Diese Seite ist nicht editierbar. Sie können den Quelltext sehen, jedoch nicht verändern. Kontaktieren Sie den Administrator, wenn Sie glauben, dass hier ein Fehler vorliegt. ======Münkel, Karneades Konrad – Am ersten Adventssonntage.====== Das angenehme Jahr des Herrn Röm. 13, 11-14. \\ **Und weil wir solches wissen, nämlich die Zeit, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlafe, sintemal unser Heil jetzt näher ist, denn da wir es glaubten. Die Nacht ist vergangen, der Tag aber herbei kommen: so lasst uns ablegen die Werke der Finsternis, und anlegen die Waffen des Lichts. Lasst uns ehrbar wandeln, als am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Kammern und Unzucht, nicht in Hader und Neid; sondern zieht an den Herrn Jesum Christ; und wartet des Leibes, doch also, dass er nicht geil werde. ** Gleichwie das Reich Gottes und das Reich dieser Welt verschieden sind, so ist auch das Kirchenjahr, das wir heute anfangen, ein anderes als das weltliche Jahr, das wir Neujahr anfangen. Das weltliche Jahr soll regieren in weltlichen Dingen, und ihnen Maße, Zeit und Stunde setzen. Das Kirchenjahr aber soll den Lauf der Sonn- und Festtage bestimmen, dass zu ihrer Zeit, die großen Taten Gottes verkündigt werden, von dem an, da der Herr Jesus in Niedrigkeit zu Bethlehem geboren ist, bis dahin, dass er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters. Darum, Neujahr feiert die christliche Kirche heute, und fehlt uns dabei das weltliche Gelärm, Gepränge und Jubeln, desto besser. Aber an einem Neujahrsgruß soll es nicht fehlen: „Der Friede Gottes, welcher höher ist, denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu!“ Friede sei mit euch! Das soll euch dies ganze Jahr predigen und bringen, und in diesem Frieden mögt ihr wandeln allezeit. Da wir aber alle Zeit im Streite stehen, und auf Kampf gerüstet sein müssen, so will der Friede bei uns nicht bleiben, es sei denn, dass wir ihn erkämpfen. Seht; was der Apostel uns vorhält, wie wir ins Jahr hinein gerüstet gehen müssen, und was das Jahr uns des Kampfes bringt. Das Heil in Christo; 1) es kommt uns näher; \\ 2) aber wir müssen es erkämpfen. =====I.===== Das Heil in Christo kommt uns näher. Soll man die ersten Worte unsres Textes etwas deutlicher geben, so würden sie ungefähr so lauten: Wir kennen ja alle die Zeit, darinnen wir leben, dass die Stunde da ist, vom geistlichen Schlafe auszustehen; denn jetzt ist unser Heil und die Wiederkunft unsers Herrn Jesu Christi näher, als zu der Zeit, da wir erst zum Glauben kamen. Die Nacht der Unwissenheit und Verkehrtheit ist vergangen, der Tag der Erleuchtung aber durch das Evangelium ist herbeigekommen. Der heilige Apostel macht also auf drei Stücke aufmerksam, auf das, was vergangen ist, auf das, was vorhanden ist, und auf das, was zukünftig ist. Was vergangen ist, das ist die Nacht der Unwissenheit und Verkehrtheit, da alles im geistlichen Schlafe lag; was vorhanden ist, das ist der helle Tag der Erleuchtung durch das Evangelium, der Tag des Heiles; was zukünftig ist, das ist das ewige Heil, das mit jeder Stunde näher rückt, die Wiederkunft unsres Herrn und Heilandes. Was kann uns passender vorgehalten werden zu Anfange des Kirchenjahres, als diese drei Stücke. Wir schauen erstlich hinter uns auf die Nacht, da wir im Schlafe lagen. Wer schläft, hat sich zur Ruhe begeben, und lässt seine Geschäfte liegen. So haben wir uns auch in vergangenen Tagen zur Ruhe begeben, und das Hauptgeschäft unsres Lebens, die Errettung unsrer Seelen und den Bau des Reiches Gottes in unsern Herzen, Häusern und Gemeinden liegen lassen. Denn es hat eine Zeit gegeben, da unser von Gott gesegnetes Volk seines Berufes vergaß, das Evangelium mit