Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.
Die Sanftmut ist nicht nur die Unterdrückung des aufsteigenden Ärgers und der Heftigkeit in Gegenwart des Unrechtes, sie ist auch die Unterdrückung jedes Ärgers und jeder Grausamkeit in der Seele selbst, um den wohlwollenden Wünschen für andere in uns Platz zu machen. Niemand ist vor uns so sehr ein solcher Sünder, wie derjenige, der da trachtet uns zu beleidigen, und es gibt keinen Zeitpunkt im Leben, in dem ein Mensch so sehr von der Kraft der göttlichen Liebe in sich Zeugnis ablegen kann, wie derjenige, in welchem er Langmut gegen den Sünder übt, der vergiftete Pfeile auf ihn abschießt. Das ist Sanftmut das ist göttliche Sanftmut.
Deiner Sanftmut Schild,
Deiner Demut Bild
In mich lege,
Auf mich präge!
Vor Dir ja nichts gilt,
Als Dein eigen Bild!
Amen. (Henry Ward Beecher)
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Land besitzen.
Die Armen im Geiste sind Bürger des Himmelreichs; sie freuen sich auf die Vollendung. Wie wird's ihnen sein, wenn einst alle Bürger dieses Reichs im Himmel versammelt sein werden! Der erste Fortschritt als Bürger des Himmelreiches ist die Stufe und Schule der Trauernden, die zweite aber ist die der Sanftmütigen. Der Mensch mit geöffneten Augen sieht grenzenloses Elend und wird darüber traurig. Und indem er aus Gottes Schäden nimmt, um der Welt zu helfen, wird er sanftmütig. Wir werden hier auf einen Gnadenstand aufmerksam gemacht, welcher Verklärung in das Bild Christi, Wesensähnlichkeit mit dem erstgeborenen Bruder in sich schließt. Sanftmütig ist das Haupt, sanftmütig müssen Seine Glieder sein. Die Sanftmütigen werden einst das Land besitzen. Das Land gehört dann nicht mehr dem Teufel, der Fürst der Finsternis wird es einst nicht mehr haben; es wird des Herrn, des Gesalbten, sein und wird damit zugleich in den Besitz der Sanftmütigen übergehen. Durch Sanftmut erlangen Christen die Befähigung, in Jesu Königreich irgendeine Stelle zu bekleiden, ein Amt zu übernehmen, zu dienen und zu wirken als zum Hause des Königs gehörend. Täuschen wir uns ja nicht über die Zukunft. Es wird auch nicht ein Einziger Haupt und Leiter werden, der nicht auf Erden in Jesu Nachfolge sanftmütig und von Herzen demütig geworden ist. Hast du den Herrn lieb, so wird dir Sanftmut geschenkt werden. Willst du dem Herrn dienen, so werde Ihm ähnlich im Charakter und im Verkehr mit deinen Brüdern. (Markus Hauser)
Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. V. 6: Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.
Das sind die Folgen des Geistlicharmseins und des Leidtragens: Sanftmut und Hungern und Dürsten nach der Gerechtigkeit. Also kann man's daran prüfen und erkennen, ob es mit der geistlichen Armut und dem Leidtragen recht beschaffen ist. Die Sanftmütigen nämlich, welche der Herr selig preist, sind solche Leute, welche in völliger Gott-Gelassenheit stehen, also ihren eigenen Willen zerbrochen haben, und nun die dritte Bitte: Dein Wille geschehe! ganz aufrichtig beten können und dazu das schöne Lied anstimmen: Ich hab' in Gottes Herz und Sinn mein Herz und Sinn ergeben. Von solcher Sanftmut haben die Menschen vor Christo nichts gewusst, da regierte der Eigenwille und Eigensinn, ein Jeglicher sah nur auf seinen eigenen Weg, wollte sich auch nicht davon abbringen lassen, woraus denn all' der Hader und Streit entstand. Jetzt aber sollte es heißen: All' Fehd' hat nun ein Ende! die Sanftmütigen fangen keinen Streit an! es frägt sich nur, ob die Menschen nach Christo den Geist haben, welcher ein Stiller alles Haders ist. Dass diesen Sanftmütigen das Erdreich verheißen ist, könnte uns Wunder nehmen, und würde uns vielleicht begreiflicher sein, wenn es hieße: ihr Reich ist nicht von dieser Welt. Jedoch, es muss doch wohl seine Richtigkeit haben mit dem Besitzen des Erdenreichs, kommt nämlich nur darauf an, das Ende abzuwarten, denn auf der neuen Erde und unter dem neuen Himmel werden doch nur diese Sanftmütigen wohnen. Mit der Sanftmut ist nun das Hungern und Dürften nach der Gerechtigkeit unzertrennlich verbunden, denn wo der eigene Wille zerbrochen ist, da muss der Wille Gottes durchdringen, und dieser Wille besteht gerade darin, dass Er uns für gerecht erkläre, indem Jesus Christus unsere Gerechtigkeit wird. In diesem einen Stück haben die Sanftmütigen auch ihren Willen, ja einen sehr starken und eifrigen Willen, daran sie Alles sehen, wie einen Hungrigen nach Speise und einen Durstigen nach Trank verlangt. Darin aber ist ihr Wille völlig eins mit dem guten und gnädigen Willen Gottes, dieweil Er gerade will, dass allen Menschen geholfen werde! (Nikolaus Fries)
Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.
