“Wie bittest du von mir zu trinken, so du ein Jude bist und ich ein samaritisches Weib.“
Falsche Voraussetzungen! Ja, wenn er bloß ein Jude gewesen wäre und sie bloß ein samaritisches Weib - dann wäre seine Bitte unverständlich gewesen und nach damaligem Gefühl unschicklich. Aber er ist Sünderheiland und sie ist Sünderin; der gute Hirte begeht doch keine Unschicklichkeit und verletzt doch nicht den guten Ton, wenn er das verirrte und verlorene Schaf anruft. Es war der erste feine Faden, den Jesus nach ihr herüber wirft. Andere Beziehungen zu Männern hat sie genug gehabt; jetzt sucht jemand ihre verlorene Seele im Staube. Besinne dich darauf, wo Jesus ähnlich gesagt hat: Gib mir zu trinken! Gib mir diesen Eigensinn, dieses Vergnügen, diese Zeit, diese Sünde - du wirst es los, und ich gewinne dadurch dein Herz für immer. Ihn dürstet nach der Labung, dass er uns an sich ziehen, lieben, heilen und segnen kann. Dort war es ein irdisches naheliegendes Bedürfnis - gib mir zu trinken! - heute knüpft Jesus bei uns an Berufs- oder Zeitfragen, Nöte des Leibes oder Familienbeziehungen an; ihm ist alles recht, woran seine suchende Liebe anknüpfen kann.
Nun, dann komm noch einmal, Herr Jesus, und stelle deinen Anspruch an mich auf! Was willst du, dass ich dir tun oder um deinetwillen lassen soll? Zeige mir den Krug, aus dem du trinken willst. Ich möchte dir gern, ganz und für immer zu Willen sein. Amen. (Samuel Keller)