dem Rücken ansah, und in tiefen geistlichen Schlaf versank; da es von Christentum zwar noch träumte, aber es war eitel Traum und Schaum. Das ist noch nicht so lange her, dass wir keine Erinnerung davon hätten. Denn noch diesen Tag brauchen wir nur einen Gang durch unsre Gemeinden zu machen, da werden wir viele finden, die uns das gähnende Bild geistlicher Schläfer vor Augen stellen, die man nicht aus ihrer trägen Weltruhe und fleischlichen Sicherheit rütteln darf, ohne dass sie wie Schlaftrunkene um sich schlagen. Gottes Wort und christliches Leben, Liebe und Erkenntnis der gottseligen Wahrheit, Ernst und Eifer für das Reich Gottes sind ihnen so seltsam und wunderlich, dass sie diese notwendigen Stücke des Christentums für eine neue Religion, wohl gar für eine Narrheit halten. Sie können sich gar nicht anders denken, als dass man Gottes Wort und das Christentum nur nebenbei treibt, und sich höchstens alle acht oder vierzehn Tage in der Kirche etwas davon vorpredigen lässt, hätte man auch so wenig davon, als wäre in fremden Zungen gepredigt, oder hätte man auch zerstreut, gedankenlos und schlafend den Gottesdienst zugebracht. Man hat genug davon, dass man noch einen Schein vom Christentum, noch einen unbrauchbaren Lappen von dem Kleide Christi, das ist, von seinem hohen Evangelio, bewahrt. Übrigens ist man ganz gleichgültig gegen alles, und kennt nichts Widerwärtigeres, als dass man sollte das Wort Gottes, die Errettung, Erbauung und Besserung seiner Seele zur Hauptsache machen. Es spricht der Herr: „Da aber die Leute schliefen, kam der Feind und säte Unkraut.“ Von diesem Unkraute haben wir reichlich bekommen. Haushoch steht es auf dem Acker unsrer Gemeinden mit falscher Lehre und gottlosem Leben; und die Leute haben sich an diesen Anblick so gewöhnt, dass sie glauben, jede Gemeinde müsste von Rechtswegen einen solchen Forst von Giftbäumen haben, der wohl gepflegt und beaufsichtigt würde. Denn wenn man die Art daran legen, und ihn abholzen will, so erhebt sich ein lautes Geschrei, als wären die Rechte der Gemeinde angetastet. Sag' ich zu viel? Wollte Gott, das wäre alles Unwahrheit; ich wollte der erste sein, der es widerriefe! Das ist die Nacht, soll man mit dem Apostel sagen: die vergangen ist? Nein, das kann man nicht; denn seht, wie breit und dunkel ihre Schatten noch immer ins Land hereinreichen. Dagegen eins kann man sagen: das ist die Nacht, die im Weichen ist. So viel ist es doch in den letzten Jahren anders geworden, dass manche Seelen, zum Teil auch manche Gemeinden vom Schlafe aufgewacht sind. Darum erkennt die Gnade Gottes, die vorhanden ist, den Tag des Heiles, der auch uns nach langem, schwerem Schlafe die Augen geöffnet hat! Denn unser lieber Herr wird wieder kund und offenbar unter seinem Volke, und sendet Boten aus, die da Gutes predigen, Frieden verkündigen, und den Gemeinden sagen: Seht da ist euer Gott! Und wie sie nun ausgegangen sind, da wird die Gemeinde Gottes wieder lebendig, die Kirche Christi sucht ihren Brautschmuck wieder hervor, die Kleider des Heiles und den Rock der Gerechtigkeit, und mit den Lampen des Wortes Gottes geht sie ihrem Bräutigam Christo entgegen, und ruft voll Liebe und Verlangen: Ach komm, Herr Jesu, komm! Das ist der Tag des Heiles, da man wieder schmecken und sehen kann, wie freundlich der Herr ist, der sein schlafendes Volk nicht hat in den Todesschlaf gegeben, sondern abermals spricht: „Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit, ich will mich vertrauen mit dir in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit; ja im Glauben will ich mich mit dir verloben, und du wirst den Herrn erkennen.