In Deine Hände befehle ich meinen Geist: Du hast mich erlöst, HErr, Du treuer Gott.
Fast eben diese Worte hat der sterbende Erlöser am Kreuz ausgesprochen, und ein jeder Christ darf sie Ihm nachsprechen. David war noch ein junger Mann, als er seinen Geist in die Hände Gottes befahl, denn er tat es damals, da ihm Gott eine wunderbare Güte in einer festen Stadt, nämlich in der Stadt Kegila, bewiesen, wie 1 Sam. 23. erzählt wird, da es ihm aber auch sehr wehe tat, dass seine Nachbarn sich seiner schämten, seine Verwandten sich vor ihm scheuten, und Alle, die auf den Gassen ihn sahen, vor ihm flohen, damit sie nicht durch das Gespräch mit ihm, als einem in die Ungnade des Königs gefallenen Mann, unglücklich, und in eben diese Ungnade verwickelt würden. Er war auch damals in einer großen Lebensgefahr; denn es schalten ihn nicht nur Viele übel, sondern ratschlagten auch mit einander, und gedachten ihm das Leben zu nehmen: wobei er denn inne werden musste, dass diejenigen, denen er Gutes getan hatte, seiner vergaßen, und ihn wie ein zerbrochenes Gefäß gleichsam wegwarfen, V. 12.13.14. Hierbei machte dann die Bekümmernis seinen Leib schwach und krank, da ihn ohnehin auch seine Missetat innerlich anfocht, und es däuchte ihn, es gehe mit ihm dem Sterben zu. Er sagte aber unter vielen Äußerungen eines ringenden Glaubens V. 16. zu Gott: meine Zeit steht in Deinen Händen, Du kannst mich erhalten und kannst mich sterben lassen, und V. 6.: in Deine Hände befehle ich meinen Geist, Du hast mich erlöst, HErr, Du getreuer Gott. Wir lernen hieraus, dass, wenn wir unsern Geist in die Hände Gottes befehlen wollen, wir es nicht auf die letzten Augenblicke unsers Lebens aufschieben sollen, wiewohl es auch alsdann nach dem Beispiel Christi geschehen soll, sondern dass wir es auch vorher und zwar mehrmals tun sollen. Wir haben nicht nötig, uns etwas Besonderes auf die Ewigkeit auszubitten: hat es doch auch der sterbende Erlöser nicht getan. Wenn nur unser Geist in Gottes Hände kommt, und als eine Ihm übergebene Beilage bis an den Tag der Auferstehung von denselben umschlossen und bewahrt wird, so kann uns genügen. In den Händen Gottes wird unser ermüdeter Geist ruhen, da wird ihn keine Qual anrühren. Indem wir aber unsern Geist in die Hände Gottes befehlen, so kann die Erinnerung der mannigfaltigen Erlösung, die uns schon von dem treuen Gott widerfahren ist, unsern Glauben stärken. David erfuhr eine solche Erlösung in der Stadt Kegila, und lobte Gott wegen derselben in den letzten Versen dieses Psalms; war aber schon vorher mehrmals eine gleiche Erlösung inne worden, auf die er sich V. 6. berief. Er nannte hierbei Gott einen treuen oder wahrhaftigen Gott; denn er erfuhr, dass Gott dasjenige, was Er ihm durch den Propheten Samuel bei der Salbung und auch sonst in Seinem Wort und durch innerliche Ansprachen verheißen hatte, treulich erfülle. Auch Jakob sprach 1 Mos. 32,12. zu Gott: Du hast gesagt: Ich will dir wohl tun, usw. und erfuhr hernach, dass Gott wahrhaftig sei. Er hat auch mich erlöst, und wird mich auch aus der Todesnot erlösen. Ich befehle meinen Geist in Deine Hände, HErr, Du getreuer Gott. (Magnus Friedrich Roos)
