Da umringten ihn die Juden und sprachen: Wie lange hältst du unsere Seelen auf? Bist du Christus, so sage es uns frei heraus.
Der Juden Herzen wogten hin und her, es schwankte unter ihnen zwischen Glauben und Unglauben, zwischen Leben und Tod. Viele unter ihnen sprachen: „Er hat den Teufel.“ Andere: „Kann der Teufel auch der Blinden Augen auftun?“ Sie wussten immer noch nicht, was sie aus diesem Jesus machen sollten. War er der, auf den die Väter gehofft, oder war er es nicht? Auch unser Volk lebt in einer Zeit solchen Fragens. Die Parteien schwanken hin und her wie in Israel. Viele Einzelne haben sogar beide Parteien selber in sich. In der einen Stunde ergreift sie Jesus gar mächtig. Die Lieblichkeit seiner Person, sein tiefes Wort und sein reiner Wandel zieht sie an. Aber in der nächsten Stunde erhebt sich drinnen die andere Partei. In denselben Seelen heißt es dann: „wenn ich doch wüsste, ob es wahr wäre, dass dieser Jesus ein solcher Heiland ist.“ Ja es kommen Stunden, wo es sogar völlig umgekehrt in dir steht, wo es in deiner Seele heißt: „Es ist nicht wahr, ich kann es nicht glauben.“ Was ist da zu tun? Wenn du auch Tag und Nacht betetest: „Herr Jesu, gib mir ein Zeichen, ob du Der bist, als welchen dich die Schrift und die Kirche lehrt, so will ich an dich glauben“, so wirst du doch kein Zeichen und keine Antwort bekommen. Frage zuerst nicht ihn, was er ist, sondern frage zuerst dich, was du bist, und du wirst erfahren, was er ist. Siehe zuerst, was dir fehlt, und du findest dann, was er hat. Gib dich selbst hin, und du findest ihn.
Herr Jesu, hilf mir, dass ich mich erkennen lerne, auf dass ich dich liebe und erkenne. Ich kenne mich so wenig, darum kenne ich dich so wenig; ich hasse meine Sünde so wenig, darum liebe ich dich so wenig. Herr, es ist Alles in mir so grau und so matt. Wie in der Hitze des Sommers alle Pflanzen ihre Blätter hängen lassen, wie sie alle mit Staub überdeckt sind, so ist auch meine Seele bedeckt mit dem Staube der Eitelkeit und des nichtigen Wesens. Es ist kein rechter Glaube, keine rechte Liebe, kein rechter Gehorsam, keine rechte Hoffnung in uns. Wir haben so wenig von der seligen Gewissheit der Christen und von ihrer unaussprechlichen Freude. So gieße du doch deinen heiligen Geist über uns aus, dass er uns erst niederschlage und demütige. Aber wenn du uns demütigst, dann machst du uns auch groß. Amen. (Friedrich Ahlfeld)