“ Das haben wir jetzt, und wollen am heutigen Tage Gott danken, dass wir es haben; das ganze Kirchenjahr soll davon predigen, und die Ströme lebendigen Wassers, welche der Herr über sein Volk ausgießt, über unsre Gemeinde leiten. Und ist es mit uns noch gebrechliches Werk und Wesen, so wollen wir uns doch das Wort im Propheten zurufen: „Verachte diese geringen Tage nicht!“ Mit ein wenig Mut, mit ein wenig Glauben, mit ein wenig frischen, fröhlichen Sinn geht es von Schwachheit zu Kraft, dass wir werden, was wir noch nicht sind. Ist der Kern gleich kein Baum, so hat er doch die Hoffnung des Baumes, wenn es dem großen Gärtner noch länger gefällt, Tau, Regen und Sonnenschein über denselben kommen zu lassen, und den Tag des Heiles bei uns zu erhalten. Das walte Gott! Schauen wir danach vor uns, Geliebte, so kann man nicht verbergen, dass doch auch etliche dunkle Wolken, wie es aussieht, Wetterwolken in der Ferne aufsteigen. Zwar das neue Leben ist erwacht, die Streiter Jesu Christi treten auf die Mauern Zions, dass sie bauen, was zerstört ist, und verteidigen, was gebaut ist. Indes der Feind hat sich in den letzten Jahren auch gerüstet, und lässt bisweilen sein Kriegsgeschrei hören. Denn zu welcher Zeit wäre je der Unglaube, die Gotteslästerung und -leugnung, und die blinde Wut wider das Wort Gottes so nackt, so entschieden, so frech und unverschämt zu Tage gekommen, als in den letzten Jahren. Ihr werdet selbst einsehen, dass das einen starken Sturm weissagt, der umso heftiger daher fahren kann, je mehr die Obrigkeiten ihm die Zügel schießen lassen. Das sind mögliche oder wahrscheinliche Dinge. Übrigens wisst ihr selbst aus Gottes Wort, dass die Kirche Christi zu allen Zeiten kämpfen muss, am gewaltigsten aber in den letzten Zeiten, wenn der Widerchrist seine wilden Heerscharen unter die Fahne seines falschen Propheten gesammelt hat, dass er die Tage seiner Herrschaft erfülle. Dass es nun dahin bald auslaufen wird, wollen viele behaupten. Wir wollen es dahin gestellt sein lassen, und uns lieber an das Wort halten, dass unser Heil jetzt näher ist. Hinter den Wolken in der nächsten Zukunft sehen wir unsern Herrn Jesum Christum, die Sonne im Aufgange, welcher bereit ist, dass er komme zu seiner Gemeinde. Es kommt doch eine Zeit früher oder später, aber sie kommt gewiss; da wird es aus sein mit diesem steten Wechsel von Furcht und Hoffnung, von Kampf und Erquickung, von Weinen und Lachen; da wird diese Zeit des bunten Weltgewirrs und des langen Jammers einer andern Zeit Platz machen, wo wir in Liebe und Freude zu unsers Herrn Füßen niedersinken, und er uns einführen wird in seines Vaters Reich. O Tag Gottes, Tag der seligen Offenbarung Jesu Christi, dein Licht, das aus jener Welt in die Herzen der Gläubigen fällt, wie ist es doch so erquickend für den müden Pilgersmann, und bringt einen Tag der Freude, und eine Stunde erwartungsvoller Hoffnung, bis er selbst, unsre Freude und Hoffnung kommen wird! Und er ist nahe! Noch ein paar Tage oder Jahre liegen zwischen uns und dem Tode, da wir zu unserm lieben Herrn versammelt werden, und dort oben bei ihm der Stunde harren mit allen Auserwählten, wo er das Zeichen zum Aufbruch gibt, dass er erscheine auf Erden und Gericht halte über alle Völker, Geschlechter und Sprachen. Hier unten unter den lebenden Menschen mag man alsdann noch viele Jahre und Jahrhunderte zählen, bis der Tag kommt. Dort oben aber sind tausend Jahre für uns wie ein Tag, da rückt der Zeiger an der Uhr nicht mit trägem Glockenschlage von Minute zu Minute, von Stunde zu Stunde vorwärts. Dort sind wir im Geiste schon hinversetzt in das Paradies Gottes, bis auch der Leib nach kurzer Frist in Klarheit auferweckt hinten nachfolgen wird. Für den natürlichen Verstand und den natürlichen Menschen kann der Tag des Heiles noch ferne sein; aber im Glauben ist er uns nahe genug, und dort oben wird er uns ganz nahe sein. Was will liegen zwischen uns und unserm Herrn, seit er die Berge der Sünde hinweggeräumt, und uns einen sichern graden Weg in das himmlische Heiligtum gegeben hat? =====II.