Wenn in irgend einem Kapitel Jesus die Beweise für seine Gottheit wahrhaft häuft, so ist es dieses. Er schreibt sich in demselben zu die Auferweckung der Toten und das Gericht, und verlangt von den Menschen die gleiche Anbetung mit dem Vater. Als Zeugnisse dafür beruft Er sich auf sein eignes, auf Johannis des Täufers, auf seiner Wunder Zeugnis, auf die Stimmen des Vaters und auf die Weissagungen des Alten Testaments. Wer diesen Zeugnissen nicht glauben will, von dem gilt noch immer die Anklage des Herrn, dass es ihm nicht um sein eignes ewiges und seliges Leben, sondern um Jesu Tod zu tun ist, dass er nur seine Ehre vor der Welt sucht und nicht die Verherrlichung Christi, dass er lieber falschen Propheten und Irrlehrern glaubt, die ihm schmeicheln, als dem wahren Propheten Gottes, der ihm die Wahrheit sagt, und darum auch nicht zu retten ist, sondern der Anklage und Verdammnis vor Gottes Thron entgegengeht. Furchtbarer Widerspruch! Man hält Jesum für einen guten, tugendhaften Menschen, und doch will man seinen Worten über seine Gottheit nicht glauben? Wo bleibt da noch der Glaube an die Tugend, wenn der Glaube an die Wahrhaftigkeit aufhört? Entweder ich glaube an Jesu Gottheit, dann kann ich auch an seine Tugend glauben, oder ich glaube an Seine Gottheit nicht, dann muss ich auch seine Tugend verwerfen. Es geht mit der Tugend und mit der Gottheit Christi, wie mit den Schriften Mosis und den Aussagen Christi. Wer Mosi glaubt, muss auch an Christum glauben, und wer an Christum nicht glaubt, muss auch Mosen verwerfen und ist weder Jude noch Christ, sondern ein unseliges Mittelding. Wie teuer bekräftigt Jesus mit dieser Erklärung die Wahrheit der Schriften Mosis! Wie bezeugt Er damit so deutlich die Übereinstimmung des alten und neuen Testaments! Wie schließt Er, was Er in Bethesda begonnen mit der Tat, im Tempel fortgesetzt mit der außerordentlichen Rede, mit einem ernsten und erschütternden Fragezeichen an Alle! Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben. Amen. (Friedrich Arndt)
Wer glaubt, kommt nicht ins Gericht.
Wir müssen zwar Alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Jesu Christi, auf dass ein Jeglicher empfange, nachdem er gehandelt hat bei Leibesleben, es sei gut oder bös, 2 Kor. 5,10. Wer aber das Wort Jesu hört, und Dem glaubt, der Ihn gesandt und geboten hat zu reden, was Er geredet hat, der hat das ewige Leben, und kommt nicht ins Gericht, sondern ist vom Tod zum Leben hindurch gedrungen, Joh. 5,24. Es ist also etwas Anderes: vor dem Richterstuhl Jesu Christi offenbar werden, und etwas Anderes: ins Gericht kommen. Wer ins Gericht kommt, wird durch einen richterlichen Ausspruch zum andern Tod verdammt. Ein solcher Mensch steht also auf zur Auferstehung des Gerichts, wie Christus Joh. 5,29. redet. Zwar ist ein solcher Mensch in gewissem Verstand auch vorher schon gerichtet, das ist, es hat bei ihm einen Ausschlag zur Verdammnis gegeben, weil er nicht an den Namen des Sohnes Gottes glaubt, Joh. 3,18. Weil er aber dabei noch immer sowohl bei Leibesleben als auch nach dem Tod eine falsche Hoffnung haben kann, so muss er noch gerichtet, das ist, sein Verdammungsurteil muss ihm kund getan werden, damit er gewiss wisse, dass er verdammt sei, und warum er verdammt sei; und ihm alle weitere Hoffnung abgeschnitten werde. Wer aber das Wort Jesu, welches auch des Vaters Wort ist, hört und glaubt, oder wer an Jesum glaubt, wird nicht gerichtet, Joh. 3,18., oder kommt nicht ins Gericht. Es darf nämlich am Tag des großen Gerichts nicht erst entschieden werden, ob er leben oder sterben soll: denn er hat das ewige Leben schon vor dem Gerichtstag, und ist vor demselben vom Tod zum Leben hindurch gedrungen. Er weiß auch selber schon, dass er das ewige Leben in Christo Jesu habe: seine Auferstehung ist eine Auferstehung des Lebens, Joh. 5.29. Er steht also zur Rechten des Richters, von dem nun auch öffentlich bekannt werden soll, dass sein Name im Buch des Lebens stehe. Wer ins Gericht kommt, dem werden alle bösen Werke, die er bei Leibesleben getan hat, zugerechnet. Wer aber nicht ins Gericht kommt, oder nicht gerichtet wird, bei dem wird nur zum Ruhm des Erlösers und Seiner Gnade offenbar, wie viel ihm vergeben worden sei, und wie viel Gutes der Geist Gottes in ihm und durch ihn gewirkt habe. Jener empfängt also den Lohn seiner bösen Werke nach Verdienst (und richten heißt einen Ausspruch tun nach dem Verdienst dessen, der gerichtet wird), dieser aber empfängt den Lohn seiner guten Werke aus Gnaden: wo aber Gnade den Ausschlag gibt, da ist kein Gericht. Ich denke hier billig an das Wort des Propheten Ps. 130,3.: so Du willst Sünde zurechnen, HErr, wer wird bestehen? Wenn ich also ins Gericht kommen sollte, so würde ich zu Schanden und wäre verloren. Darum bete ich bei Leibesleben: HErr, gehe nicht ins Gericht mit Deinem Knecht, denn vor Dir ist kein Lebendiger gerecht, Ps. 143,2. Weil Du aber nicht alle Lebendigen verdammen willst, so weiß ich, dass bei Dir Vergebung sei, und diese Vergebung hebt das Gericht auf. Ich glaube, HErr Jesu, Deine und Deines Vaters Worte, ich glaube auf Dich: hilf meinem Unglauben, der sich dabei noch regt. Lass das ewige Leben bei mir immer stärker anbrechen, damit ich am Tag des Gerichts schon als ein Lebendiger prangen könne. (Magnus Friedrich Roos)
Wer an den HErrn Jesum glaubt, ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen.
