Da aber die Ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen, und sie empfingen auch ein Jeglicher seinen Groschen. Und da sie den empfingen, murrten sie wider den Hausvater.
Fällt denn dies Murren auch wohl in unser Leben? Ja wohl, der du von Jugend auf dem Herrn gedient, oder der du dich noch in den besten Jahren des Lebens ihm zugewendet, du hast dich besonders davor zu hüten. Die Erquickungsstunden kommen. Friede ruht in deinem Herzen. Nun hast du einen Nachbar oder einen Bekannten, der in Sünden alt geworden ist. Er ist etwa in jungen Jahren ein Spötter gewesen. Er hat am Markt müßig gestanden gar bis um die elfte Stunde. Da hat ihn der Hausvater noch einmal angerufen, und es war eine gute Stunde für den Alten, er hörte und ging mit in den Weinberg. Mit der schweren Bußhacke hackte er den alten harten Boden um, und in dem alten Lande, das so lange brach gelegen hatte, fing es an zu grünen; in der alten Wüste sprosste die Rebe des Glaubens mit den Früchten der Gerechtigkeit. Nach tiefem Trauern ward er fröhlich. Die Sonne der Gnade lag auf dem alten Angesichte und vergoldete seine Furchen mit Abendrot. Wenn du das siehst, solltest du dich freuen und fröhlich sein wie ein Gärtner, bei dem ein dürrer Baum noch einmal recht frisch ausschlägt. Es ist aber nicht immer so. Es will dir in deinem Herzen vorkommen, als ob dein Christentum ein besseres sei denn jenes. Ja, es fährt in schlechten Stunden die törichte Einbildung durch deine Seele, als ob Gott für dich einen besseren Gnadenlohn, eine ganz aparte Seligkeit haben müsse. Und doch ist es Gnadenlohn.
O barmherziger Gott, es ist ja alles Gnadenlohn, was wir von dir empfangen. Nach unserm Verdienst hast du uns nie und nimmer geleitet. O so behüte uns vor aller Selbstgerechtigkeit und Lieblosigkeit. Gnadenlohn ist es, und unverdient, dass du uns auch heute wieder den Tag sehen lässt; Gnadenlohn, dass wir uns freuen können als deine Kinder deiner Barmherzigkeit. Ach hilf uns, auch deine Gnade und dein Erbarmen am Nächsten nur mit Lob und Preis anzusehen. Haben wir doch allen Grund, nur dankbar zu sein. Was wäre unser Leben ohne die Segensstunden, die du hineingegeben hast, wo bliebe unser Hoffen, wenn wir nicht stünden im Bewusstsein deiner Hilfe und väterlichen Leitung, und im Besitze deines Friedens. O mehre den Frieden, und entziehe uns nicht dein Erbarmen. Amen. (Friedrich Ahlfeld)
Da aber die Ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und sie empfingen auch ein jeglicher seinen Groschen. Und da sie den empfingen, murrten sie wider den Hausvater, und sprachen: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleich gemacht, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben.
Die Sünde dieser Weingärtner war der Neid. Sie können es nicht ertragen, dass die Zuletztgekommenen eben so viel Lohn bekommen, als sie, die zuerst gekommen waren. Der Neidwurm nagt an gar vielen Herzen, und äußert sich bald als stiller Ingrimm, bald als Missgunst, als Eifersucht, als Schadenfreude; der Neid hat gar manche Richtung, aber es ist immer der Neid; Klapperschlangen, Brillenschlangen, oder was sonst für Schlangen, sind dieselben Gifttiere. Und der Neid macht um so unglücklicher, da er sich schämt ans Licht zu treten, und so ein Leid ist, das man in sich fressen muss. Aber wenn der Neid sich auch nicht gerne in Worten zeigt, so wird er oft desto offenbarer in der Tat. Ein neidischer Blick, neidische Mienen, kleine Bosheiten, die ein Neidischer sich erlaubt, sind leicht zu erkennen. Es gibt ein schnippisches Wesen, eine schelmische Freundlichkeit, und auch tausend Arten zu ärgern, und einem Andern, einem Glücklicheren, das Leben sauer zu machen, dass der Neid durch Alles das hindurchblickt. Aber der Neidische straft sich selbst am meisten; die Sünde ist immer der Lohn der Sünde. Der Groschen, den jene letzten Arbeiter bekamen, war für die Scheelsüchtigen, die zuerst gekommen waren, lauter Gift und Galle. Solche Giftbecher schenkt sich jeder Missgünstige voll ein, weil er sich einbildet, das Glück des Nächsten bricht von seinem eigenen Glück etwas ab. Die Selbstsucht ist die Wurzel, und der Neid das, was aus der Wurzel zum Vorschein kommt. Das einzige Rezept gegen diese Krankheit ist: Was du willst, dass die Leute dir tun und dir lassen, das tue, das lasse ihnen; das ist das Gesetz und die Propheten. (Friedrich Lobstein)