Diese Worte sind von heiligen Menschen in der Stunde ihres Abscheidens oft gebraucht worden. Wir können sie heute Abend mit Segen zum Gegenstande unserer Betrachtung wählen. Der Gegenstand der angelegentlichsten Sorgfalt eines gläubigen Menschen im Leben und im Tode ist nicht sein Leib oder sein Vermögen, sondern sein Geist; das ist sein höchster und teuerster Schatz, wenn dieser geborgen ist, so ist Alles gut. Was ist doch alles vergängliche Gut im Vergleich mit der Seele? Der Gläubige befiehlt seine Seele in seines Gottes Hände; sie kommt von Ihm, sie ist Sein Eigentum, Er hat sie bisher bewahret und kann sie ferner bewahren, und darum ist's das Beste, dass Er sie wieder aufnimmt. Alle Dinge sind in Jehovas Händen wohl aufgehoben; was wir dem Herrn vertrauen, ist wohl geborgen, sowohl jetzt als an dem Tag der Tage, dem wir entgegen gehen. Es ist ein seliges Leben und ein herrliches Sterben, wenn wir uns der Sorge des Himmels anheimstellen können. Jederzeit sollten wir unser Alles der treuen Hand Jesu befehlen; und wenn dann auch das Leben an einem Faden zu hängen scheint, und die Schwierigkeiten sich mehren wie der Hand am Meere, so bleibt dennoch unsere Seele in süßem Frieden und fühlt sich glücklich in ihrem Ruheport.
„Du hast mich erlöset, Herr, Du treuer Gott.“ Erlösung ist eine sichere Grundlage für die Befestigung des Gottvertrauens. David hatte Golgatha nicht gekannt, wie wir, aber er ward durch manche zeitliche Erlösung gestärkt; und uns sollte die ewige Erlösung nicht noch viel lieblicher trösten und erquicken? Vergangene Errettungen sind kräftige Unterpfänder, dass wir auch jetzt auf den göttlichen Beistand rechnen dürfen. Was der Herr an uns getan hat, will Er wieder tun, denn bei Ihm ist keine Veränderung. Er ist treu Seinen Verheißungen und gnädig Seinen Heiligen; von Seinen Volke wendet Er sich nicht ab. (Charles Haddon Spurgeon)
In Deine Hände befehle ich meinen Geist; Du hast mich erlöst, HErr, Du treuer Gott.
Dieses Sprüchlein gibt uns einen kräftigen Trost 1. wider den Tod und alle unsere Feinde und Verfolger: Dass nämlich unsere Seele nach dem Tod zu Gott komme, in die Hände des Allmächtigen, das ist, in Seine Gewalt und allmächtigen Schutz, da sie kein Tod, kein Leid anrührt, sondern sicher ist vor allem Unglück und vor allen Feinden und ihrem Zorn, da sie wohl verwahrt wird bis an den jüngsten Tag, da sie mit dem Leibe wird wieder vereinigt werden, und der ganze Mensch Gott ewig beiwohnen wird. 2. ist hier sehr tröstlich, dass der Heilige Geist sagt: Du hast mich erlöst. Er zeigt uns hiermit unsern Erlöser, der unsere Seele vom Teufel erlöst hat, darum wir dieselbe Gott wieder geben und befehlen sollen als eine erlöste Seele, die mit dem höchsten Lösegeld, mit Christi Blut und Tod erlöst ist. 3. ist das ein großer Trost, dass der Heilige Geist sagt: Du getreuer Gott! Du Gott der ewigen Wahrheit! Darum wenn wir unsere Seele Gott befehlen, so haben wir sie dem allergetreuesten Freund befohlen zu Seinen treuen Händen, der wird bei unserer Seele stehen als ein getreuer Freund. Wir haben keinen größeren Schatz, als unsere Seele, und keinen getreueren Freund, denn Gott.
Also, HErr Christ, mein Zuflucht ist die Höhle Deiner Wunden. Wann Sünd und Tod mich bringt in Not, hab ich mich drein gefunden. (Johann Arnd)