Matthäus 11,29

Andachten

„Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“
O Jesus, du gibst mir diese Unterweisung in der Demut und Sanftmut. Jeder andere, der mir sie lehren wollte, würde meinen Widerspruch reizen. Ich würde an jedem anderen Unvollkommenheiten finden und mein Stolz würde nicht verfehlen, sich dies zu Nutze zu machen. Also du selbst musst mich unterweisen. Aber was sehe ich, mein teurer Meister? Du würdigst mich der Unterweisung durch dein Beispiel. Welches Vorbild! Ich habe nur zu schweigen, anzubeten, nur mich völlig zu erniedrigen, nur dich nachzuahmen. Wie! Der Sohn Gottes steigt vom Himmel herab auf die Erde, nimmt einen Leib des Staubes an, stirbt an einem Kreuz, um mich über meinen Stolz erröten zu machen. Der, welcher alles ist, wird zunichte, und ich, der ich nichts bin, will alles sein, oder ich will wenigstens, dass ich alles zu sein scheine, was ich nicht bin. Lüge, Torheit, schamlose Eitelkeit! teuflischer Dünkel. Herr, du sagst nicht zu mir: „seid sanftmütig und demütig“, sondern du sagst, dass du sanftmütig und demütig bist. Es sollte genügen, zu wissen, dass du es bist, um nach einem solchen Vorbild zu schließen, dass wir es sein sollen. Wer möchte wagen, nachdem du es uns gelehrt, uns davon loszusagen? Sollte es etwa der Sünder sein, der so vielmal durch seinen Undank verdient hat, durch deine Gerechtigkeit niedergeschmettert zu werden?

Mein Gott, du bist beides zusammen, sanftmütig und demütig, weil die Demut die Quelle der wahren Sanftmut ist. Der Stolz ist immer hochfahrend, ungeduldig, bereit sich zu erbittern. Der, welcher sich selbst aufrichtig verachtet, lässt sich getrost verachten. Wer glaubt, dass man ihm nichts schuldig sei, hält sich niemals für verletzt. Wir besitzen die wahrhaft tugendhafte Sanftmut nicht von Natur, das ist nur Weichlichkeit, Indolenz oder Verstellung. Um sanftmütig gegen die anderen zu sein, muss man erst sich selbst entsagen. Du fügst hinzu, mein Heiland, „sanft und von Herzen demütig“. Das ist nicht ein Sicherniedrigen, das nur im Verstande durch Überlegung geschieht, es ist vielmehr eine Neigung des Herzens, das heißt eine Erniedrigung, mit der der Wille übereinstimmt und welche er liebgewinnt, um Gott zu verherrlichen; es ist ein völliger Untergang jeglichen Vertrauens auf seinen eigenen Geist und auf seinen natürlichen Mut, um seine Heilung allein nur Gott zu verdanken. Sein Elend sehen und darüber in Verzweiflung sein, das heißt noch nicht demütig sein; das ist im Gegenteil ein Trotzen des Stolzes, das noch schlimmer ist, als der Stolz selbst. (François Fénelon)


Der Heiland ist der Anfänger und Vollender des Glaubens, das A und O; er ist das herablassendste, geduldigste, erbarmendste, demütigste Herz; kein Mensch ist so demütig, wie er, kein Mensch sieht so auf das Niedrige, wie er.

Wenn ich mit diesem Blick in die Welt hineinsehe, so wird es mir leichter, zu hoffen für mich und für die ganze Welt. Sieht man ohne dies auf sich selber und auf die Welt, so muss man freilich in das Wort einstimmen, das der Heiland seinen Jüngern in Absicht aufs Seligwerden der Reichen sagte: „Bei den Menschen ists unmöglich!“ Der Leichtsinn des menschlichen Herzens ist unbeschreiblich groß; und wenn dieser aus dem Herzen weicht, so wollen finstere, trübsinnige Gedanken hereinbrechen; dieses arme Herz findet die Mittelstraße nicht; es ist ein trotzig und verzagt Ding. Was stecken für Hindernisse des Seligwerdens im Fleisch; was für eine Menge falscher Ansichten, Vorurteile, guter Meinungen lassen dem Geist Gottes im Inwendigen nicht kaum; wie viele Versuchungen und Gefahren liegen in unseren Umgebungen; was tut der Welt- und Zeitgeist nicht; was unternimmt und probiert nicht der Teufel! Und aus diesem Allem soll sich das oft so geringe und schwache Glaubenssämlein herausarbeiten! Bei den Menschen ists unmöglich, aber der Macht und Barmherzigkeit Jesu ist Alles möglich; und das gibt mir einen heiteren Blick in unsere Christenheit hinein. Wie viele, wie verschiedene Geister sind da! Aber bei aller Verschiedenheit möchte doch in den meisten ein Same für die Ewigkeit liegen. Im Blick auf den Heiland ist es zu hoffen, dass vielleicht das Evangelium noch bei Vielen durchschlagen werde, wenn einmal ihre Stunde gekommen ist. Denn der Heiland verachtet auch ein schwaches Glaubensfünkchen nicht, sondern hilft demselbigen auf, und bereitet das Herz nach und nach also zu, dass das Gericht kann zum Siege hinausgeführt werden. (Ludwig Hofacker)


Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Es ist ein köstlicher Anblick um einen Menschen, der sein Joch auf sich nimmt, und unter dem Kreuz sanftmütig und von Herzen demütig wird. Wer kann das? Ohne Christum Keiner, mit Christo Jeder. Vielen ist schon ein Strohhalm ein Joch, und ein Stecknadelstich ein Märtyrertum. Andere tragen ihr Joch als Helden, aber wer in ihr Herz schaut, findet darin weder Sanftmut noch Demut noch Ruhe. Diese Kreuzesfrüchte wachsen nur unter Christi Kreuz; dort haben wir sie zu suchen, sonst nirgends. Erst wer erkannt hat: Er hat mein Joch getragen, sollte ich nicht auch seines tragen? kommt auf den rechten Weg. Die Tugenden alle, die leidenden wie die tätigen, sind nur Eindrücke der Gesinnung Christi; und wo Christus ist, da ist auch seine Gesinnung. Alle, die ihn aufnahmen, denen gab er Macht Gottes Kinder zu werden, und nicht nur etwas zu tun, sondern auch etwas zu leiden. Christi Bild verklärt sich überall, wo er selber ist aufgenommen worden. Von ihm lernen, heißt dann aus seiner Fülle schöpfen, ihm immer mehr Lebensgewalt über das Herz gestatten, ihm immer mehr angehören. Und so wird zuletzt jedes Joch sanft, jede Last leicht; wir nehmen dann Alles an als Christi Joch, als seine Last, und wo Er ist, ist auch sein Friede, seine Freude und seine überschwängliche Kraft. (Friedrich Lobstein)


Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig: so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.
Wir sollen zu Jesu kommen, mühselig und beladen; bei ihm sollen wir entlastet und erquickt werden. Und dann ermahnt er uns, sein Joch auf uns zu nehmen mit der Versicherung, es sei sanft. Daraus lernen wir, dass sein Joch nichts sein kann, das wir uns selbst aufzulegen haben; denn Alles was wir uns auflegen, drückt, es ist weder sanft, noch leicht. Nur was Jesus uns auflegt, ist sanft und leicht. Jesu Joch macht uns nie zu seufzenden Lasttieren. Wenn Er eine Last auflegt, so hilft Er sie auch tragen. Es gibt Bürden, die man sich selbst aufgeladen hat, und die man, wenn man zum Glauben gekommen ist, nicht ohne Weiteres abschütteln kann, sondern in Geduld und Demut tragen muss, bis der Herr sie wegnimmt. Unter seiner Gnadenhand werden solche Lasten zu großen Segen: sie fördern in der Demut, und lehren und wachen, dass wir uns nicht wieder neue Lasten auflegen, oder uns von andern Menschen nach ihrem Belieben belasten lassen. Es muss uns ein Herzensanliegen sein, unser Leben so einzurichten, dass wir es in allen Dingen mit Jesu zu tun haben, von Ihm lernen. Tun wir das, so merken wir, wie gut man es bei ihm hat. Er der Sanftmütige und von Herzen Demütige behandelt uns gar zart, schonend und freundlich und legt es in allen Dingen darauf an, dass auch wir Seine Art bekommen, dass sein Geist der Sanftmut und Demut auch uns erfülle und wir wandeln können als seine rechten Jünger. Das ist der heilige, sichere Weg zur Ruhe für unsere Seele. Bin ich in der sanftmütigen und demütigen Hand Jesu; suche ich selber als ein Sanftmütiger und Demütiger in seinen Fußstapfen zu wandeln, so werde ich von tausend Dingen verschont, die Andere drücken, welche eigene Wege gehen und darum ihre selbsterwählten Lasten tragen müssen.

