Da nun herbeikam die Zeit der Früchte, sandte er seine Knechte zu den Weingärtnern, dass sie seine Früchte empfingen. Da nahmen die Weingärtner seine Knechte; einen stäupten sie, den anderen töteten sie, den dritten steinigten sie. Abermals sandte er andere Knechte, mehr als die ersten waren, und sie taten ihnen gleich also. Darnach sandte er seinen Sohn zu ihnen und sprach: „Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen.“
Die Knechte gingen voran, ehe der Sohn seinen Gang zu den Weingärtnern antrat. Das Schicksal der Knechte war ihm wohl bekannt. Jesus hat dabei nicht nur an das gedacht, was zur Zeit Elias, Jesajas und Jeremias geschehen ist. Denn die Weingärtner, von denen er redet, lebten nicht nur damals, sondern sind jetzt vorhanden und betreiben ihren Aufruhr gegen Gott jetzt. So sind auch die Knechte Gottes am Werk und mahnen die Weingärtner an ihre Pflicht. Mose bezeugt der Gemeinde auch heute, dass Gott sie als seinen Weinberg für sich geschaffen hat, und die Rede der Propheten ist nicht verstummt, sondern mahnt Israel unaufhörlich: gebt Gott seine Frucht. Sie mahnt aber umsonst, und deshalb, weil die Knechte umsonst zu den Empörern reden, tritt nun der Sohn unter sie. Jesus zeigt hier den starken Zusammenhang, in dem sein Ende mit der alttestamentlichen Schrift steht. Die Schrift, sagte er, muss erfüllt werden. Der Sohn muss tun, was bisher die Knechte taten, und es muss dem Sohn ebenso ergehen wie den Knechten. Es muss ans Licht kommen, dass die Weingärtner Räuber sind, und sie müssen ihren Aufruhr dadurch vollenden, dass sie den Sohn umbringen. Dadurch gab sich Jesus im tiefsten, herrlichsten Sinn die Gestalt des Knechts. Er trug sie nicht nur dadurch, dass er willig der Natur gehorchte, auch nicht nur in der Dienstbereitschaft, durch die er sich für die zum Knecht machte, die seine Hilfe begehrten. Er tat auch das, was die alten Knechte Gottes taten, und trat in den Weinberg zu den Empörern, damit sie an ihm ihren bösen Willen ausüben. Er tat es, weil er Gottes Recht an den Weinberg vertritt und Gottes Barmherzigkeit den Schuldigen zeigt, ehe ihre Schuld sie begräbt. Er kommt zu ihnen, um sie zu retten; weil er aber vergebens kommt, wird aus seiner Sendung das große Ärgernis, an dem Jerusalem zerbrechen muss.
Durch Deinen Gang in den Tod hast Du, Herr Jesus, uns erkauft und erworben, dass wir, Deine Christenheit, Gottes Weinberg seien und seine Frucht ihm bringen. Du trugst die Knechtsgestalt, damit wir aus Empörern Knechte Gottes würden, die ihm dienen, und hast Dich zum Wort der Schrift bekannt und es zu Deinem Wort gemacht, damit wir aus ihren Verächtern ihre Täter würden. Das ist die große Gnade, die Du uns in Deinem Sterben erwiesen hast. Amen. (Adolf Schlatter)