Schaue doch und erhöre mich, HErr, mein Gott!
Mit diesen Worten will David so viel sagen: Ach lieber Gott! weil ich keinem Menschen auf Erden mein Unglück klagen kann und darf, und weil es niemand sehen und zu Herzen nehmen will, so siehe Du es, lieber Gott! und weil mich niemand anhören will, so höre Du mein Gebet! Hieraus sollen wir lernen: 1. Dass Gott uns im Kreuze sieht und hört, erleuchtet, tröstet und schützt: Darum wir im Kreuze und Elend das Gebet ja nicht unterlassen sollen; denn das ist noch unsere einige Zuflucht, wenn alle menschliche Hilfe aus ist. Denn so wir nicht beten im Kreuze und Verfolgung, wenn uns alle Menschen verlassen, so ist zu besorgen, es würde uns Gott auch verlassen; so wir aber herzlich beten, so kann Er uns nicht verlassen von wegen Seiner Wahrheit, von wegen Seiner Gerechtigkeit, von wegen Seiner Barmherzigkeit. 2. So wir Ihm unsere Sachen im Gebet auftragen und von Herzen übergeben als einem gerechten Richter, so wird Er sie gewisslich hinausführen, und uns nicht verlassen.
Lass mich Dein sein und bleiben, Du treuer Gott und HErr, von Dir lass mich nicht treiben, halt mich bei Deiner Lehr. HErr, lass mich nur nicht wanken, gib mir Beständigkeit, dafür will ich Dir danken in alle Ewigkeit. (Johann Arnd)
Erleuchte meine Augen, dass ich nicht im Tode entschlafe.
Diese Worte heißen so viel: Tröste mich, mein Gott! dass ich nicht verzage noch verzweifle, und stärke mich, dass ich nicht vor Angst und Betrübnis sterbe und zu Boden gehe. Allhier haben wir die tröstliche Lehre, dass durch das Gebet unser Kreuz am allerbesten gelindert werde, und dadurch der Trost als ein Gnadenlicht Gottes zu uns komme. Die Ursache ist diese: Denn durch das Gebet wendet man sich zu Gott, und je mehr man zu Gott kommt, je mehr kommt man zur Ruhe, zum Lichte und zum Trost. Denn außer Gott ist weder Licht, noch Trost, noch Ruhe der Seelen. Unserer Seelen Ruhe ist allein Gott, dadurch wird die Angst, Traurigkeit und Schmerzen der Seelen gelindert. So man oft durch ein freundliches Gespräch erquickt und getröstet wird; sollte man nicht vielmehr durch ein göttliches Gespräch erquickt werden? Wir senden kein Gebet gen Himmel, es bringt mit sich herab einen Trost. Steiget unser Gebet an der Himmels-Leiter Christo JEsu durch den Glauben hinauf, es steigt gewiss ein Engel oder ein Trost wieder mit herab.
O mein Gott, vor den ich trete jetzt in meiner großen Not, höre, wie ich sehnlich bete: Lass mich werden nicht zu Spott. Meinen schwachen Glauben stärk und zerbrich des Teufels Werk, dass ich nimmermehr verzage, Christum stets im Herzen trage. (Johann Arnd)
„Erleuchte meine Augen.“
Liebster Jesu, Du Sonne meiner Seele, Du Licht meines Lebens! erscheine mir auch heute als der Aufgang aus der Höhe, und lass meine Gemeinschaft mit Dir nicht unterbrochen werden. Erinnre mich immer daran, dass Du bei mir bist, lass mich mit dem Auge des Glaubens Dich den Unsichtbaren sehen, und die Zeichen Deiner Nähe dann wird der und Liebe erkennen ganze Tag mit allen seinen Anforderungen, Freuden und Leiden geheiligt sein. Möchte ich doch Deine Stimme vernehmen können, die mir zuspricht: siehe Ich bin bei dir, Ich bin jetzt bei dir, Ich werde allewege bei dir sein und wenn dieses Leben zu Ende ist, dann will Ich, dass du bei mir sein sollst, wo Ich bin.
Anbetungswürdiger Heiland, wie ist doch durch den Betrug der Sünde Deine Schönheit mir so oft verdunkelt, wie wenig bringe ich ein in das große Geheimnis Deiner Liebe, das selbst die Engel gelüstet zu schauen - wie schwach ist noch mein Verständnis von der Vollkommenheit Deines Versöhnungswerks, von der Herrlichkeit Deines Wesens. Verbirg mich doch, Herr, in Deinem Gezelt, und lehre mich da in der Stille Dich in Deiner Lieblichkeit und Majestät erkennen. Jeder neue Einblick in die große Liebe mit der Du mich geliebt hast, müsse die Lauheit meiner Liebe beschämen.
Gib mir ein brünstiges Verlangen, immer an Deiner Seite zu wandeln, lass mein Leben wie ein steter Emmaus-Gang sein, selig durch die Anwesenheit des auferstandenen Erlösers. Ja, bleibe bei mir, denn es will Abend werden.
Lass mich Dich erkennen in Deinem heiligen Gehorsam, in Deiner milden Sanftmut, in Deiner unerschöpften Geduld unter Schmähungen und Leiden, Lass mich jedem einzelnen Zug, jeder Eigenschaft Deines heiligen Wesens nachforschen, führe mich immer tiefer in die Erkenntnis Deiner selbst. Lass dadurch auch meine Natur nach und nach zu dem Ebenbilde Deines Wesens umgeschaffen werden, lass mich mit Sanftmut das Kreuz auf mich nehmen, welches Du so geduldig für mich getragen hast lass mich nie murren in meinen Leiden, sondern an Deine Leiden denken.
Ich danke Dir für Deine Treue und Barmherzigkeit, die auch in der vergangenen Nacht über mir ihre Flügel gebreitet hat. Lass mich jeden Tag für ein besonderes Geschenk Deiner Güte halten, und jede Stunde ansehen als teuer erkauft. Und alle diese Tage und Stunden, so mit dem Zeichen des Kreuzes versehen, mögen immer mehr Deinem Lob und Preis geweiht sein.
Noch einmal bitte ich Dich: bleibe bei mir! Wo Du hingehst, da will ich auch hingehen, wo Du bleibst, da bleibe ich auch. Ohne Dich kann ich nicht leben, ohne Dich nicht sterben darum ich lebe oder sterbe, so bin ich Dein.
Vergib mir meine vielen Sünden, und wenn das schwache Licht meiner Liebe hier zu Ende geht, dann bringe mich dahin, wo meine Erkenntnis Deiner nicht mehr stückweise sein wird, wo ich Dich erkennen werde gleich wie ich erkannt bin, und Deine Herrlichkeit sehen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. (John Ross MacDuff)