So wahr Ich lebe, spricht der HErr HErr, Ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen.
Der Prophet Ezechiel predigte den Juden, die aus ihrem Land weggeführt waren, und als verachtete und bedrängte Leute im Lande der Chaldäer wohnten. Diese Juden nun sagten in einem traurigen Unglauben V. 10.: unsere Sünden und Missetaten liegen auf uns, dass wir darunter vergehen, wie können wir denn leben? das ist, wie können wir uns der Gnade unsers Gottes rühmen und gutes Mutes sein? Ob nun gleich diese Leute allein über ihre Sünden und Missetaten zu klagen schienen, so wusste doch der Herzenskündiger, dass die Klage auch über Ihn ergehe, s. V. 17.20. , und Er von ihnen beschuldiget werde, Er lasse sie unter ihren Sünden und Missetaten vergehen und verschmachten, und habe ein Wohlgefallen an ihrem Verderben: darum hieß Er den Propheten zu ihnen sagen: so wahr Ich lebe, spricht der HErr HErr, Ich habe kein Gefallen am Tod des Gottlosen. Gott setzte hier dem Unglauben der Juden nicht nur Seinen Ausspruch, der an sich selbst schon glaubwürdig gewesen wäre, sondern auch einen Eid entgegen. Er stieß aber dasjenige nicht um, was die Juden von ihren Sünden und Missetaten gesagt hatten, sondern ließ es gelten, dass der Mensch, an dessen Tode Er keinen Gefallen habe, ein Gottloser sei. Aber an des Gottlosen Tod, sagt Er, habe Ich kein Gefallen. Dieser Tod ist dem Leben entgegengesetzt, welches die Sünden und Missetaten unmöglich zu machen scheinen, V. 10., da dann freilich nicht das natürliche Leben gemeint ist, als welches auch bei einer großen Sündenlast und in kümmerlichen Umständen fortgesetzt werden kann, sondern das Leben in der Gnade Gottes, und der gute Mut, den das Wohlgefallen Gottes und die Hoffnung eines ewigen Lebens macht. Der Tod also, von dem der HErr redet, schließt Alles in sich, was der Zorn Gottes mit sich führt: Unmut, Finsternis, Unfall, Herzeleid, Sterben ohne Hoffnung, und ein Hinfahren in eine finstere Hölle, von dem die Juden eine richtige Erkenntnis hatten. V. 8. befahl der HErr dem Propheten, er solle zu dem Gottlosen sagen: du musst des Todes sterben. Aus einem solchen Ausspruch, der freilich nicht den leiblichen Tod, sondern die Verdammnis ankündigt, wollten die Juden schließen, sie seien als gewesene Gottlose unwiderruflich verloren, und es bleibe nun dabei, dass sie ohne Gnade sterben müssen: deswegen entdeckte hernach der große Gott, wie es mit jenem Ausspruch gemeint sei. Es werde dem Gottlosen dadurch freilich angezeigt, was er verdient habe, und diese Anzeige solle bei ihm einen heilsamen Schrecken verursachen, und aus diesem Schrecken, wie auch aus der damit verbundenen Einsicht in die ohne Verstellung angekündigte Todeswürdigkeit, solle die Bekehrung folgen, da dann der HErr immer gern zeigen werde, dass Er bei der Veränderung, die mit dem Gottlosen vorgegangen, das Todesurteil nicht vollstrecken, sondern ihn ewiglich leben lassen wolle. Wir können hieraus lernen, was es um des Sohnes Gottes willen, welcher den Menschen zum Erlöser und Fürsprecher gesetzt ist, mit dem Gesetz für eine Bewandtnis habe. Es ist ein wahres Wort Gottes. Sein Fluch ist ein gerechter und ernstlicher Fluch. Der Gottlose soll seiner nicht spotten, weil er ihn sonst auf die schrecklichste Weise fühlen wird. Nur soll er in Christo das Leben suchen. (Magnus Friedrich Roos)
So wahr als Ich lebe, spricht der HErr, HErr: Ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern dass sich der Gottlose bekehre und lebe.
