Matthäus 6,31

Andachten

“Ihr sollt nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen, was werden wir trinken, womit werden wir uns kleiden? Nach solchem allem trachten die Heiden.“

Es ist freilich etwas Schweres, in Armut und Dürftigkeit, namentlich in schwereren Zeiten, wie in der Kriegs- und der Hungersnot, von aller peinlichen Sorge sich frei zu erhalten. Um so wichtiger aber ist es auch, eben da durch Geduld, durch Ergebung, durch ruhiges Harren, durch Vertrauen, es zu bewähren, dass man kein Heide sei, d. h. dass man einen Gott habe, auf den man hoffen dürfe. Mit vielem Klagen und Jammern, mit Herumtappen nach allem Möglichen, mit mancherlei ungeschickten Versuchen, sich irgendwie zu helfen, da es nach dem Grundsatz geht: „Helfe, was mag!“ - oder: „Was tut man nicht, wenn man in der Not ist?“ - mit dem allem zeigt man, dass man in keiner Gemeinschaft mit Gott stehe, von Ihm ferne, und also im Grund ein Heide sei. Denn hat uns Gott einmal gewürdigt, uns zu begegnen, sich uns kundzutun, uns den Weg zum Leben zu weisen, uns zur Herrlichkeit zu bestimmen, uns Seine rechten Kinder zu heißen, so sollten wir's uns denken können, dass Gott solche Kinder nicht so schnell im Elend verderben, oder gar verhungern lasse. Es ist auch wunderbar, welche große Erfahrungen der machen darf, der den wirklichen Glauben und das feste Vertragen behält, Gott lasse ihn nicht in der Not. Der Glaube zieht ganz von selbst wie mit Gewalt den lebendigen Gott zu sich her, dass es nie eigentlich fehlen darf.

Wenn dagegen Zaghaftigkeit kommt, Murren gegen Gott, oder gar Verzweiflung, da kann es wohl geschehen, dass der liebe Gott einen solchen Menschen fallen lässt. Deswegen haben oft auch gläubige Christen, wie man sie nennt, ohne dass sie's im Grunde sind, wenn Mangel oder Sorge kommt, des Jammers und Leids kein Ende; denn es ist mehr Klagen als Beten, mehr Verzagen als Glauben da, - und da stellt sich Gott ferne. Ihnen geht’s wie einem Petrus, der auf dem Meer gehen kann, so lange er glaubt, aber alsbald untersinkt, wenn sein Glaube nachlässt. Doch ist es gut, wenn der Verzagte beim Untersinken die Hand des HErrn noch zu ergreifen weiß, sofern er nämlich, wenn's aufs Äußerste kommen will, sich zusammennimmt, und mit gläubigem Ernst Gott wieder anrufen lernt. Denn so errettet Gott auch zaghafte Leute oft und viel, weil Er nicht so schnell gar fallen lässt, und Sein Mitleiden bald wieder angeregt ist, zu helfen und als einen Versorger Sich zu zeigen. Wenn aber das störrische, mürrische, unzufriedene Wesen unverändert fortdauert, so mag's wohl geschehen, dass Gott endlich in die Tiefe sinken lässt, wie mans zum Schrecken oft erfahren kann.

Wollen wir uns denn nicht bei etwaigem Mangel als Heiden gebärden, die keine Erfahrung der Liebe Gottes gemacht haben, sondern als Seine Auserwählten, die dessen gewiss sind, dass Er sie zu sich führen und Seiner Zeit zu Erben aller Seiner himmlischen Herrlichkeit machen will, und dass Er darum es ihnen hienieden unmöglich je an Speise und Kleidung fehlen lassen kann, wenn's auch aufs Äußerste zu kommen scheint. (Christoph Blumhardt)


Ihr sollt nicht sorgen.

Salomo hat in seinen Sprichwörtern oft die Faulen bestraft, und diejenigen, die in ihrem Geschäfte redlich oder fleißig sind, gelobt, Sprichw. 31. aber eine fleißige und kluge Hausmutter, welche den HErrn fürchtet, mit vielen Worten gepriesen. Christus selbst hat zu Nazareth als ein Zimmermann gearbeitet, und als Er hernach 5000 Mann auf eine wundertätige Weise gespeist hatte, Seinen Jüngern Joh. 6,12. befohlen: sammelt die übrigen Brocken, dass nichts umkomme; Paulus aber hat mit Arbeit und Mühe Tag und Nacht neben dem Predigtamt als ein Zelttuchmacher gearbeitet, damit er Niemand mit seinem Unterhalt beschwerlich würde, und deswegen diejenigen, die unordentlich wandeln, nicht arbeiten und unnötige Dinge treiben, desto freimütiger bestrafen könnte, und dabei den Ausspruch getan: so Jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen, 2 Thess. 3,10. Da also Christus sagte: ihr sollt nicht sorgen, so hat Er den Fleiß und die Sparsamkeit und Klugheit, welche zur guten Einrichtung einer Haushaltung und zur Erwerbung des täglichen Brotes angewendet werden, nicht verboten. Indem Er sprach: ihr sollt nicht sorgen, so gebot Er Christen die einen Vater im Himmel haben, sie sollen nicht mit einer ungläubigen Angst und Bekümmernis sagen: was werden wir essen, was werden wir trinken, womit werden wir uns kleiden? Er setzt hier voraus, dass Leute, die so ängstlich fragen, heute Etwas zu essen und zu trinken haben und bekleidet seien, aufs Künftige aber in Ansehung der Nahrung und Kleider keine gewisse und deutliche Aussicht haben. Freilich sorgt derjenige, der heute etwas hat, immer für den andern Morgen. Er hat heute Brot, indem er’s aber isst, so isst er’s mit Sorgen Ps. 127,2., weil er sich darüber ängstet, er werde morgen, oder im nächsten Jahr oder Vierteljahr keines mehr zu essen haben. Wenn aber der morgende Tag, oder das nächste Jahr oder Vierteljahr kommt, so beschert Gott wieder das Nötige, und hilft durch. Wenn aber der Mensch die Vorsorge Gottes nicht erkennen lernt, und nicht gläubiger wird, so sorgt er alsdann wieder für den andern Morgen, oder für die künftige Zeit, und so bringt er sein Leben unter kümmerlichen Gedanken zu, und wird der Güte Gottes, die alle Morgen neu ist, nie froh.

Da Christus das Sorgen in der Bergpredigt verbot, so hatte Er viele arme Zuhörer vor sich, wie dann zur Zeit Seines Wandels auf Erden die Armut in dem Land Israels, welches allzustark bevölkert war, und von einer ungerechten Obrigkeit regiert wurde, sehr groß war. Weil Er aber selber arm war, und zu Seinem eigenen Unterhalt nie ein Wunder tat, so konnte Er den armen Leuten desto geziemender zurufen: sorgt nicht, vertraut dem himmlischen Vater über eurer Nahrung. Unterscheidet euch durch dieses euer Vertrauen von den Heiden. Seht die Vögel unter dem Himmel an, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln auch nicht in die Scheuern, wie ihr Arme dieses auch nicht tun könnt: und euer himmlischer Vater nähret sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie? Schauet die Lilien auf dem Feld, wie sie wachsen, wie sie so schön bekleidet sind: sollte Gott das nicht vielmehr euch tun? O ihr Kleingläubigen! Nun Gott erfüllt die Worte Seines eingeborenen Sohnes. Er tut und hat bisher getan, was dieser gesagt hat. Nun sollen wir glauben, dass er’s auch ins Künftige tun werde. (Magnus Friedrich Roos)

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