Es wird in der heiligen Schrift gesagt, dass der Mensch in Übertretungen und Sünden tot sein könne, Eph. 2,1. und dieses wird insgemein der geistliche Tod genannt; die heilige Schrift redet auch oft vom leiblichen Tod als einer Folge der Sünden, und endlich auch von dem zweiten Tod, welcher darin besteht, dass die auferweckten Gottlosen in den feurigen Pfuhl geworfen werden. Wenn diese Verwerfung in den feurigen Pfuhl der zweite Tod genannt wird, so ist der leibliche Tod der erste, denn dieser wird durch die Auferweckung des Leibes auch bei den Gottlosen so aufgehoben, dass sie hernach das zweite Mal sterben können; da hingegen der geistliche Tod bei ihnen nur fortwährt. Auch ist dieser keine Strafe, wie der zweite Tod, sondern wird eine Ursache der Strafe, wenn man darin beharrt; da hingegen der leibliche Tod nach dem Sündenfall durch einen ausdrücklichen Ausspruch Gottes als eine Strafe, oder wenigstens als eine Züchtigung den Menschen zuerkannt worden ist. Derjenige nun, der an den HErrn Jesum glaubt, ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen, und kommt eben deswegen nicht ins Gericht. Freilich ist hierbei zuerst an den geistlichen Tod zu gedenken, von welchem man zum geistlichen Leben übergehen kann, das aus der Gemeinschaft mit der Auferstehung Jesu entsteht; denn wenn dieser Übergang bei dem Gläubigen nicht geschähe, so käme er noch ins Gericht, und würde alsdann auch zum zweiten Tod verdammt. Wer also an den HErrn Jesum glaubt, empfängt ein geistliches Leben aus Jesu durch den Glauben, und es wird ihm etwas von dem unzerstörlichen Leben des auferstandenen Jesu mitgeteilt; weswegen auch Eph. 2. gesagt wird, dass er mit dem HErrn Jesu lebendig gemacht, und mit Ihm auferweckt sei, Röm. 6. aber, dass er Seiner Auferstehung gleich sei. Ist aber dieser Übergang geschehen, und wird von da an das geistliche Leben, welches sich in Wirkungen und Empfindungen äußert, bis zum Tod des Leibes erhalten, so berührt dieser leibliche Tod die Seele nicht mehr. Die wiedergeborne Seele, welche ein unzerstörliches, geistliches Leben in sich hat, leidet von dem Tod des Leibes keinen Nachteil. Sie sieht den Tod nicht, sie stirbt nicht so, wie ein Geist auch ohne seine Vernichtung sterben kann, das ist, sie verliert nichts von ihrer Kraft, Fröhlichkeit, Weisheit, sondern gewinnt Vieles. Was aber den andern Tod anbelangt, so wird dem Gerechten von demselben kein Leid geschehen; denn die Rechtfertigung, welche er bei dem Übergang vom geistlichen Tod ins geistliche Leben erlangt hat, ist dem Urteil, welches zum andern Tod verdammt, entgegen gesetzt, und trägt schon so viel aus, dass er sich nach Röm. 5,2. der Hoffnung der Herrlichkeit, welche das ewige Leben ist, rühmen kann, und deswegen wird sie auch Röm. 5,18. eine Rechtfertigung des Lebens genannt. Zu diesem Übergang vom Tod zum Leben hilft aber nicht das Gesetz, ob es schon sonst seinen Nutzen hat, und noch weniger die Weltweisheit, sondern der Glaube an Jesum, der uns durch das Evangelium vor die Augen gemalt wird. Wer an Ihn glaubt, wird von Gott gerechtfertigt, und wer gerechtfertigt wird, empfängt zugleich ein geistliches Leben. Eines solchen Menschen Schicksal wird also am jüngsten Tag nicht erst gerichtlich entschieden, sondern nur bestätigt, und zu einer größeren Herrlichkeit erhoben. So sei dann mein Bestreben: im Glauben an den HErrn Jesum zu leben, und in eben diesem Glauben auch zu sterben. (Magnus Friedrich Roos)