Gott hat in vergangenen Zeiten lassen alle Heiden wandeln ihre eigenen Wege.
Apostelgeschichte 14,16
Paulus war nicht überrascht, wenn er überall in allen Städten reges Treiben, fröhliche Feste, munteres Spiel und tüchtige Leistungen in mancherlei Künsten fand. Gott ließ, sagt er, die Völker ihre Wege durchwandern. Wandern lässt uns Gott und sperrt uns nicht in einen Kerker ein und macht aus der Natur nicht eine Höhle, in der wir begraben lägen. Freie Bahn bietet sie uns dar, Gelegenheit zum Wandern in ungemessene Fernen. Den Weg zu wählen steht uns frei. Es gibt der Wege viele. Du kannst den erproben, der dir gefällt. Was soll ich mir noch mehr wünschen? Ist das nicht Glück, dass ich mir einen Weg wähle, mir ihn bahne und ihn durchwandere, soweit meine Wanderlust mich führt? Glück ist das nur, solange mir Gott verborgen ist. Tritt er vor mich, dann wird es zur bitteren Pein, dass ich meine eigenen Wege gehen muss. Gott konnte uns aber auch dann nicht ganz verborgen sein, als wir ohne ihn unseren Weg wählten und ohne ihn wanderten. Gott ließ sie, sagt Paulus, ihre Wege gehen. Dass ich der muntere Wanderer bin, beweglich und wohlgerüstet zur Fahrt nach einem fernen Ziel, dass es für mich Wege gibt, gangbare und erfolgreiche, dass ich sie gehen kann nach meines Herzens Lust, das ist nicht mein eigener Erwerb. Kindisch wäre ich, meinte ich, ich finge mit nichts an und stellte den Boden, auf dem ich wandere, selbst her. Über meinen eigenen Wegen waltet ein Wille, der mich meine eigenen Wege gehen lässt. Aber auf meinen eigenen Wegen begleitet Gott mich nicht und macht sich nicht zu meinem Weggenossen. Das wollte ich ja auch nicht; es sollten ja meine eigenen Wege sein, und nun wird, wenn die Stunde kommt, in der Er mir begegnet, das, was mein Glück war, meine Not. Nun hasse ich die Frage: Welchen Weg ziehe ich vor? Welchen wähle ich mir aus? Denn nun erschallt die andere Frage in mir: muss ich denn immer nur meine eigenen Wege gehen? Paulus sagt: Die Zeiten sind vergangen, in denen es keine anderen Wege für euch gab als euere eigenen. Wann sind diese Zeiten vergangen? Damals als Jesus geboren ward, damals als der Menschheit ihr Herr gegeben wurde, damals, als über dem Kreuz Jesu die Inschrift prangte: Christus, euer König. In der Stunde, da mir gegeben ward, dass ich meinen Herrn erkenne, endete auch für mich die harte Notwendigkeit, meinen eigenen Weg zu gehen. Nun darf ich sagen: Herr, was ist dein Wille? Und das Ziel meines Lebens liegt nicht mehr in mir selbst, auch nicht in unserer Kultur und unserem Staat, sondern im Herrn und Seinem Reich.
Unsere Gedanken, Herr Gott, sind nicht Deine Gedanken und unsere Wege sind nicht Deine Wege. Schreibe mir das mit der kräftigen Schrift Deines Geistes in meine Seele, damit ich nicht meinen Willen für den Deinen halte, sondern Deiner Führung gehorsam sei. Amen. (Adolf Schlatter)