Ach, dass ich Dich so spät erkannte, Du hochgelobte Liebe Du! Wie Manches wäre mir erspart geblieben. Bei Dir will ich bleiben; bei Dir hat man es gut. Amen. (Elias Schrenk)


„Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“
In bedeutenden Menschen findet sich oft eine bewundernswürdige Vereinigung von Majestät und Demut, von Großmut und Bescheidenheit. Der Mächtigste und Heiligste, der je unsere Erde betrat, war. zugleich der Sanftmütigste. Der Ewige. war zum Kinde geworden. Er, der in den Ewigkeiten der Engel Gesang gehört, fand hier auf Erden einen Wohlklang in den Stimmen der Kinder, in dem Hilferuf der Verlassenen! Kein Wunder, dass das unschuldige Lamm Sein Sinnbild war, und dass der Geist in Gestalt einer Taube auf Ihn hernieder kam. Alle Schätze des Weltalls lagen zu Seinen Füßen. Er brauchte nur die himmlischen Heerscharen zu Seinem Gefolge zu berufen. Das Gepränge der Welt und alle Träume fleischlicher Herrlichkeit hatten keine Macht, Ihn zu fesseln. Der Versucher zeigte Ihm von einer Bergesspitze den weiten Schauplatz herrlichen Elends, doch Er wies den Gedanken sowie den Widersacher hinter Sich! Johannes und Jacobus wollten Feuer vom Himmel auf einen samaritischen Flecken herunterrufen; Er verwarf den rachgierigen Vorschlag. In der Nacht des Verrats schlägt Petrus einem der Meuchelmörder das Ohr ab; Er, der das Opfer sein sollte, ermahnt aufs Neue Seine Jünger, und heilt Seinen Feind!

Mit welcher Sanftmut erträgt Er namenloses Unrecht und Beschimpfungen jeder Art vor Pilatus Richterstuhl! Da Er am Kreuze hängt, ertönen die Verwünschungen der Menge, doch Er hört sie, als höre Er sie nicht; Sie erpressen Ihm keinen zornigen Blick, kein bitteres Wort. „Seht, Gottes Lamm!“ Kann es uns wundern, dass in Seinen eigenen Seligsprechungen „Sanftmut“ und „Geistliche Armut“ den ersten Platz einnehmen? dass Er diese unter allen Seinen Eigenschaften zur besonderen Nachahmung Seiner Jünger ausersehen, „Lernt von Mir, denn ich bin sanftmütig,“ oder dass ein Apostel ermahnt „durch die Sanftmütigkeit und. Lindigkeit Christi!“

Wie ganz verschieden sind die Grundsätze der Welt von den Seinigen! Die Welt sagt „Räche die Beleidigung, verteidige deine Ehre!“ Er - „Überwinde Böses mit Gutem!“ Die Welt - „Seid nur geduldig, wenn ihr eurer Fehler wegen gezüchtigt werdet,“ Er - „Wenn ihr um Wohltat willen leidet und erduldet, das ist Gnade bei Gott.“ (1 Petri 2, 20.)

Leser! suche, gleich deinem anbetungswürdigen Herrn, „den Schmuck des sanften und stillen Geistes, der köstlich vor Gott ist.“ „Bekleide dich mit Sanftmut und Demut.“ Folge nicht den flüchtigen Idealen der Welt, die dich verhöhnend zerflattern, indem du sie ergreifen willst. Wenn du nach hohen Dingen trachtest, immer dich wie auf Flügeln erheben willst, so kannst du leicht gar elend werden. Darum sei mit der Stellung im Leben zufrieden, die dir der Herr angewiesen.

Was! solltest du verlangen eine Zinne - eine höhere Stellung des Tempels, in der Kirche oder in der Welt - einzunehmen? Satan könnte dich herunterschleudern! „Sei nicht stolz, sondern fürchte dich!“ Und was Andere betrifft, ehre ihre Gaben, betrachte ihre Vortrefflichkeiten, nur um ihnen nachzustreben. Sprich freundlich, handle gütig. Haltet euch herunter zu den Niedrigen.

Sei gewiss, dass es kein Glück gibt jenem gleich, welches der „sanftmütige Christ“ genießt. Er besitzt einen innerlichen, unaufhörlichen Sonnenschein, eine immerwährende Friedensquelle. Durch keine wirklichen oder eingebildeten Beleidigungen geärgert noch verdrossen gemacht, legt er alle Handlungen Andrer aufs Beste aus, und entwaffnet gern den Zorn durch die dem unverdienten Vorwurf begegnende sanftmütige Antwort. (John Ross MacDuff)

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