Johannes 6,37

Andachten

Alles, was Mir Mein Vater gibt, das kommt zu Mir, und wer zu Mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.
Vor dem Auge des Herrn steht die ganze Schar derer, welche zu ihm kommen und in ihm das Leben haben werden, als eine selige Gemeinde, als ein vom Vater ihm gegebenes vollendetes Ganzes da. Mit jedem Einzelnen, der vom Vater gegeben dem Sohne zufällt, wird eine Lücke mehr in der Vollzahl der von Ewigkeit her zur Seligkeit Versiegelten ausgefüllt. Es war des Heilandes herrlicher Trost mitten in seiner von vielen vereitelten Liebesarbeit, dass es dennoch, wie am Geben des Vaters, so am Kommen alles vom Vater Gegebenen nimmermehr fehlen soll, und dass die Schar der zu Christo gekommenen Seligen, wenn auch klein gegen die Masse der nicht zu ihm gekommenen Unseligen, doch an sich selber eine große Schar ist.

Nun fragst du: Gehöre ich zu dieser seligen Zahl der Auserwählten, welche der Vater dem Sohne gegeben hat von Ewigkeit und gibt in der Gnadenzeit? Wenn du zu Christo kommst, weil du zu ihm gezogen wirst vom Vater, so sei fröhlich gewiss: du bist ihm gegeben vom Vater. Grüble nicht über deine Erwählung in Gottes ewigem Ratschluss, zu welchem niemand kommen kann, sondern schaue deinen Herrn Jesum Christum an, wie den das Wort dir vormalt; durch ihn hindurch siehst du in Gottes väterliches Herz und allergeheimsten Rat. Der Sohn ist allen gegeben vom Vater; so will ihm wahrlich der Vater auch alle geben, und zwar so ernstlich, wie ernstlich er seinen lieben Sohn für alle dahingegeben hat. Er gibt ihm aber die, welche seine heilige Liebe geben kann, nämlich die, welche sich von ihm ziehen lassen und glauben. Glaubst du, überzeugt aus dem göttlichen Worte, dass du ein Sünder bist und Christus für dich der Sünder Heiland, dann lies mit Freuden und ewigem Trost deinen Namen im Buche des Lebens, hineingeschrieben mit dem Blute Jesu Christi, in welchem Gott uns erwählet hat, ehe der Welt Grund gelegt war. (Ephes. 1.4.) „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesum Christum, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen“ usw., Wer das mit bekennt aus Erfahrung, der schlägt allen Zweifel an seiner Seligkeit nieder.

Höre, was der Herr weiter spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“. Auch euch nicht, die ihr mich jetzt verachtet und betrübt durch euren Unglauben! Wer nur endlich noch kommt, der soll mich bereit finden; ich will nicht müde werden, euch zu lieben, und den Allerelendesten, der zu mir kommt, und käme er auch noch so schlecht gekrochen,“ den werde ich nicht hinausstoßen. Für dieses Wort haben unzählige Christen ihrem Herrn und Heilande schon auf den Knien gedankt; haben es ihm vorgehalten, wenn sie ach! so spät kamen, und so beladen mit Schuld, mit so vielen unbezahlten Gelübden, so leer von himmlischen Gütern und so voll von irdischen Lasten, so ohne alle Inbrunst des Geistes, so matt und flügellahm, nichts, nichts mit bringend als Sünde, als dies verderbte, schnöde, abtrünnige Herz! Du hast es gesagt, o Herr, wer zu dir komme, den werdest du nicht hinausstoßen. Zwar begreife ich nicht, wie du einen Menschen wie mich lieben und noch aufnehmen kannst, denn ich bin wert, dass du mich hinwegwiesest von deinem Angesicht; aber ich werfe mich hin auf dein Wort - ich komme, wie ich kommen kann, mein Jesus nimmt die Sünder an! (Friedrich Besser.)


In dem Spruch ist Dreierlei gesagt oder angedeutet, erstlich, dass, wer zum Heiland komme, Ihm vom Vater gegeben sei, sodann dass der, den der Vater liebe, auch wirklich komme, und endlich, dass der Heiland keinen der Art hinausstoße.

