Lukas 24,32

Andachten

“Brannte nicht unser Herz in uns, da Er mit uns redete auf dem Wege, als Er uns die Schrift öffnete.“

Traurig gingen jene Beide ans dem Wege nach Emmaus hin. Der Todesjammer ihres Meisters lag ihnen aus der Seele; und der Gekreuzigte schien ihnen so fern gegangen, dass ihnen die Worte der Frauen, die von dem Engel erzählten, der sagte, Er lebe, mehr Schrecken als Trost brachten. Da tritt denn der Auferstandene als ein unbekannter Fremdling zu ihnen her. Anfangs lässt Er ihren Kummer sie ausreden. Weil ihnen aber die Kunde von dem Leben JEsu nichts gelten wollte, schalt Er sie dann zuerst Toren und träges Herzens, zu glauben den Propheten. Hierauf nimmt Er die Schrift mit ihnen vor und legt ihnen Eins ums Andere, was sie sagt, aus, wie es auf Christum deute, der durch Leiden zu Seiner Herrlichkeit eingehen sollte. Es war, als senkte sich Er selbst durch die Schrift in die Herzen der Jünger hinein. Ihr Herz wird warm, ihre ganze Stimmung eine andere und gehobene. Da sehen wir, wie auch wir am schnellsten und nachhaltigsten einander aufrichten können. Halten wir uns nur mit einfältigem Herzen gegenseitig die Schrift vor; und tun wir's, so ist's oft, als wäre JEsus dabei und öffnete uns die Schrift, dass nicht wir es sind, die reden, sondern der Geist Christi es ist, der durch uns redet. So fängt auch unser Herz an zu brennen. Denn der Geist Christi vermag Türen am Worte Gottes zu öffnen, durch welche ein Strom von Labsal uns zufließt. Wollten wir doch kindlicher an die Schrift glauben, und eifriger sein, sie zu beherzigen, wie oft könnten wir schnell einen nagenden Kummers los werden, und als Engel des Trostes vor einander stehen. Denn eben durchs Wort tritt JEsus, der Auferstandene, wenn Er alle Tage bei uns sein will, uns überall nahe. (Christoph Blumhardt)


Brannte nicht unser Herz, da Er mit uns redete auf dem Wege, da Er uns die Schrift öffnete.

Der Heiland hatte an den zwei Jüngern, die nach Emmaus gingen, erstlich ihre Torheit, und zweitens die Trägheit ihrer Herzen zum Glauben bestraft. Luk. 24,25. Ihre Torheit bestand darin, dass sie die Notwendigkeit und den Nutzen Seines Leidens und Todes nicht einsahen, und im Gegenteil noch von Vorurteilen eingenommen waren, welche teils von ihrem natürlichen, fleischlichen Sinn, teils aber von ihrer Auferziehung und von dem Unterricht, den sie von den Schriftgelehrten empfangen hatten, herrührten. Es war nämlich damals unter den Juden gewöhnlich, dass man sagte, der Messias bleibe ewiglich, das ist, sterbe gar nicht, und man meinte, solches aus dem Gesetz oder aus der Bibel beweisen zu können. Joh. 12,34. Auch beschrieb man Ihn nur als einen großen König, denn den großen Propheten, von dem Moses 5 Mos. 18. geweissagt hatte, hielt man für eine andere Person, an Sein Priestertum aber dachte man gar nicht. Aber auch das Königreich des Messias stellte man sich falsch vor, und meinte, Er werde Israel von der Römer Herrschaft erlösen und ein irdisches Reich anrichten. Mit solchen Gedanken kamen alle Apostel und Jünger zu Jesu; und ob sie schon die Wahrheit von Ihm reiner und vollständiger hörten, so haftete sie doch nicht so in ihren Herzen, wie sie hätte haften sollen. Insonderheit blieb es ihnen unfasslich, dass Jesus der Messias in der Sünder Hände übergeben werden und am Kreuz sterben sollte. Hier stockte der Glaube der Jünger, als Er gestorben war, und ihre Hoffnung, die sie auf Ihn hatten, war erschüttert. Hier kam es nun darauf an, ob sie von Ihm abtreten oder Ihm treu bleiben sollten. Zwar lagen ihnen die Weissagungen Mosis und der Propheten vor Augen, welche von dem Leiden, Tod und der Auferstehung des Messias handelten, auch sagten die glaubwürdigen frommen Weiber, sie haben ein Gesicht der Engel gesehen, welche sagten: Jesus lebe; allein sie waren zum Glauben träg oder langsam. Eine unnötige Vorsichtigkeit, eine mutlose Traurigkeit, ein übertriebenes Zweifeln hielt sie allzu lange vom Glauben zurück; und gleichwie sie träg zum Glauben waren, also waren sie auch ohne Zweifel träg zum Gebet, zur Liebe, zu guten Werken, und zur Ausrichtung aller Pflichten, deren Wurzel der Glaube ist.

Nun diesen redlichen Männern, die aber damals in der Gefahr eines gänzlichen Rückfalls aus der Gnade standen, kam Jesus zur rechten Zeit zu Hilfe. Er ließ unter der Auslegung vieler Schriftstellen ein neues Licht in ihnen aufgehen. Dieses Licht war zugleich auch ein Feuer, welches sie brünstig im Geist machte; und deswegen konnten sie zuletzt sagen: brannte nicht unser Herz in uns, da Er mit uns redete auf dem Wege, als Er uns die Schrift öffnete? Sie bekamen den unbekannten Gefährten, von dem sie weise und kräftige Worte hörten, brünstig lieb, und nötigten Ihn deswegen, da Er weiter gehen wollte, bei ihnen zu bleiben. Bei dieser Liebe nahmen sie gern und schnell an, was Er sagte, und traten nach dem vorigen Zaudern eine neue Stufe des Glaubens an, von welcher sie nicht mehr herabfielen. Auch wurde die brüderliche Liebe in ihnen brünstiger, weswegen sie noch in der Abenddämmerung zu den übrigen Jüngern Jesu, von denen sie weggegangen waren, zurückliefen, um ihnen ihre neue Erkenntnis und Freude mitzuteilen. (Magnus Friedrich Roos)

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