===== Wir müssen das Heil in Christo erkämpfen. Weil wir nun solches wissen, dass der Tag nahe ist, so müssen wir auch kämpfen. Nicht die Jahre rücken uns dem Heile näher, sondern der Kampf. Es kann jemand in den Jahren fortrücken, und er rückt doch weiter weg von Christo und seiner Nachfolge; da kommt ihm das Heil nicht näher, sondern kommt ihm endlich aus dem Gesichte; denn er rückt nicht dem Tage des Heiles, sondern dem Tage des Verderbens entgegen. „Weil wir nun solches wissen, schreibt der Apostel, so lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ Diese zwei Stücke fasst er erstlich in eins zusammen: „lasst uns ehrbar wandeln als am Tage“; und beschreibt danach beide Stücke näher, einmal nach den Werken der Finsternis „Fressen, Saufen, Kammern, Unzucht, Hader und Neid“; alsdann nach den Waffen des Lichtes: „Zieht an den Herrn Jesum Christ, und wartet des Leibes, doch also, dass er nicht geil werde!“ Es sind also zwei Stücke, dass wir die Zeit, die hinter uns ist, abtun, und uns nach dem Heile strecken sollen, das vor uns ist. Damit ist des Christen tägliche Buße und Bekehrung beschrieben, welche besteht in dem Ablegen des alten Menschen samt den Werken der Finsternis, und im Anziehen des neuen Menschen in Christo. Die Werke der Finsternis aber sind Fressen und Saufen, Kammern und Unzucht, Hader und Neid, sechs Stücke. Eigentlich aber sind der Werke der Finsternis vielmehr, weil dahin gehören alle bösen Werke, Lug und Trug, Zauberei und Gotteslästerung, Stehlen und Morden und dergleichen. Die heißen Werke der Finsternis, weil der Mensch sich damit nicht mag sehen lassen, sondern deckt sie zu, oder hüllt sie ein in Lügen. Es ist also keine Frage, dass der Apostel alle Werke der Finsternis gemeint hat, und beispielshalber uns die genannten sechs aufzählt. Denn was würde da für eine Besserung herauskommen, wenn wir nur ein Paar grobe Stücke abtun, übrigens aber in den Werken der Finsternis unser Wesen haben wollten? Deshalb, wenn uns das Heil nahe ist, und wir in der Gnade Gottes stehen; so wird uns auch die Pflicht umso näher gelegt, dass wir noch alle Tage abtun, was von Werken der Finsternis bei uns vorhanden ist. Dass nun grade diese sechs Stücke vor andern genannt sind, hat seinen guten Grund. Der Apostel hatte die letzte Zeit vor Augen, und damit auch die Sünden der letzten Zeit, das ist, die Sünden, welche in der letzten Zeit besonders breit und mächtig hervorscheinen werden. Denn auch anderswo werden diese Sünden als Sünden der letzten Zeit beschrieben, wiewohl sie zu allen Zeiten regiert haben. So spricht der Herr: „Hütet euch, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen, und Sorgen der Nahrung, und komme dieser Tag schnell über euch!“ Und so schreibt der heilige Apostel: „Es werden in den letzten Tagen Menschen sein, die von sich selbst halten, störrig, unversöhnlich, schändlich, unkeusch, die mehr lieben Wollust denn Gott.