Johannes 15,12

Andachten

Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, gleichwie ich euch geliebt habe. Niemand hat größere Liebe, denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, so ihr tut, was ich euch gebiete.
Christi Gebote sind alle umschlossen von dem einen Gebote der Liebe, welches die köstliche, evangelische Eigenschaft hat, dass es einfordert, was Christus uns zuvor gegeben hat: Gleichwie ich euch geliebt habe. Christi Liebe ist die Ursache, unsere Liebe das Erkennungszeichen unserer Jüngerschaft. Der Jünger, welchen Jesus lieb hatte, pflegte in seinem hohen Alter in die Versammlung der Brüder sich tragen zu lassen, um ihnen da er nicht viel mehr zu sprechen vermochte - stets von neuem die Worte zuzurufen: „Kindlein, liebt euch unter einander“! Und befragt, warum er immer das eine Wort wiederhole, gab er zur Antwort: Weil dies das Gebot des Herrn ist, und weil genug geschieht, wenn nur das Eine geschieht“! Ja wohl genug! denn wenn dies Eine geschieht, so haben wir angezogen das Band der Vollkommenheit“ (Kol. 3, 14). Vollkommen ist das Wesen der Liebe erschienen in Christo, denn größere Liebe hat niemand, denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. Von wem anders, als von ihm sollten wir lernen, was Liebe ist? Alle Liebe der Menschen ist ein Ausfluss aus Christi lebendiger Liebesquelle, ein Stücklein Liebe aus seiner Liebesfülle, und ihr höchster Erweis, das Lassen des Lebens für die Brüder, ist die Frucht der Reben des Weinstocks, denn, daran haben wir erkannt die Liebe, dass er sein Leben für uns gelassen hat, und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen“ (1. Joh. 3, 16). Für seine Freunde! Ein tiefer beschämendes Wort kenne ich nicht. Lazarus, den Jesus lieb hatte, war sein Freund; die Sünder, die Jesus lieb hat und für sie stirbt, das sind seine Freunde. Seine zuvorkommende Liebe befreundet uns, die wir sonst „Feinde“ blieben, seinem Jesusherzen und zieht uns hinein in die selige Freundschaft mit ihm, darinnen wir mit Freuden tun, was er uns gebietet, nämlich zu lieben mit seiner Liebe. Denn, wie das Sprichwort sagt, Liebe macht Liebe und Freundschaft macht Freundschaft. Ach dass es uns. oft so sauer wird, selbstverleugnende, lautere Liebe zu üben, woran liegt das anders, als daran, dass Jesu Freundschaft uns zweifelhaft, oder doch nicht über alles köstlich ist? Seinen Freunden ist Lieben eitel Freude, sowenig schwer, wie den Reben das Traubentragen. Luther sagt: „Nun, das ist ein süßes, liebliches Wort, dass er sie heißt seine Freunde. Zuvor, spricht er, seid ihr Feinde gewesen, aber daher seid ihr Freunde, dass ich euch für Freunde halte, nicht daher, dass ihr mir viel Gutes tut, wie die Welt Freunde heißt, sondern denen ich eitel Gutes tue. Für solche Freunde sterbe ich, die mir nie kein Gutes getan haben, allein dass ich sie geliebt und zu Freunden gemacht habe. Summa: ihr habt euch nicht mir zu Freunden gemacht, sondern durch mich seid ihr es geworden aus Feinden, so von Natur des Teufels Freunde waren. Nun sollt ihr also meine Freunde sein und bleiben, so ihr allein dies mein einig Gebot, mir zu Liebe und euch selbst zu Gute haltet. Mein Leib und Leben habe ich euch gegeben, und ihr seid mir teure Freunde, durch mein Blut ererntet und erkauft, und sollt alles durch mich haben, reich und frei sein; allein macht es also, dass ihr in der Freundschaft bleibt und nicht wieder Feinde werdet, noch also lebt, dass niemand sagen könne, dass ihr Freunde seid“. (Wilhelm Friedrich Besser)

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