Besehen wir das Erste, so kann also nicht Jedermann zum Heiland kommen, sondern nur, den der Vater gibt. (Joh. 6,44). Der Vater muss es sein, der dazu treibt. Der natürliche Mensch, der rein alles mit seinen natürlichen Sinnen und Seinem natürlichen Verstande begreifen will, bekommt keinen Geschmack, dass ich so sage, am Heiland. Darum bleiben in der Regel die Klugen uns Weisen weg, wie der Heiland selber sagt, weil die nur mit ihrer natürlichen Weisheit und Klugheit dran gehen, wenn sie aufmerksam werden, und dann den Kopf schütteln. Sind sie aber etwa schon innerhalb der Gemeine durch Geburt, wie bei uns, so können sie’s nicht lassen, das alles wegzudiskutieren, was ihre Vernunft nicht fasst, und dann der Welt begreiflich machen zu wollen, man müsse das Christentum ganz anders auffassen, als es herkömmlich gewöhnlich sei. Diese Leute alle erscheinen vorerst nicht als vom Vater dem Sohne gegeben; es ist kein Zug Gottes in ihnen zum Sohne. Warum das? können wir nicht weiter untersuchen. Sie mögen eben den Zug, den ihnen der Vater gehen wollte, nicht annehmen, weil sie in selbstischer Weise widerstehen. So kommt der Zug gar nicht an sie; und die Folge davon ist, dass sie ferne vom Heiland bleiben.

Das Zweite, was unser Spruch sagt, ist, dass Alles was der Vater dem Sohne gebe, auch wirklich zu Diesem komme. Denn es heißt. „Alles, was Mir der Vater gibt, das kommt zu Mir.“ Das ist ein tröstliches Wort. Der Zug des Vaters, wenn auch längere Zeit verdeckt, ist zuletzt so stark, dass Keiner, der ihn hat, zurückbleibt. Wenn wir nun freilich auf unsere Zeit hinsehen, so könnten wir fast sagen, der Vater gebe doch nur wenige Seelen Seinem Sohne, weil so Wenige zu Ihm kommen. Wie das ist, können wir wiederum nicht recht sagen. Aber gewiss ist, dass doch unendlich mehr Leute müssen vom Vater dem Sohne gegeben sein, als man vor Augen steht. Es ist für so viele an unsern Zuständen etwas, was ihr wirkliches Kommen zum Heilande verhindert, auch wenn der Zug da ist. Letzterer kann auch möglicherweise vorerst nur in seinem Keime da sein, da man dann Geduld haben und warten muss. Bei vielen wird’s noch auf dem Sterbebette offenbar. Jedenfalls haben wir im Wort des HErrn den Trost, dass einmal auch nicht Eine Seele im Reiche Gottes fehlen darf, die, obwohl sie den Verborgenen Zug hatte, nicht eingebracht wäre. Deswegen warten wir noch auf große Erweckungen und Bekehrungen durch eine neue Ausgießung des heiligen Geistes, damit das Gegebene noch komme. Darum verzieht auch scheinbar der HErr, damit ja kein Gegebenes verloren gehe, wenn Er zu schnell käme, wie uns Petrus belehrt (2. Petr. 3,9). Halten wir’s als einen Trost fest, dass der Heiland kein Gegebenes, am Zug zum Sohne erkenntlich, zurücklasse. Denn bei Gott sind alle Dinge möglich, insbesondere auch das Seligmachen derer, bei welchen es vor Menschen Augen nicht möglich ist (Joh. 6,27).