“ Sind es aber solche Sünden, so hängen sie aufs genaueste mit dem Widerchrist zusammen, und bereiten seiner Herrschaft den Weg. Wenn nun solche Sünden bei uns nicht bloß vorhanden sein sollten, sondern noch regierten, ohne dass man ihnen zu wehren suchte; so ständ' es allerdings schlimm um uns, und wir stellten uns, damit selber Zeugnis aus, dass wir mit dem Widerchrist Eine Straße zögen und dasselbe Werk trieben. Damit wir uns nun prüfen, so sehen wir uns diese Sünden an. Es ist kurz gesagt das liebe Ich und der liebe Bauch, dem damit gedient und geopfert wird, zwei Hauptgötzen aller derjenigen, die von dem lebendigen Gott und seinem Sohne Jesu Christo nicht wissen wollen. Dem lieben Bauche dient man mit Fressen und Saufen, mit verschwenderischen Gastereien, mit leckerem, üppigem Leben, wobei geprunkt, geprasst, die nüchternen Sinne ersäuft, und mehr als tierisch gewirtschaftet wird. Insbesondere hat der Apostel dabei die Unsitte vor Augen, welche bei dem jungen Volke unter den Heiden zu Hause war, gleichwie noch jetzt unter den Christen, in die Nacht hinein zu sitzen, zu zechen und zu schmausen, und wenn man von Wein erhitzt war, durch die Straßen zu singen, zu lärmen, und allerlei Mutwillen zu treiben. Dem lieben Bauche dient man ferner mit Kammern und Unzucht, mit unflätigem, wollüstigem Leben, bald in den heimlichen Kammern, bald bei öffentlichen Lustbarkeiten in Saus und Braus. In alle dem weiß unser Geschlecht kein Maß mehr zu finden; indessen die Kirchen leerer geworden sind, sind die Häuser der Lust voller geworden, und die Gelegenheiten zu Ausschweifungen und lustigem Leben vermehrt; also dass man’s greifen kann, wie der Götze Bauch dem Widerchrist vorarbeitet. Es ist aber einem jeden klar, der sich unter solchen ausschweifenden Menschen umgesehen hat, welche Rohheit und stumpfe Gefühllosigkeit bei ihnen regiert. Die edleren und tieferen Gefühle des Menschen, die Liebe, die Wahrheit, die Sanftmut, die Erbarmung sind für sie so gut, als wären sie nicht da; man muss sie regieren, wie die Tiere, denn sie weichen nur der Furcht und der Gewalt. Dass aber das Wort Gottes bei ihnen schlecht wegkommt, und entweder verspottet oder verachtet wird, das versteht sich von selbst; denn wer sucht einen Perlenschmuck an dem Halse einer Sau? - Dem lieben Ich, das ist, der eigenen werten Person, dient man mit Hader und Neid. Die Stücke hängen noch mit den vorigen zusammen; denn eben das ausschweifende Leben ist der fruchtbare Acker für so viel Hader, Zänkereien und Schlägereien, so wie für den eifersüchtigen Neid, der giftige Blicke schießt, wenn er es andern im Prunken und Prahlen nicht gleich tun kann, oder wenn seiner eingebildeten Ehre zu nahe getreten wird. „Wo Neid und Zank ist, schreibt Jakobus, da ist eitel Unordnung und böses Ding.“ Die Menschen sind es denn auch, welche alles christliche Leben zum Gespötte machen, und ihren Kopf darauf setzen, dass mitnichten dem Herrn Christo auch nur ein Fingerbreit nachgegeben werde. Darum ist das liebe Ich wider Christum. Wenn wir nun bei uns nicht grade solche Ruchlosigkeiten sähen, als bei andern, so wollen wir erstlich freilich Gott danken, aber nicht wie jener Pharisäer; denn wir wollen auch nicht vergessen, dass wir uns über manche Sünden noch tief zu demütigen haben. Alsdann wollen wir nicht vergessen, dass ein Christ in der Welt lebt, und mit der Welt verkehren muss. Da ist er vielfältigen Versuchungen ausgesetzt, und die Welt stellt ihm nach, bald mit Drohungen, bald mit Spott, bald mit Schmeicheleien und Überredungen, dass er sich zu dem wüsten und unordentlichen Wesen auch einmal hergeben soll; und wenn er sich betören lässt, so hat sie ihren Hohn, dass sie wieder einem unbequemen Zeugen den Mund gestopft hat. Deshalb, sollen wir auf der Hut sein und der Ermahnung gedenken: „Lasst uns ehrbar wandeln als am Tage“, damit wir nicht durch Anstöße und unbedachtsamen Wandel das Reich des Widerchrists bauen und die Welt in ihrer Verkehrtheit bestärken helfen, uns selbst aber Wunden schlagen, die uns zum Kampfe untüchtig machen. Es steht nicht wohl um einen Christen, wenn er nicht Furcht hat, dass er etwas tun könnte, das dem Namen des Herrn zur Verkleinerung und ihm selbst zum schweren Falle