Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße.
Was ist denn das Hindernis, das Viele nicht über die ersten Rührungen hinauskommen lässt? Dass das Wort Gottes alle Sonntage einen Eindruck auf ihr Herz mache, das können sie schon leiden; aber dass es Wurzel in ihnen fasse, dass es seine durchsuchende, läuternde, scheidende und schneidende Kraft an ihren Herzen beweise: dazu lassen sie es nicht kommen; dazu haben sie keine Geduld; dazu sind ihre Gedanken zu ausschweifend; dazu haben sie das Eitle zu lieb; in einen Ernst zu Gott mögen sie nicht eingehen. Mit dem Christentum spielen, es zu einer Sache machen, an der man gewissermaßen seine Freude, aber freilich nur spielend und tändelnd eine Zeit lang hat, das lässt sich die Natur schon noch gefallen; aber es zur Hauptangelegenheit des Herzens machen, mit Bitten und Flehen und Anhalten um die Gabe des heiligen Geistes vor Gott treten, sich seine Sünden und Schanden willig ins licht stellen lassen, das ist Wenigen bequem.
Weil aber doch durch das Wort der Wahrheit einige Unruhe in das Herz gekommen ist: so sucht man dieser Unruhe auf anderen Wegen abzuhelfen. Man tröstet sich selber, dass es doch so schlimm nicht mit einem stehe; man habe doch seine Freude am Worte Gottes, und möge auch gerne davon reden hören, oder man sucht seine Ruhe in allerhand Werken. Man sucht sie im Lesen erbaulicher Bücher, welches Viele in ihrem Unverstande Beten heißen, oder man sucht sie darin, dass man zu anderen Leuten geht, die vom Christentum reden, und mit ihnen redet; oder man sucht sie in allerhand Aufopferungen, die man sich um des Reiches Gottes willen gefallen lässt. Dabei übt man die groben Werke des Fleisches nicht mehr aus, wie man es vorher getan hatte; man flucht nimmer; man kauft nimmer; man treibt nimmer Unzucht oder Ehebruch wie vorher, und so richtet man ein Gebäude auf, das man Christentum nennt, das aber nur, von weitem betrachtet, so aussieht. Auf diesen Schein hin fängt man an, sich unter die Frommen, unter die Bekehrten zu rechnen; man will, dass man von Jedermann dafür angesehen werde, und wirft sich zuletzt gar zu einem Unterweiser und Reiter der Blinden, zu einem Lehrer Anderer auf, ob man gleich tot in Sünden ist. Das ist schrecklich. Solche Leute sind auf dem Punkte, die grimmigsten Feinde des Heilandes zu werden, unter lauter Selbstbetrug und Schein des Christentums. (Ludwig Hofacker)