Endlich lesen wir die tröstlichen Worte, dass der Heiland Keinen, der zu Ihm komme, hinausstoße. Denken wir uns allerlei Menschen, die dem Hause Gottes zulaufen, darunter auch manche verkommene, hässliche, arge Leute. Sie kommen etwa bis vor die Türe. Der Hausherr aber erschrickt nicht, und sagt nicht: „Bleibet ihr weg! Jaget sie fort!“ schickt auch nicht, dass ich so sage, die Hunde nach ihnen, um sie fortzutreiben; sondern wer vor die Türe kommt, wie er auch aussehen und wer er auch sein mag, zu dem sagt Er: „Komm nur herein!“ - wenn Er ihn auch einstweilen, dass ich so sage, in ein Nebenstübchen tun muss, bis er gesäubert ist. Herein darf und muss, wer herein will; denn der Vater gibt ihn. Es wird Keinem im Geringsten durch einen Blick oder eine Miene zu erkennen gegeben, dass er fortbleiben könne. So steht’s da. „Wer zu Mir kommt,“ sagt der HErr, „den werde Ich nicht hinausstoßen.“ Darum wenn du dich scheust und denkst: „Wie kann ich kommen, der ich bin, wie ich bin?“ - sorge nicht; für das, dass es recht wird, wird der Heiland schon sorgen. Er weiß dich unter die Erlösten und Auserwählten zu bringen. Darum zage Keines, und komme nur, wenn auch mit Scham, doch mit kindlichem Vertrauen. Wage zu hoffen und zu glauben, dass der, welcher der Heiland der Sünder geworden ist, auch dich nicht verschmäht, wenn du nur kommst. (Christoph Blumhardt)


Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.
Gibt es ein Beispiel davon, dass unser Herr einen Kommenden weggestoßen hat? Wenn es ein solches gibt, so möchten wir es wissen; aber es hat keins gegeben, und es wird nie eins gebe. Unter den verlornen Seelen in der Hölle ist keine, die sagen kann: „Ich ging zu Jesus, und Er wies mich ab.“ Es ist nicht möglich, dass du oder ich der erste sein könnte, dem Jesus sein Wort bräche. Lasst uns keinen so dunklen Verdacht hegen.

Gesetzt, wir gingen jetzt zu Jesu in betreff der heutigen Übel. Dessen können wir gewiss sein - Er wird uns nicht das Gehör verweigern und wird uns nicht hinausstoßen. Diejenigen von uns, die oft dagewesen, und die, welche noch nie dahin gegangen - lasst uns zusammen gehen und wir werden sehen, dass Er die Tür seiner Gnade vor keinem von uns verschließen wird.

„Dieser nimmt die Sünder an,“ aber Er weist keinen ab. Wir kommen in Schwachheit und Sünde zu Ihm, mit zitterndem Glauben und wenig Kenntnis und geringer Hoffnung; aber Er stößt uns nicht hinaus. Wir kommen im Gebet, und dies Gebet ein gebrochenes; mit Bekenntnis, und dies Bekenntnis fehlerhaft; mit Lob, und dies Lob viel zu gering für Sein Verdienst; aber dennoch nimmt Er uns an. Wir kommen krank, unrein, schwach und wertlos; aber Er verstößt uns in keinerlei Weise. Lasst uns heute wiederum kommen zu Ihm, der uns niemals hinausstößt. (Charles Haddon Spurgeon)


“Alles, was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir.“
Dieser Ausspruch schließt die Lehre von der Gnadenwahl ein: Es sind Etliche, die der Vater Christo gegeben hat. Er enthält auch die Lehre von der kräftigen Wirkung der göttlichen Berufung: Wer Christo gegeben ist, kommt zu Ihm; wie sehr sie auch wider den Stachel löcken mögen, so werden sie dennoch aus der Finsternis zu Gottes wunderbarem Licht gebracht. Er lehrt uns die unerlässliche Notwendigkeit des Glaubens; denn auch die, welche Christo gegeben sind, werden nicht anders selig, als dadurch, dass sie zu Jesu kommen.