Dieser Spruch entdeckte schon dasjenige, was hernach Johannes deutlich und mit wenigen Worten gesagt hat, nämlich dass Gott Liebe sei. Weil Er Liebe, weil Er ein gütiges Wesen ist, so hat Er keinen Gefallen am Tode des Gottlosen; sondern daran hat Er einen Gefallen, dass sich der Gottlose bekehre und lebe. Er tötet zwar, das ist, Er verdammt den Gottlosen, wenn er sich nicht bekehrt; Er tut aber dieses nicht mit Wohlgefallen. Hingegen hat Er ein Wohlgefallen an der Erweisung der Barmherzigkeit, wie Matth. 9,13. gesagt wird. Er hat Lust zum Leben, Ps. 30,6., nämlich, es zu geben und zu erhalten. Es ist Seine Lust, Gutes zu tun, Jer. 32,41. Er liebt gern, Hos. 14,5. Er hilft gern, Ps. 13,6. Freilich ist aber nötig, dass sich der Gottlose bekehre, oder dass er von seinem bösen Wege zu Ihm umkehre; denn wenn er auf diesem Wege fortläuft, so läuft er in sein ewiges Verderben hinein. Gott weiß, dass die Menschen diesen Seinen gütigen und barmherzigen Sinn schwerlich erkennen und glauben: Er lässt es also nicht dabei bewenden, dass Er selbst durch den Propheten davon zeuge, wiewohl Sein göttliches Zeugnis wahrhaftig und des völligsten Glaubens wert ist. Er lässt es aber nicht dabei bewenden, sondern schwört noch dabei: so wahr als Ich lebe; damit wenigstens sein Schwur den Unglauben niederschlagen, und alle Zweifel beschämen möge. So sei denn dieses in unsern Seelen gewiss, dass Gott an unserem Tod und Verderben kein Wohlgefallen habe, sondern an unserer Bekehrung und unserem Leben. Das Gewissen verdammt uns: Christus aber ist hie, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns. Viele Wege Gottes sind unserem Fleisch beschwerlich, viele Züchtigungen empfindlich: aber Alles, was Er tut, das ist recht, und denen, die Ihn lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen. Die Menschen meinen oft, ihr Wille, selig zu werden, entstehe bälder, als der Wille Gottes, sie selig zu machen; und sie müssen alsdann Gott durch viele Beweggründe erst zur Liebe neigen: allein Gott ist die Liebe von Ewigkeit her. Er hat diejenigen, die selig werden sollen, erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, und was Er durch den Ezechiel und andere Propheten, insonderheit aber durch Seinen eingeborenen Sohn von seinem geneigten Willen gegen uns geredet hat, ist älter als unser Wollen, Seufzen, Bitten und Weinen. Sein Sinn darf nicht geändert werden, denn er ist schon gut: wir aber müssen unsern ungläubigen Sinn ändern und uns bekehren. Weil aber Gott ein Gefallen an der Bekehrung des Gottlosen hat, so dürfen wir ohne allen Zweifel glauben, dass Er zu dieser Bekehrung, von welcher Er weiß, dass der Gottlose sie nicht selber ausführen könne, das nötige Licht und die genugsame Kraft darreichen wolle, ohne dass er die Freiheit der Seele durch einen Zwang niederschlage. Ja er tut's nach Seiner Barmherzigkeit, und wird’s ferner tun, damit Sein Name verherrlicht werde. Wer das Evangelium, das ihm verkündigt worden, nicht glaubt, wird verdammt werden, und wer verdammt wird, leidet Pein, nämlich das ewige Verderben. Ob aber gleich diese Pein und dieses Verderben von dem verdammenden Ausspruch Gottes abhängt, der ein Richter aller Menschen ist, so sagt doch die heilige Schrift nie, dass Er an dieser Pein oder an diesem Verderben ein Gefallen habe. (Magnus Friedrich Roos)