Er sagte aber ein Gleichnis zu den Gästen, da er merkte wie sie erwählten oben an zu sitzen, und sprach zu ihnen: Wenn du von jemand geladen wirst zur Hochzeit, so setze dich nicht oben an, dass nicht etwa ein Ehrlicherer, denn du, von ihm geladen sei; und so dann kommt, der dich und ihn geladen hat, spreche zu dir: Weiche diesem; und du musst dann mit Scham unten an sitzen. Sondern, wenn du geladen wirst, so gehe hin und setze dich unten an, auf dass, wenn da kommt, der dich geladen hat, spreche zu dir: Freund, rücke hinauf. Dann wirst du Ehre haben vor denen, die mit dir zu Tische sitzen. Denn wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden.
Wir wollen nicht diese Pharisäer schelten; es ist wahrhaftig auf uns abgesehen, auf unsere Sünde; denn Sünde ist es doch, wenn ein Mensch von dem andern Ehre begehrt und Ehre nimmt. Siehe, du heißt ein Christ; du hast deinen Namen von Christo. Er hat dich erworben zu seinem ewigen Eigentum. Sein Herzblut hat er an dich gesetzt, um dich aus Sünde und Verdammnis loszukaufen. Für dich hat er seinen Himmel und seine Seligkeit verlassen; für dich 33 Jahre in Liebe und Demut seinen armen Brüdern gedient; er hat keine Stufe der Ehre auf Erden einnehmen wollen; kein Abzeichen menschlicher Würde hat ihn geschmückt, keine Gunst der Großen hat ihn gehoben, und als die Volksgewalt es versuchte, ihm Davids goldene Krone auf das Haupt zu setzen, da floh er in die Wüste und erwählte die Schmach um deinetwillen, und du wolltest Ehre nehmen von den Menschen? Wolltest mit dem Kleide prunken, das die Motten verzehren, mit dem Gelde, danach die Diebe graben? Du greifst wie ein Kind nach dem bunten Bande oder nach dem Sterne oder nach dem Titel oder nach dem klingenden Namen, und das Herz will dir brechen, so man deine eitlen Wünsche dir versagte? Warum willst du denn mehr gelten, als du giltst? Warum willst du höher stehen, als du stehst? Warum willst du vor der Welt mehr zu bedeuten haben, als du wirklich bedeutest? Du rühmest dein Werk, und weißt nicht, dass du dich überschätzt, weil du nicht gewöhnt bist, dich am rechten Maße zu messen. Du meinst, deine Gaben würden nicht nach Gebühr gewürdigt, deine Leistungen nicht nach Verdienst anerkannt. Ach, wenn du doch erst deine Pflicht im Lichte christlicher Wahrheit anschauen lerntest! Wenn du erst wüsstest, wie viel Treue, wie viel Hingebung der Herr fordert; wie auch die Worte und Gedanken ihm pflichtig sind; wie selbst die Beweggründe, die Triebfedern all' deines Tuns und Strebens das Licht seines prüfenden Auges aushalten müssen; wenn du nur wüsstest, was Kinder Gottes durch den Glauben und das von der Liebe Christi erfüllte Herz an deinem Plate getan und geleistet haben, und sind dennoch unzufrieden geblieben mit sich selber, haben dennoch sich angeklagt, wie sie es noch lange nicht ergriffen hätten und vollkommen wären: ach, du würdest dich ja schämen, dass du so geringes zu Wege brachtest und so großes versäumtest; du würdest ja sagen müssen: den Play, den ich einnehme, den verdiene ich noch lange nicht! (Kornelius Münkel.)