Sanftmut ist die Stille und Gelassenheit eines Herzens, das in seinem Eigenwillen gebrochen, in Christo Frieden gefunden hat. Wir sind nun mit Allem zufrieden, was Gott schickt. Wir sorgen und murren nicht mehr. Denn der uns seinen eingebornen Sohn gegeben, wie sollte uns der mit ihm nicht Alles schenken! Wir lassen unsre Lindigkeit kund werden auch den Menschen. Wir bleiben unsrer Leidenschaft Herr, wo sie uns reizen und ärgern. Wir vergeben, weil wir selbst so viel Vergebung bedürfen. Es kann nicht anders sein. Haben wir in unsrer Armut und Not Trost in Dem gefunden, der sanftmütig und von Herzen demütig ist, wie sollten wir nicht von ihm Sanftmut lernen gegen die Menschen. Diese Sanftmut ist keine Schwäche, sondern ein hoher Mut. „Ein Geduldiger ist besser, denn ein Starker, und der seines Mutes Herr ist, denn der Städte gewinnt.“ Die Sanftmut ist's, die zuletzt auch die Härtesten Herzen gewinnt, auch die erbitterten Feinde sich zu Freunden macht. Sei sanftmütig, und du bändigst den Born, du stillst den Streit, du versöhnst die Entzweiten. Steht dir Einer gegenüber mit argen Gedanken und feindlichem Herzen und bösen Worten, bleibe nur in der Geduld und Liebe, und du bezwingst ihn doch zuletzt. Die Sanftmut gewinnt und erobert. In ihr liegt Gottes Macht. Wen überwände es nicht, wen gewänne es nicht für Christi Reich, wenn er an den Seinen die heilige Stille und Gelassenheit, den tiefen Frieden sieht, mitten in allem Streit der Menschen, mitten in aller Angst der Welt. So lasst uns hin gehen und durch Sanftmut unserm König die Herzen gewinnen. Dann werden wir einst auch das Reich der Herrlichkeit ererben, das ewige Kanaan, das gelobte Land. (Adolf Clemen)
Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.
Die Leidtragenden tröstet der heilige Geist; sie bringt er in den seligen Genuss der Gnade Gottes, des Friedens Gottes in Christo Jesu. In ihren Herzen kann der Geist Jesu, der Geist der Sanftmut und Demut sein Werk haben. Die Sanftmütigen sind Leute, die den Geist Jesu haben und sie werden das Erdreich besitzen, das Land ererben. Unser Heiland nahm diese dritte Seligpreisung aus Psalm 37; wer diesen liest, versteht den Sinn des Herrn. Der Geist der Welt ist herrschsüchtig, rücksichtslos, ungerecht, macht sich nichts daraus, Andere zu bedrücken, zu übervorteilen, auf die Seite zu schieben. Die Sanftmütigen haben die Art ihres Meisters: sie lassen sich Ungerechtigkeit gefallen; sie tragen es, wenn sie zu kurz kommen, sie dulden es, wenn sie verachtet werden, sie lassen sich als Törichte ansehen von denen, die sie übervorteilen, und müssen es oft hören: „du bist dumm, dass du dir das gefallen lässt.“ Das macht sie nicht irre. Ihr Meister antwortete kein Wort, als sie ihn hart verklagten Matth. 27,14. Der ungerechte Mensch sucht seine Rechnung in dieser Welt, kennt keine andere Hilfe, als Selbsthilfe und nimmt es nicht genau mit den Mitteln, durch die er seine Zwecke zu erreichen sucht. Der Sanftmütige sucht seine Rechnung nicht hienieden, sondern in der Ewigkeit; Zorn, Ungerechtigkeit, List, Gewalttätigkeit sind nicht seine Mittel. Er duldet, wartet auf den Herrn, kennt höhere Güter als äußere Vorteile und ist gewiss, dass auch scheinbar magere Weide ihm mehr einbringt, als das üppigste Sodomtal. Dulden wir, so werden wir auch mitherrschen sagt Paulus in 2. Tim. 2,12. Wer sich hier von aller Ungerechtigkeit frei erhält, gerne untendurch geht in Sanftmut und Geduld, ist von unserem Könige ausersehen, König und Priester zu werden und zu herrschen auf Erden, wenn Er kommt zum Gericht über die Gottlosen und zur Verherrlichung der Sanftmütigen. Hier werden diese erzogen, einst zu herrschen in Gerechtigkeit. Die gottlose Welt ist unser Lehrmeister; hat er sein Werk getan, so wird er abgesetzt und wir werden eingesetzt. Damit tröste dich.
Sanftmütiger Heiland! Dir will ich nachfolgen. Erziehe mich, bewahre mich, damit ich das Reich ererbe, das Du verheißen hast. Amen. (Elias Schrenk)