der Herrlichkeit Gottes rühme, denn Herrlichkeit wünscht jeder Mensch, wenn auch in verschiedener Weise. Würde sich die Hoffnung nicht erfüllen, so sei es doch eine schöne Hoffnung gewesen. So könnte etwa auch die Welt reden. Wenn aber Paulus hinzufügt: wir rühmen uns auch der Trübsale, so geht die Welt nicht mit, solchen Ruhm versteht sie nicht. Der natürliche Mensch will es gut haben, er flieht die Trübsal, er ist leidensscheu. Weil er nicht im Blick auf die Ewigkeit lebt, so lebt er für die Gegenwart, in der er es sich so bequem macht, als er kann. Die Schicksale des täglichen Lebens sind ihm nicht göttliche Fügung zur Erziehung, sondern das Ergebnis von allerlei Ursachen und er sucht daher allen Unangenehmen möglichst auszuweichen. Der Mensch, welcher in Christo Frieden mit Gott gefunden hat, im täglichen Genuss der Gnade Gottes steht, hat ein anderes Lebensziel, es ist die zukünftige Herrlichkeit Gottes. Er weiß, dass der Gott, der ihn durch Christum erlöst hat, und dem er angehört und lebt, die Liebe ist, und dass diese Liebe mit ewiger Weisheit seinen Lebensgang geordnet hat. Er sieht auch in den Trübsalen die erziehende Liebe Gottes, die auf allerlei Weise an ihm arbeitet, um ihn seiner ewigen Bestimmung entgegen zu führen. Also sieht er gerade auch im Leid einen Beweis, dass der Vater sich um ihn kümmert und rühmt sich dessen. Diese Erkenntnis hat ein gläubiger Mensch nicht durch seinen Verstand, sondern durch den heiligen Geist. Im Licht des Geistes sieht er eine direkte Frucht der Trübsal, die die Berechtigung zum Rühmen erweist, sie heißt Geduld oder Druntenbleiben. Ein Mensch, der in Gottes. Schule ausreifen will für die ewige Herrlichkeit muss lernen drunten zu bleiben, unter Allem, was der Herr ihm auflegt; er muss es. tragen, und bei diesem Tragen den immer völliger kennen lernen, dessen Joch sanft und dessen Last leicht ist. Bei diesem Drunten: bleiben und Tragen gewinnt man jenes priesterliche Herz, das der Welt Not und Leid auf das hohepriesterliche Herz Jesu legt.

Habe Dank o Vater! für die Trübsal. Ich habe sie nicht immer verstanden; aber ich bin Dein Schüler und will lernen. Amen. (Elias Schrenk)


Wir rühmen uns auch der Trübsale, dieweil wir wissen, dass Trübsal Geduld bringt; Geduld aber bringt Erfahrung; Erfahrung aber bringt Hoffnung; Hoffnung aber lässt nicht zu Schanden werden.
Trübsal bringt Geduld. Zuerst wollen wir gewöhnlich keine Geduld haben. Wir löcken wider den Stachel. Doch machen wir alle bald die Erfahrung, dass damit nichts gebessert ist. Endlich geben wir uns hin in Gottes Hand und sagen: „Herr, mache es mit mir nach deinem gnädigen Rat.“ Das ist eben Geduld.

Geduld aber bringt Erfahrung. Im Widerstreben und Toben lernen wir nichts. Wer mit Gott hadert, kommt nimmer zur Weisheit. So lange Hiob mit Gott hadert, folgt Torheit auf Torheit in seinen Reden. Seine Augen werden täglich düsterer. Er schaut hinauf und fraget: „Warum?“ Er bekommt keine Antwort. So du aber stille wirst und zuerst dein Kreuz nur in Demut trägst, wirst du bald wachsen in der Erfahrung und Weisheit. Du hast dann ein ruhiges Auge. Du siehst in dich hinein. Die Wege Gottes werden dir auch Schritt für Schritt offenbar. Du lernst die rechten Mittel, wie man dem Kreuz sein bitteres nehmen kann. Du merkst endlich, wie der erste stille Dulder am Kreuz sich aller solcher Dulder am ersten erbarmt. Und das ist die beste Erfahrung.

Erfahrung aber bringt Hoffnung. Wer ein Meer oft beschifft, der weiß auch, wann das feste Land bald kommt. Wer viel Trübsal in Demut und Geduld durchlebt hat, der weiß auch, dass Gott nicht ewig schlägt. Hat er dich aus sechs Trübsalen errettet: meinst du, dass er dich dann in der siebenten verlassen werde? Hat er dir in geistlichen Anfechtungen zur Seite gestanden und dich gerissen aus dem Strick des Verderbens: willst du dich dann nicht auch für leibliche Hilfe auf ihn verlassen? Bis hierher hat uns der Herr geholfen,“ sagt Samuel zu dem Volke Israel. Darauf gründet er denn die Hoffnung, dass er auch weiter helfen werde.

Und Hoffnung lässt nicht zuschanden werden. Auch Israel und Samuel sind nicht zuschanden geworden. Samuel hat noch den Hirtenknaben zum Könige salben dürfen, welcher dem Volke Ruhe schaffte von allen seinen Feinden. Und wir sollen in unserem Kreuze auch nimmer zuschanden werden. Setzt nur eure Hoffnung ganz auf das Kreuz, ganz auf die Gnade. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet. Alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünkt sie uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein. Danach aber wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die dadurch geübt sind. Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben. Es ist noch keiner zuschanden geworden, der seinem Herrn vertraut hat.

Wenn die Heimsuchung die Kinder der Welt in Missglauben, Verzweiflung und andere große Schande und Laster bringt, dann wird sie dem Christen eine Förderung im Heil. (Friedrich Ahlfeld.)

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