gereichte. Und wenn wir es auch soweit nicht bringen können, dass wir im Herzen allezeit fest und unbeweglich stehen; so können wir‘s doch so weit bringen, dass unser auswendiger Wandel von groben Anstößen frei bleibt. Weil aber alles guten Werkes Gedeihen von Gott kommt, so gedenken wir dessen, dass wir anlegen die Waffen des Lichtes, das ist, dass wir anziehen den Herrn Jesum Christ. Denn zwar hat uns der Apostel selbst die Waffen des Lichtes einzeln beschrieben, damit wir kämpfen sollen wider die bösen Geister, die in der Finsternis dieser Welt herrschen. Die sind aber alle in die eine Waffe zusammengefasst, dass wir anziehen den Herrn Jesum Christ, als das rechte stich und schussfeste Kriegeskleid, und als das Schwert zu unsrer Seite, das zur Rechten und zur Linken frisst und nie stumpf wird. Denn in dem Herrn haben wir Gerechtigkeit und Stärke, und was er nicht ausrichtet, das bleibt unausgerichtet in Ewigkeit. Wo wollen wir stehen in diesem hartnäckigen Kampfe wider so viel böse, wilde Geister des Abgrundes, wenn wir nicht ernstlich mit Mut und Vertrauen auf den sehen, dessen rechte Hand erhöht ist, dessen rechte Hand den Sieg behält. Zieht an den Herrn Jesum Christ, glaubt, dass ihr in ihm Gerechtigkeit, Frieden und ewiges Leben habt, wisst von keiner andern Gerechtigkeit vor Gott, als die da kommt durch den Glauben an ihn; aber führt auch euern Wandel in ihm, und verlasst nicht die Fußtapfen, die er mit dem Herzblute seiner Liebe gezeichnet hat. Da werden wir stehen können wider die Finsternis und das Feld behalten, und Frieden und Wohlstand unsrer Gemeinde werden von Gottes väterlichem Wohlgefallen Zeugnis ablegen. Wir werden auch gerüstet sein wider die Anläufe der letzten Zeit, und mit Freuden gerüstet sein auf die selige Zeit, wann der Herr kommen wird, dass er uns einführe in seines Vaters Reich. In diesem Stande und Wesen wartet des Leibes, sorgt für dieses Leben und eure irdische Wohlfahrt mit fleißigen Händen und gläubigem Gebet. Gott wird es euch gelingen lassen, und euch geben, was euer Herz wünscht. Allein seht zu, dass des Leibes Sorgen nicht gerate zur Üppigkeit des Leibes! Denn der Christ gebraucht und genießt zwar dieser Welt, und freut sich der schönen Gaben, die ihm Gott gibt; doch hält er sich in den Schranken eines ehrbaren, stillen und mäßigen Lebens, damit er nicht außer Christo erfunden, und durch den Geist des Widerchrists in den Dienst der vorhin genannten Götzen verstrickt werde. Ewiger Gott, du Anfang und Ursprung aller Dinge, von dem und zu dem alles ist, wir, die wir ferne waren von dir, verschmachtet und zerstreut, sind dir nun nahe geworden, indem du uns besucht und erlöst hast durch den, der da war und ist und kommt, und hast uns aus der eitlen Welt in das Reich deines Sohnes versetzt, dass wir als Kinder des Lichtes vor dir wandeln und mit Christo ewig leben sollen. Und nun harren wir des großen Tages, da du herrlich erscheinen wirst denen, die auf dich warten, zur Seligkeit, und bitten dich, die Finsternis und Todesschatten mehr und mehr zu vertreiben und uns einen hellen Weg in dein himmlisches Heiligtum zu geben. Gürte uns mit den Waffen des Lichtes, und gründe uns durch den Glauben in Christo, dass wir nichts anders haben und lieben, denn ihn allein, der unsere Gerechtigkeit und Stärke ist. Lass auch diese Predigt von Christo in dem neuen Kirchenjahre laut und mächtig erschallen bei uns und in allen Gemeinden, erfülle mit deinem Lichte, die dir dienen am Evangelio, und hilf, dass zum gesegneten Erwachen kommen die vielen, die hier und auch anderswo im Schlafe liegen, und baue du selbst deine Gemeinde mit deinem Geist und Gaben um Jesu Christi unsers Herrn willen! Amen! {{tag>1_Advent}}