Ach! welch eine Macht und Majestät liegt in den Worten: „Das kommt zu Mir.“ Der Herr sagt nicht, sie hätten Macht zu kommen, noch sie könnten kommen, wenn es ihnen so gefalle, sondern einfach und bestimmt: „das kommt zu Mir.“ Der Herr Jesus nötigt durch Seine Botschafter, Sein heiliges Wort und Seinen Heiligen Geist die Menschen freundlich und gnädig, hereinzukommen und das hochzeitliche Mahl mit Ihm zu halten; und das bewirkt Er, ohne dem freien Entschluss des Menschen irgend Gewalt anzutun, allein durch die unwiderstehliche Macht Seiner Gnade. Ich kann über eines Andern Willen einen mächtigen Einfluss ausüben, und doch kann dabei des Andern Wille sich vollkommen frei entschließen, weil der Einfluss den Gesetzen des menschlichen Gemüts entsprechend ausgeübt wird. Jehova Jesus weiß, wie unwiderstehliche Beweisgründe, die der Vernunft entgegengehalten werden, wie mächtige Vorstellungen, die auf unsere Gemütsstimmung einwirken, und vor allem wie der geheimnisvolle Einfluss Seines Heiligen Geistes, der alle Kräfte und Fähigkeiten unserer Seele in Tätigkeit setzt, den ganzen Menschen in den Gehorsam gefangen nehmen, so dass er, der einst widerspenstig war, sich Seiner Leitung nun willig hingibt, getrieben von der unumschränkten Macht der Liebe. Woran aber sollen wir die Auserwählten Gottes erkennen? Daran, dass sie willig und freudig den Herrn Jesum Christum annehmen, und mit einfältigem und aufrichtigem Glauben zu Ihm kommen und sich ganz allein an Ihn anklammern, als an ihr Heil und ihr Verlangen. Liebe Seele, bist auch du mit dieser Gesinnung zu Jesu gekommen? (Charles Haddon Spurgeon)


“Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“
Es ist der Gültigkeitsdauer dieser Verheißung keine Grenze gesetzt. Es heißt nicht etwa bloß: „Ich will einen Sünder, der das erste Mal zu Mir kommt, nicht hinausstoßen,“ sondern fest und bestimmt: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.“ Im Urtext heißt es: „Den werde ich nicht, gar nicht hinausstoßen“ oder: „den werde Ich nie, nie hinausstoßen.“ Die Stelle will sagen, dass Christus einen Gläubigen das erste Mal nicht hinausstößt, und wie Er's das erste Mal nicht tut, so will Er's bis zuletzt nicht tun.

Wenn aber der Gläubige wieder sündigt, nachdem er gekommen ist, wie dann? „Und ob jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christum, der gerecht ist.“ Aber denkt einmal, ein Gläubiger weiche wieder ab? „So will ich ihr Abtreten wieder heilen, gerne will ich sie lieben; dann soll Mein Zorn sich ihnen wenden.“ Aber die Gläubigen können der Versuchung unterliegen? „Gott ist getreu, der euch nicht lässt versuchen über euer Vermögen, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende gewinne, dass ihr's könnet ertragen.“ Aber der Gläubige kann in Sünden fallen, wie einst David? „Wohl, aber Er entsündiget mich mit Ysop, dass ich rein werde; Er wäscht mich, dass ich schneeweiß werde;“ „Ich will sie reinigen von aller Missetat.“

„Gott Lob, dass Dein unschätzbar Blut
An unsern Seelen Wunder tut.“

„Ich gebe Meinen Schafen,“ spricht Er, „das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und Niemand wird sie Mir aus Meiner Hand reißen.“ Was sprichst du hierzu, mein armes, schwaches, zitterndes Gemüt? Ist das nicht eine köstliche Gnade, dass wenn du zu Christo kommst, du nicht einen Solchen findest, der dir eine kleine Weile Gutes tut, und dich dann wieder an deine Arbeit gehen heißt; sondern Er nimmt dich auf und macht dich zu Seiner Braut, und du sollst Sein bleiben in alle Ewigkeit. Empfange nicht abermals den knechtischen Geist der Furcht, sondern den Geist der Kindschaft, durch den du ausrufen kannst: „Abba, lieber Vater!“ Ach, welche Gnade ist doch in diesen Worten enthalten: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.“ (Charles Haddon Spurgeon)

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